BE (German Edition)
Schließlich lenkte Leo Kirch ein und gab Bernd im August eine Finanzspritze von 4,5 Millionen Mark. Vor der Verhandlung mit Kirch nahm Bernd einen Betablocker zur Beruhigung.
Während des gesamten Jahres wusste Bernd nicht, was mit dem Low-Budget »Fantastic Four«-Film passieren sollte. Schließlich dann, am Ende eines langen, wilden Ritts die ersten guten Nachrichten. Im Dezember 1993 überschritt »Das Geisterhaus« in Deutschland die Drei-Millionen-Zuschauergrenze. Auch in Sachen »The Fantastic Four« ging es voran: Nach einem Managementwechsel bei Marvel wollte man dort nun den ›kleinen‹ Fantastic-Four-Film für 2,5 Millionen Dollar kaufen, um Constantin davon abzubringen, den Film in die Kinos zu bringen. Endlich hatten die Marvel-Manager erkannt, was für ein großartiges Franchise sie in den Händen hielten, das sie – so Bernd – nicht von dem ›kleinen‹ Film beschmutzt sehen wollten. Bernd empfand dies als eine Ironie des Schicksals und eine späte Rache. Außerdem hatte er damit freie Bahn für denen großen »Fantastic Four«-Film. Die Presse sah dies allerdings anders. Im März 1994 erschien ein Artikel in der »Calender«-Beilage der Los Angeles Times , der sich mit der »Fantastic Four«-Problematik beschäftigte. Bernd: »(Natürlich) bin ich der Böse, der – weil er die Finanzierung eines ›großen‹ Films nicht geschafft hat, den ›kleinen‹ gedreht hat, nunmehr aber – da alle an Marvel-Superheroes glauben, den kleinen Film opfere. Nach all den Jahren ist das der erste Artikel, in dem mein Name auftaucht und gleich bin ich wieder das Schwein. (…) Ich habe einfach die Schnauze voll.«
In der Tat, Mitte der neunziger Jahre begann Hollywood langsam aufzuwachen und sich für Marvel-Comics zu interessieren. In den Achtzigern war Bernd der Einzige gewesen, der in den Comics das Potenzial für große Filme gesehen hatte. Er hatte »The Fantastic Four« und auch Marvels »Silver Surfer« angeboten wie sauer Bier. Niemand war darauf angesprungen. Bernd erzählte, er habe JeffKatzenberg, Mitbegründer von DreamWorks, der den Ruf hatte, immer am selben Tag noch auf Briefe und Nachrichten zu antworten, einmal ein großes, auf Pappe geklebtes Plakat vom Silver Surfer geschickt und daraufgeschrieben »Wanna Do It?« Katzenberg blieb seinem Ruf treu. Die Antwort kam postwendend: Katzenberg schickte das Plakat zurück. Darauf hatte er groß »No!« geschrieben. 1994 bekundete jedoch Columbia Interesse an »The Fantastic Four«. Diese hatten es verpasst, die Rechte zu »X-Men« zu erwerben, wollten aber unbedingt auch ein Comic Franchise haben. Die Verhandlungen führten zu nichts.
Schließlich kam Bernd mit 20th Century Fox zu einer Einigung. Allerdings bedeutete diese Einigung, dass er das Projekt auf kreativer Ebene völlig der Fox überlassen müsste. Ihm und der Constantin Film blieb der deutsche Markt. Das Endprodukt sah alles andere als so aus, wie Bernd sich »The Fantastic Four« vorgestellt hatte. Seiner Ansicht nach war der Film nicht witzig genug, zu hochpoliert und zu kindlich. Aber es war einer der erfolgreichsten Filme des Jahres 2005 und für die Constantin Film ein sehr guter Deal.
Für ein Hollywoodstudio wie 20th Century Fox war es ein ungewöhnlicher Vertrag, den man mit Bernd abgeschlossen hatte: Einen Film zu produzieren und auf Deutschland, eines der wichtigsten Territorien zu verzichten, war gelinde gesagt unüblich. In der Tat versuchte man, die Constantin 2006 beim Sequel »Fantastic Four – Rise of the Silver Surfer« auszubooten. Es war eine Woche vor unserer Hochzeit. Bernd hatte sich furchtbar über das Verhalten der Fox aufgeregt. Die Erinnerung an all die alten Kämpfe kamen hoch. Ich weiß noch genau, wie er in seinem hellgrauen Leinenanzug vor mir stand, in der Hand seine abgewetzte Brieftasche aus schwarzem Leder, ein bisschen nervös und ein bisschen zitterig, und noch einmal ins Gefecht ging, um sich mit den beiden Fox-Studio-Chefs Jim Gianopoulos und Tom Rothman auseinanderzusetzen. Die Anstrengung war ihm anzusehen. Mir ging das Herz auf. Er sah nicht aus wie ein 57-jähriger, mit allen Wassern gewaschener Filmproduzent, sondern wie ein 22-jähriger Filmhochschüler. Sehr verletzlich. Dementsprechend behutsam habe ich ihn auch umarmt. Der Kampf ging gut aus. Bernd bekam, was er wollte. Die Constantin verlieh auch das Sequel zu den »Fantastic Four«. Hier ein weiterer Auszug aus meinem Gespräch mit Stan Lee über »The Fantastic Four« und den
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