BE (German Edition)
der Sex ist gut. Was will sie also von dem Fischer? Warum quält sie ihn so? Welche Sehnsüchte waren es, die sie so umtrieben? Bernd hatte darauf keine Antworten. Aber er war sich sicher, dass Claire Denis das alles verstand. Da in Deutschland nicht die Männer entscheiden, welche Filme im Kino angeschaut werden, sondern die Frauen meistens die Planung eines Kinoabends übernehmen, rechnete er sich gute Chancen für dieses Projekt aus.
Ein Grund, warum Bernd als Filmemacher so erfolgreich war, war übrigens die Tatsache, dass er Frauen so mochte und gerne Filme für Frauen gemacht hat. In den USA mag das anders sein, dort sind das Zielpublikum des Mainstreams junge Männer. In Deutschland hingegen sind es Frauen. Bernds Abneigung gegen extreme Gewalt und expliziten Sex im Kinofilm kam ihm da sehr entgegen. Die einzige Ausnahme bildet hier die »Resident Evil«-Reihe. Aber der Gewaltrausch dieser Filme war ihm immer ein wenig suspekt. Außerdem war »Resident Evil« zwar ein riesiger Hit in den USA und in Asien, aber in Deutschland liefen die Filme im Vergleich nie besonders gut. Aus Gründen, die ich aus meiner persönlichen Beziehung mit Bernd nicht nachvollziehen kann, hatte Bernd den Ruf als Macho weg. Dabei bedeutete Filmemachen für ihn auch, seine weibliche Seite ausleben zu können, keine Frage. Wer in Deutschland erfolgreiche Filme machen will, muss Frauen mögen.
»Salz auf unserer Haut« war also ein vielversprechendes Frauenprojekt. Ein erotischer Bestseller, der in den Redaktionen der Frauenzeitschriften Deutschlands nur Lob für seine Darstellung einer »Liebe ohne Schuldgefühle« ( Brigitte ) geerntet hatte. Und dazu eine intelligente Regisseurin mit Gefühl für die Darstellung von Sinnlichkeit. Doch dann kam die Hiobsbotschaft: Claire Denis hatte die Lust an dem Projekt verloren, weil ihr ein anderer Film interessanter erschien. Was sollte Bernd nun mit diesem Roman anfangen, den er nicht verstand, dessen Rechte er aber schon gekauft hatte? Bernd saß in der Patsche und überlegte sich, wer ihm da raushelfen konnte. Plötzlich ging ihm ein Licht auf: Andrew Birkin, sein Freund aus Zeiten von »Der Name der Rose«, der ihn oft in Los Angeles besuchte. Bernd war ein großer Verehrer von Andrews Mutter, der britischen Schauspielerin Judy Campbell, und von Andrews Schwester, der Chansonsängerin und Schauspielerin Jane Birkin sowieso. Wer so ein gutes Verhältnis zu Frauen hatte wie Andrew, musste doch auch einen Frauenfilm machen können! Außerdem hatte er durch seine Schwester eine frankophile Ader. Bernd war überzeugt: Andrew würde ihn retten.
Andrew weilte gerade in San Lucas in Mexiko, wo er mit seiner Familie Urlaub machte. Andrew erinnert sich an die Situation folgendermaßen:
Wir machten in so einem schrecklichen Ferienhaus Urlaub, das wir von Arnold Schwarzenegger gemietet hatten. Da gab es eine Schublade voll riesiger Dildos. Und es lag direkt neben einem Golfplatz. Fürchterlich. Auf einmal klingelt das Telefon: Bernd. Er hatte mich über meine Agentin gefunden. Er meinte: Ich habe ein Projekt. Ich brauche dringend ein neues Drehbuch. Martin ist auf dem Weg, um dich zu finden. Ich so: Aber das wird schwierig werden, denn ich bin in Mexiko. Bernd: Weiß ich! In dem Moment klingelte es an der Tür, und Martin stand draußen. Er gab mir das Drehbuch von »Salz auf unserer Haut« zu lesen, und es war noch fürchterlicher als unser Ferienhaus. Unverfilmbar. Von dem Roman hatte ich auch noch nie gehört. Martin bot mir viel Geld. Er bot mir sogar an, mir das Geld in bar an der Schweizer Grenze zu überreichen. So was mache ich aber nicht. Schließlich meinte meine Frau Bee: Vielleicht ist es doch ganz interessant … vielleicht kann man daraus was machen.
Entgegen seiner eigenen Bedenken nahm Andrew den Auftrag an. Vor allem, weil er dachte, das Drehbuch mit Bee schreiben zu können. Mittlerweile hatte er auch in Erfahrung gebracht, dass es sich bei dem Roman um einen Softporno handelte. Diese Erkenntnis verstärkte seine Bedenken. Trotzdem schrieb Andrew das Drehbuch und traf sich schließlich mit Bernd, Herman Weigel und Martin Moszkowicz im Londoner Hilton Hotel, von dem man den Hyde Park überblicken kann. Weil er das Drehbuch nicht rechtzeitig hatte ausdrucken und verschicken können, las Andrew Bernd, Herman und Martin das Drehbuch laut vor. Als er fertig war, schaute er von seinem Computer hoch.
Andrew hat für mich die nun folgende Szene so aufgeschrieben:
Bernd:
Weitere Kostenlose Bücher