BE (German Edition)
»Großartig! Ich liebe es …«
Andrew: »Oh, toll. Freut mich.«
Bernd: »Willst du Regie führen?«
Andrew: Sprachloses Starren. Dann: »Nein!«
Bernd: »Warum nicht?!«
Andrew: »Weil ich es nicht für besonders gut halte!«
Bernd: »Aber du hast es doch selbst geschrieben!«
Andrew: »Naja, es ist besser als der Quatsch, den ihr vorher hattet … Aber ich weiß nicht, wie man daraus einen guten Film machen kann. Also, jeder Filmemacher würde ja gerne einen Film machen, der eigentlich ein Porno ist. Stanley Kubrick hat das schon seit Ewigkeiten vor! (Anm.: Dies war vor »Eyes Wide Shut«.) Aber ich sehe nicht den Sinn darin. Pornographie ist doch letztendlich nur dazu da, damit Männer sich einen runterholen können.«
Bernd: »Aber ich will keinen pornographischen Film machen! Ich will einen romantischen Film machen, den sich meine Mutter ansehen kann! Und du hast ein romantisches Drehbuch geschrieben.«
Andrew: »Aber die deutschen Leser des Buchs werden sehr enttäuscht sein, wenn da kein guter Sex im Film ist! Und außerhalb Deutschlands will diesen Film doch niemand sehen. Es gibt doch gar keine richtige Handlung.«
Bernd: »Aber ich dachte, du wolltest unbedingt Regie führen!«
Andrew: »Klar will ich Regie führen. Aber nicht bei diesem Projekt! Ich will Ian McEwans Roman ›Der Zementgarten‹ verfilmen!«
Bernd: »Ach ja? Was ist denn das?«
Andrew: »Das ist nichts für dich. Das ist eine Geschichte über Inzest zwischen Bruder und Schwester.«
Bernd: »Klingt gut. Wie viel soll’s kosten?«
Andrew: »So um die zwei Millionen Pfund.«
Bernd: »Sagen wir 1,75 Millionen?«
Andrew: »Mmmmh, okay.«
Bernd holte ein Stück Papier aus der Schreibtischschublade und schrieb darauf:
»Andrew Birkin führt Regie zu ›Salz auf unserer Haut‹. Bernd Eichinger finanziert dafür ›Der Zementgarten‹ zu 100 % = £ 1,75 Millionen.«
Bernd drückte Andrew das Stück Papier in die Hand. Andrew stand am Fenster und blickte von dort auf die grüne Weite des Hyde Parks. Dann schaute er zu Bernd, der neben ihm stand. Herman und Martin waren in den Schatten gerückt, aber die Abendsonne leuchtete auf Bernds Gesicht. Bernd sah ihn erwartungsvoll an. Andrew blickte zurück auf den Park unter ihm. Andrew: »Ich stand da und dachte mir: ›Warum fühle ich mich gerade wie Jesus Christus in der Bibel, als der Teufel ihn auf einen Berg führt, auf das Tal unter ihm zeigt und sagt: All dies kann dir gehören!‹ Warum soll ich Regie führen bei einem Film, der mich nicht interessiert, damit ich Regie führen kann bei einem Film, den ich wirklich machen will?« Andrew nahm eine Münze aus seiner Hosentasche und warf sie in die Höhe. Zahl. Bernd hatte gewonnen.
Andrews einzige Bedingung bei dem »Zementgarten«-für-»Salz auf unserer Haut«-Handel war die, dass Bernd ihm bei »Der Zementgarten« absolut freie Hand lassen würde. Bernd stand zu seinem Wort. Einmal bat Bernd Andrew, mit einer amerikanischen Lektorin der Constantin in Los Angeles mittagessen zu gehen, damit diese ihm ihre Bedenken an dem Drehbuch verdeutlichen konnte. Diese Lektorin meinte zu Andrew: »Ich verstehe nicht, warum dieser Junge am Anfang so schlecht gelaunt ist. Was ist sein Problem? Ich finde ihn unsympathisch.« Andrew erklärte der Lektorin: »Ja, aber ich finde das gut so. Und überhaupt … das ist kein Hollywoodfilm, er wird wahrscheinlich niemals in den USA gezeigt werden. Das ist mein Baby und das bleibt so!« Das war der ganze Umfang von Bernds Drehbuchentwicklung an »Der Zementgarten«.
Mittlerweile begannen die Produktionsvorbereitungen zu »Salz auf unserer Haut«. Die Handlung war von der Bretagne nach Schottland verlegt worden, damit auf Englisch gedreht werden konnte. Bei der Suche nach einem geeigneten Drehort flog Bernd in einem Hubschrauber die schottische Westküste entlang. Dabei fiel ihm ein winziges Fischerdorf auf, das wie ein Schwalbennest in eine Felsbucht gebaut worden war: Pennan, ein ehemaliges Piratennest. Bernd fuhr bei der nächsten Gelegenheit dorthin. Etwa vierzig kleine weiße Katen waren an der einzigen Straße entlang direkt an den Quay gebaut, sodass bei stürmischer See die Wellen über die Häuser hinweg schlugen. Bis heute gibt es in dem Ort kein Handynetz. Es gab einen einzigen Pub, vor dem eine rote Telefonzelle stand. Es ist wohl die berühmteste Telefonzelle Großbritanniens, denn Pennan ist der Ort, wo »Local Hero« gedreht wurde – eine niedliche Komödie über Amerikaner, die sich in
Weitere Kostenlose Bücher