BE (German Edition)
erweichen: »Verfressene Sau, du … na, komm her, du Tier … da! Da hastes!«
»Haaach … so!« Er machte es sich gemütlich und erzählte kurz was vom Tag: »Diese Agenten, die machen mich noch mal wahnsinnig … die sind so gierig … diese Assis … aber was soll’s … so isses halt …« Es folgte vielleicht eine kurze Geschichte, und dann war auch schnell der Zeitpunkt gekommen, wo er zum Ritual kam: »Komm, jetzt gucken wir erst mal einen Film! Was magst du sehn?«
Schon saßen wir im Wohnzimmer und fielen in die weichen großen Sessel vor dem Kamin. »Weißt du was? Jetzt schaun wir uns einfach noch mal deinen »Ballermann 6« an … da krieg ich wieder gute Laune …« Ich protestierte: »Oh, bitte nicht mich selber sehn …« Das verstand er. Aber nicht lange: »Ach komm, was soll das denn? Is doch’n klasse Film! Ich brauch das jetzt.«
Bernd hatte großen Gefallen an den derben Dreistigkeiten des Films und hatte damals in kindlichfroher Laune so manche Idee beigesteuert … er konnte sich auch köstlich darüber amüsieren, dass dies von so manchem Kulturschaffenden verteufelt wurde.
Er fuchtelte mit der Fernbedienung herum, und wir landeten irgendwo auf einem Pay-TV-Kanal. Ja, wie kommt man nun zur DVD-Funktion? »Du Tom, mach das doch mal grad … ich weiß auch nicht, wie das hier geht … das ist alles so schrecklich … haaach!«
Weiß Gott, ich bin kein technisches Genie … aber gegenüber Bernd, der als junger Mann noch nicht mal Schreibmaschinen bedienen konnte, obwohl er laufend Briefe verfasste und ja auch Autor war, war ich der Gott der Fernbedienungen. Irgendwann hatte ich es eben rausgekriegt. Bernd hatte diese Fernbedienung schon Jahre, aber er war völlig chancenlos.
Wie oft habe ich ihn bei anderen Gelegenheiten klagen hören: »Ja Himmel, Herrgott, Sakrament, des gibt’s doch net … wieso geht denn das Fenster nicht auf von dem blöden Wagen? Ist da wieder so ein deppertes Sicherheitsding drin oder was?« … »Ja, was is denn hier mit dem Toaster los? Das … das muss doch irgendwie gehn? Wieso glüht der denn nicht? So ein Drecksteil! … Was sagst du? … Ach so, der Stecker… hehe …«
Natürlich schauten wir nicht nur »Ballermann 6«. Als der Film zu Ende war, trank Bernie mit einem tiefen Schluck sein Glas leer und überlegte: »Und jetzt? … Komm, jetzt geben wir uns mal so’n richtig schönen Schinken … hastu ’ne Idee?« Ja, ich habe: Spartakus mit Kirk Douglas. »Super Idee«, meint Bernd, »Spar-ta-kus! Den haun wir uns jetzt rein! Machen wir noch ’ne Flasche auf?« Ich meine »okay …« – »Tom, du Tier, du bist so ein Tier …« Er arbeitet den Korken mit froher Kraft heraus. »So … und jetzt Spar-ta-kus! Aber du musst das hier einlegen … ich kann das nicht …«
Vier Stunden später hingen wir abgekämpft und trunken in den Sesseln. Nach Spartakus haben wir noch »Der Name der Rose« gesehen und Bernd sinnierte: »Nearly perfect … meinst du, ich krieg noch mal so ’n Film hin? Meinst du, ich kann den noch mal schlagen?« Ich meine: »Gleich gut kannst du schaffen, besser wird schwierig.« »Jaaa … vielleicht …«, sagte Bernie und ergänzte: »Ich muss jetzt ins Bett.« Er stand mit schweren Schritten auf und drehte sich um, der Unermüdliche: »Aber einen Wodka trinkst du noch mit, oder?« Und als er ihn mir kurz darauf eingoss, meinte er: »Tom, du Tier, du machst mich noch fertig hier … ja, Wahnsinn …« Und Wodka räkelte sich müde auf dem großen, schweren Teppich und seufzte zufrieden.
Zement & Salz
AL s Martin Moszkowicz zur Constantin Film kam, hatte er ein Projekt mitgebracht, das auf einem französischen Roman beruhte, der in Deutschland ein großer Hit gewesen war: »Salz auf unserer Haut« von Benoîte Groult. Die französische Regisseurin Claire Denis, deren Film »Chocolat – Verbotene Sehnsucht« aus dem Jahr 1988 (den mit Giulia Boschi, nicht mit Juliette Binoche) Bernd sehr gemocht hatte, sollte Regie führen. »Salz auf unserer Haut« war ein Frauenroman, dessen Inhalt Bernd zwar nicht nachvollziehen konnte, aber in Kombination mit Claire Denis konnte das interessant werden. Bernd verstand nicht, was die weibliche Hauptfigur – eine Pariser Intellektuelle, die eine Affäre mit einem bretonischen Fischer hat – so beschäftigt. Schließlich verbindet die Intellektuelle und den Fischer nichts. Ihre Weltanschauungen, ihre Bildung, ihr Geschmack sind grundsätzlich verschieden. Nicht einmal
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