BE (German Edition)
der Bürgermeisterin von St. Petersburg und den russischen Produzentinnen von Globus Film durchgezogen wurde.
»Der Untergang« gilt oft als Bernds Film, aber Bernd hat immer betont, dass Oliver Hirschbiegel der Regisseur dieses Films ist und Bernd sich nicht in die Regie eingemischt hat. Das einzige Mal, als Bernd nach seinen Angaben Druck gemacht hat, war bei der Szene, in der Joseph und Magda Goebbels Selbstmord begehen. Das Licht schwand, und es gab kein Geld, um die Szene am nächsten Tag zu drehen. Deshalb drängte Bernd Oliver Hirschbiegel, die Szene in einer Totalen zu drehen. Dann war es eben egal, dass es keine Nahaufnahmen gab. Hauptsache, die Nummer war im Kasten. Ich persönlich mag ja die Tatsache, dass hier nicht durch eine Nahaufnahme auf das dramatische Gaspedal getreten wird. Aber wenn man sich die Szene mit Bernd anschaute, dann erwähnte er immer wieder das schwindende Licht an diesem Drehtag.
»Bernd hat sich am Set rausgehalten, so wie er es immer getan hat. Aber Oliver Hirschbiegel hat ihn oft um Rat gefragt. Bernd war eben sehr präsent und er hat allen Halt gegeben. Er hat Oliver Sicherheit und dadurch Freiheit gegeben. Das hat Oliver sehr aufgeschlossen und kreativ gemacht«, so Bernd Lepel. Bernd bestätigte dies oft und betonte, dass als die Produktion für die Innenaufnahmen nach München zog und der Bunker in den Bavaria Studios gedreht wurde, er kaum am Set gewesen sei, sondern sich nur jeden Tag die Muster angeschaut hätte.
Zur Produktion von »Der Untergang« muss erwähnt werden, dass es diesen Film nicht gäbe, hätte Bruno Ganz sich nicht bereit erklärt, Adolf Hitler zu spielen. Bernd hätte den Film ohne Bruno Ganz nicht gemacht. Ganz hatte die schwierige Aufgabe, aus der kurzen Tonaufnahme, die von Adolf Hitler in einem semi-privaten Kontext existiert, eine Person zu formen und dem Zuschauer zu verdeutlichen: Das Böse kann charmant, ja charismatisch sein. Es kann überall lauern. Bruno Ganz sollte zeigen, dass Hitler kein Außerirdischer war, der auf die Welt gefallen ist, um dort Unheil und Zerstörung anzurichten, sondern ein Mensch, der aus der Mitte der Menschheit heraus gemeinsam mit anderen Menschen ungeheuerlich Unmenschliches tat.
Der Fuchs im Hühnerstall
BE rnd hatte es während der Dreharbeiten zu »Der Untergang« auf eine Weise krachen lassen, wie er es danach nie wieder tun würde. Jeden Abend wartete er in der Hotelbar auf Crew und Schauspieler, und dann wurde Wodka gesoffen, als gäbe es kein Morgen. Einem seiner wichtigsten Mitstreiter in diesen Trinkgelagen, dem Schweizer Kameramann Rainer Klausmann, leuchten heute noch die Augen, wenn er an die Ausgelassenheit dieser Nächte zurückdenkt. Legendär ist mittlerweile auch der Tag, an dem Bernd einen Teil des Filmteams in eine Striptease-Bar schleppte. Christine Rothe war wie immer im Besitz der Geldbörse, und es wurde so lange gefeiert, bis nichts mehr übrig war, um den Tänzerinnen etwas in die Strapse zu stecken. Solche Exzesse sind natürlich großartig für die Stimmung am Set. Der Zusammenhalt zwischen Crew und Darstellern war phänomenal. Alle waren auf einer gemeinsamen Mission. Wofür solche Exzesse allerdings nicht besonders hilfreich waren, war Bernds Konstitution. Besonders nicht angesichts des medialen Stahlgewitters, in das er geriet, als der Film in Deutschland anlaufen sollte.
Angesichts des brisanten Themas machte Bernd sich natürlich Sorgen, wie der Film in Deutschland aufgenommen werden würde. Den Rohschnitt hatte er schon einer Gruppe von deutschen Regisseuren gezeigt. In der darauf folgenden Diskussion war vor allem Tom Tykwers Rat hilfreich gewesen. Nun aber galt es, den Film in die Öffentlichkeit zu entlassen. Die größte Sorge, die Bernd dabei hatte, war die, dass der Film von Neonazis vereinnahmt werden könnte. Er wollte keine Glatzen an den Kinokassen stehen sehen. Dann hätte er als Filmemacher versagt. Außerdem sorgte ihn das deutsche Feuilleton. Er hatte sich jahrzehntelang den schlechten Kritiken ausgeliefert gesehen. »Der Untergang« war für ihn ein politischer Film. Ein Politikum. Den sollten die Kritiker nicht in den Kulturseiten versenken. Bernd ersann einen ausgeklügelten Schlachtplan. Er würde die Kritiker einfach umgehen und sich an die wenden, die in Deutschland die politische Diskussion anführten: Stefan Aust, damals Chefredakteur von Der Spiegel , Frank Schirrmacher, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Kai Diekmann, Chefredakteur der
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