BE (German Edition)
gerade Deine Äußerungen in GQ Magazin gelesen. Es gehört schon eine erhebliche Portion Arroganz dazu, wenn Du auf Oliver Hirschbiegels und meinen Film »Der Untergang« einhackst, ein Film, der – wie Du sehr wohl weißt – in der ganzen Welt Beachtung fand und immerhin für einen Oscar nominiert war. Du scheust nicht einmal davor zurück, einen Weltklasseschauspieler wie Bruno Ganz in den Dreck zu ziehen. Dass Du es aber für nötig befindest, über den Film »Der Baader Meinhof Komplex«, dessen Drehbuch Du nicht gelesen, geschweige denn einer Vorführung beigewohnt hast, einen Film also, über den Du absolut nichts weißt, in der Öffentlichkeit Deinen Stab zu brechen und die Integrität Uli Edels und mir als Autoren und Filmemacher infrage zu stellen, ist ungeheuerlich. Das hat auch nichts, wie Du in letzter Zeit Deine Ergüsse gerne verkaufst, mit »Streitkultur« zu tun.
Wir wollen uns nicht vorstellen, wie bitter Du in all den Jahren geworden sein musst.
Trotzdem: Schande über Dich.
Bernd Eichinger
So einen Brief will man nicht erhalten. Ich habe Bernd damals fragend angeschaut – schließlich wird Schlöndorff allein schon aufgrund von »Die Blechtrommel« immer ein Held für mich sein. Ich fragte Bernd: »Willst du diesen Brief wirklich abschicken?« Bernd wollte. Es kam auch eine Antwort, die das alles als Missverständnis entschuldigte. Die tatsächliche Versöhnung der beiden folgte 2009 während der Eröffnung der Berlinale, als Tom Tykwers »The International« gezeigt wurde. Bernd sah Schlöndorff in der Reihe vor uns im Kino, klopfte ihm auf die Schulter und nahm ihn in den Arm. Ein Glück! Auch für Bernd eine große Erlösung. Der Vorfall ist ein gutes Beispiel dafür, wie hoch die Emotionen im Vorfeld dieser Filmpremiere schwappten.
Die richtigen Probleme gingen aber erst los, als die Constantin Film Filmjournalisten vor der Vorführung des Films ein Embargo unterzeichnen ließ, dass sie erst in der Woche des Filmstarts über den Film berichten durften. Damit sollte vor allem vermieden werden, was bei »Das Parfum« durch den Artikel in der Zeit passiert war, nämlich dass Journalisten sich nicht an Abmachungen halten. Bernd bekam dieses Embargo erst zu lesen, als es schon herausgegangen war, und da war es für eine Umformulierung des herben Juristendeutsch zu spät. Die Kritiker regten sich schrecklich auf, der Verband Deutscher Journalisten schrie »Zensur!«, und Bernd war wieder einmal der böse Kapitalist vom Dienst. So weit ja nichts Neues, aber die Aufregung brachte ernsthaft die Spiegel -Titelgeschichte ins Wanken, die Bernd angeboten worden war. Mit dem Film auf dem Spiegel -Cover, das wusste Bernd, war der Film kein Film mehr, sondern ein Ereignis.
Die Aufregung begann, als Bernd im Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg Interviews gab. Abends sollten wir mit Th omas Schreiber und Doris Heinze vom NDR zu Abend essen. Während der zweistündigen Zugfahrt von Hamburg nach Berlin, wäre die Spiegel -Geschichte fast explodiert. Ständig klingelte mein Handy. Bernd führte lauthals Verhandlungen und regte sich auf. Ständig gerieten wir in Funklöcher, was Bernd noch »narrischer« machte. Als wir, angekommen in Berlin, im Borchardt saßen, hatte ich ein Rauschen im Ohr, das erst am nächsten Morgen wieder weg war. Aber die Spiegel -Geschichte hatte Bernd gerettet. Kurz vor Erscheinen der neuen Ausgabe machte Franz-Walter Steinmeier Bernd fast noch einmal einen Strich durch die Rechnung, als er zum SPD-Kanzlerkandidaten ernannt wurde. Zum Glück ließ Der Spiegel die Titelgeschichte nicht platzen und schob Steinmeiers Kandidatur als gelbe Banderole aufs Cover. Die Fahrt im Auto gemeinsam mit Uli und Bernd zum Münchner Bahnhof, wo wir schon am Sonntag den Spiegel kaufen konnten, gehört zu einer meiner besten Erinnerungen an den Film. Bernd war so erleichtert. Wir waren alle so froh. Jetzt konnte es schlechte Kritiken regnen wie es wollte, der Film konnte zumindest nicht mehr ignoriert werden. Es war übrigens Bernds dritter Spiegel -Titel. Die ersten beiden waren für »Christiane F.« und »Der Untergang« gewesen.
Durch das Spiegel -Cover geriet der Medienzirkus um »Der Baader Meinhof Komplex« völlig außer Rand und Band. Ich weiß noch, wie ich in der Lobby unseres Hotels in Berlin stand und die ausgelesenen Tageszeitungen vor mir sah: Jedes Cover war »Rot«, »Der Baader Meinhof Komplex« war überall Titelgeschichte. An diesem Tag erschien übrigens auch eine
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