BE (German Edition)
so definierenden Satz prägte: »Und natürlich darf geschossen werden.« Bernd hatte Meinhofs Erklärung im Spiegel gelesen. Seine Gedanken zu »Warum läuft Herr R.Amok?« sollten viele Jahre später während seiner Drehbucharbeit zu »Der Baader Meinhof Komplex« wieder aktuell werden.
Hier Auszüge aus Bernds Text zu »Warum läuft Herr R. Amok?«:
Wie schon die Konzeption und Idee des »Katzelmachers« überzeugt mich auch die Konzeption dieses Films: Sie ist einfach und in ihrer Einfachheit anschaulich und vielversprechend. Die Verfilmung jedoch schöpft die Möglichkeiten dieser Idee nicht aus. Zwar wird ein Ansatz einer »Verfilmung« verbal erkannter Zusammenhänge erkennbar, letzten Endes jedoch bleibt dieser »Film« in einer Phase verbaler Artikulation stecken: Was auf der Leinwand zu sehen ist, ist Sprache nicht Film. (…) Ich bin der Ansicht, dass sich ein bereits etabliertes System nicht von außen ändern lässt, sondern nur dadurch, dass ich die Menschen, die dieses System bilden, ihr System erfahren lasse und so durch diese Erfahrung ihnen selbst die Notwendigkeit einer Änderung begreifbar wird. Dieser Film kann aber demjenigen, der selbst nie über gesellschaftliche Beziehungen nachgedacht hat, keine Erfahrung bedeuten – ich halte ihn deshalb in jeder Hinsicht für nutzlos.
Bernd Eichinger
Kurz darauf, am 24. Juli 1970, war es dann so weit. Bernd erhielt einen Brief, in dem es kurz und knapp hieß: »Sehr geehrter Herr Eichinger, wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie zum Studium in der Fachrichtung ›Film‹ zugelassen werden.« Bernd war an der HFF München angenommen! Er würde als Mitglied des C-Kurses, also des dritten Kurses seit Gründung der HFF München, Film studieren. Damals gab es noch keine Unterscheidung zwischen »Regie« und »Produktion« wie heute an deutschen Filmhochschulen üblich. Alle angenommenen Filmhochschüler sollten zu Filmemachern ausgebildet werden. Und Filmemachen, das hieß damals Regie. Bernd war immer froh, dass er keinen auf reine Produktion spezialisierten Studiengang absolviert hatte. Wenn Bernd später gefragt wurde, was sie denn machen sollten, um erfolgreiche Filmproduzenten zu werden, war seine Antwort immer die gleiche:
»Geht an die Filmhochschule und studiert Regie – studiert bloß nicht Produktion. Da bilden die doch nur Herstellungsleiter aus. Das mit den Zahlen lernt ihr schnell genug, spätestens wenn ihr das erste Mal richtig Geld verliert. Aber als Produzent müsst ihr auch Geschmack haben und kreativ mitreden können. Ihr müsst euch mit eurem Regisseur auf Augenhöhe befinden. Das lernt man, wenn man Regie studiert – nicht Produktion!«
Zu Hause bei seinen Eltern lösten Bernds Zukunftspläne alles andere als Begeisterung aus. Es wurde gezetert und geschimpft. Der Vater drohte ihm, er werde ihm keinen Pfennig geben, wenn Bernd abgebrannt und obdachlos unter irgendeiner Brücke landete. Aber Bernd ließ sich davon nicht abschrecken. Mit seinen diversen Nebenjobs würde er sich schon über Wasser halten. Er brauchte die Unterstützung der Eltern nicht. Was genau Filmemachen und ein Filmstudium jedoch bedeuteten, das wusste Bernd zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht. Bis auf die Produktion seines Bewerbungsfilms hatte er keinerlei Erfahrung in der Filmwelt.
»Also, ich hab mir das in der Filmhochschule ein paar Tage angeschaut, und nach der ersten Woche gingen mir dann die Lampen auf, und ich wusste: Das isses! Das ist, was ich machen will! Ich will nichts mehr anderes machen außer Film. Also, ich wusste es nach einer Woche, vorher wusste ich es nicht«, erinnerte sich Bernd.
An seinem ersten Tag an der Filmhochschule, also in seiner Stunde null als Filmemacher, traf Bernd Uli Edel. Mit Uli als Regisseur und Bernd als Produzent würden sie später »Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo« sowie »Letzte Ausfahrt Brooklyn« und »Der Baader Meinhof Komplex« drehen. Uli war bis zu Bernds Lebensende einer seiner besten Freunde. Ihre Freundschaft sollte eine lebenslange Unterhaltung über das Kino werden, die an diesem ersten Tag an der Filmhochschule begann.
Uli Edel erinnert sich:
Bernd war der letzte Typ, mit dem ich befreundet oder irgendwie zusammen sein wollte. Auf den ersten Blick konnte ich ihn überhaupt nicht ausstehen. Wie er da so am ersten Tag vom Studium in den Hörsaal reinkam, das war ein echter Auftritt … Er war halt alles, was ich nicht war. Er sah glänzend aus, wie ein
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