BE (German Edition)
angerufen habe. Natürlich habe er sich große Sorgen gemacht. Er warf sich vor, er hätte erahnen müssen, dass Janes Verzweiflung final war. Aber es war Weihnachten. Er befand sich in Österreich mit seiner Tochter und seinen Verwandten. Jetzt zurück nach München zu fahren, alles zurückzulassen, um sich um die alte Liebe zu kümmern, die ihn immer wieder zu sich zurückzog und die dann aber doch nie etwas anderes barg als Schmerz, die schon so oft mit dem Tod gespielt hatte … Bernd blieb bei seinem anderen Leben.
Jane Seitz nahm sich am 4. Januar 1988 im Alter von 45 Jahren das Leben. Niemand war in letzter Minute zwischen sie und den Tod getreten, wie die vielen Male zuvor. Jane hatte alles perfekt geplant. Es war ihr letzter Schnitt. Klar und deutlich. Wie ihre Schnitte im Film. Jane ging – wie so viele der Protagonisten in Bernds Filmen – ihren Weg bis zum bitteren Ende.
»Das Erste, was ich gefühlt habe, als ich von Janes Selbstmord erfuhr, war Wut«, erzählte mir Bernd. »Als der Anruf kam, war ich einfach nur wütend, dass sie’s tatsächlich getan hatte.« Bernd erzählte mir das, als sei es ein schmutziges Geheimnis, als hätte er ein schlechtes Gewissen, dass er nicht sofort traurig und am Boden zerstört gewesen war. Aber tatsächlich enthielt Janes Testament noch eine Sonderbehandlung für Bernd, die wie eine Schuldzuweisung im Raum hängen bleibt: Jane verbot Bernd, an ihrem Begräbnis teilzunehmen. Es war die letzte Strafe, die ihr noch übrig blieb.
Zu Janes Verteidigung kann man sagen, vielleicht war es auch gut für Bernd, dass er an der Beerdigung nicht teilnahm. Vielleicht wusste Jane, dass dieses letzte »Fuck You« aus dem Jenseits Bernd die Sache einfacher machen würde. Ein bisschen Wut und Frustration kann ja ein gutes Mittel sein, um nicht völlig in Traurigkeit zu zerfließen. Janes Tod war sehr hart für Bernd. Nicht zur Beerdigung gehen zu dürfen, war auch sehr hart. Aber seine Wut hat sich schnell gelegt. Im Jahr von Janes Tod drehte Bernd gemeinsam mit Uli Edel als Regisseur »Letzte Ausfahrt Brooklyn«. Die Figur der Tralala (gespielt von Jennifer Jason Leigh) ist auch so eine Frau, die an ihrer Existenz verzweifelt und ihren Weg bis zum bitteren Ende der Selbstzerstörung geht. Die Antworten auf die komplizierten Fragen des Lebens, die hat Bernd in seinen Filmen gesucht.
Barbaren, Weise und ein bisschen Heimat
DA s Boot« war ein großer Erfolg. Insgesamt hatte der Film in Deutschland 3,8 Millionen Besucher. Trotzdem wurde er von der deutschen Auswahlkommission nicht für den Auslands-Oscar vorgeschlagen. Zu verheerend waren die deutschen Kritiken gewesen, als dass die Kommission dem Film eine Chance gegeben oder ihm irgendeine Art von künstlerischer Qualität zugesprochen hätte. Stattdessen schickte die Kommission »Lili Marleen« von Rainer Werner Fassbinder ins Rennen. Man glaubte, der große deutsche Autor hätte eine gute Chance in Hollywood. Weit gefehlt. »Lili Marleen« – ohne Zweifel einer von Fassbinders schlechteren Filmen – schaffte es nicht einmal in die Vorauswahl. Der amerikanische Verleih von »Das Boot« war so erzürnt, dass der Film von der deutschen Kommission so übergangen worden war, dass er den Film im nächsten Jahr noch einmal ins Rennen schickte. Mit Erfolg. »Das Boot« wurde für sechs Oscars nominiert, darunter auch Beste Regie für Wolfgang Petersen. Bernd erzählte, wie aufregend und großartig seine Oscar-Nacht mit Petersen, Rohrbach und den anderen Nominierten gewesen war. Keiner von ihnen erwartete, einen Oscar zu gewinnen. Schon dabei zu sein, war ein solches Endorphin-High – genau davon träume man, wenn man auszieht, um Filme zu machen. Harter Schnitt: Landung zurück in München. Während die Tatsache, dass »Das Boot« sechs Oscar-Nominierungen eingestrichen hatte, in Deutschland nicht einmal eine Meldung wert gewesen war, strahlte den Oscar-Heimkehrern schon am Flughafen die hämische Schlagzeile der Münchner Abendzeitung entgegen: »Die ›Boots‹–Leute gingen in Hollywood völlig unter.« Das war Deutschland.
Mit »Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo«, »Die Klapperschlange« und »Das Boot« hatten Bernd und Herman Weigel einen großen ersten Wurf getan. Nun musste man beweisen, dass dahinter mehr als nur Anfängerglück stand. Als großer Film für 1982 stand »Conan – der Barbar« auf der Verleihstaffel, von Regisseur John Milius, dem Drehbuchautor von »Apocalypse Now«, und nach einem Drehbuch
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