BE (German Edition)
Business ist ein pre-sale Business. De Laurentiis war der erste Filmproduzent, der seine Filme über pre-sales finanzierte. Auch Bernd versuchte immer, internationale Produktionen über Vorverkäufe zu finanzieren und so das finanzielle Risiko der Constantin Film zu reduzieren.
2. »Brrrreeeeent. To beeee an independent producer you need irrrrron baaaalls.« Dino konnte sich bei aller Liebe Bernds Namen nicht merken und nannte ihn immer »Brent«. Dinos Maxime gab Bernd immer mit Dinos starkem italienischen Akzent zum Besten und machte dabei die Dino-typische Handbewegung: Er zeigte mit beiden Zeigefingern in seine Leistengegend.
Dino besaß also die Rechte zu »Conan – der Barbar«, und Bernd wollte den Film unbedingt in Deutschland verleihen. Also machten sich Bernd und Herman Weigel auf zu Dino de Laurentiis’ Büro im Gulf & Western Building am Central Park West in New York. Dino De Laurentiis’ Schreibtisch war so groß, dass man ihn per Kran in das Büro transportiert hatte. Hinter diesem Schreibtisch saß er nun, schon damals eine Legende, und sprach mit einem so starken italienischen Akzent, dass Amerikaner ihn kaum verstanden. Bernd trug sein Anliegen vor: Wir wollen »Conan« für Deutschland kaufen. Dino zögerte: Er wisse ja gar nicht, wie viel er dafür haben wolle. Und überhaupt wisse er nicht, wie diese zwei jungen Typen aus Deutschland spielten. Bernd könne doch nicht einfach so kaufen! Bernd: Doch, wir kaufen! Aber Dino war immer noch nicht überzeugt. Er wollte »Conan« an ein Major-Studio verkaufen. Und das würde sicher teuer werden. Da könne Bernd bestimmt nicht mithalten. Bernd meinte dann zu Dino: ›Ich biete dir eine Million Dollar.‹ Das war gewaltig viel Geld! Dino antwortete, er wolle 1,1 Millionen haben. Bernds Antwort: ›Top, die Wette gilt!‹ Die Neue Constantin und somit Deutschland war dann tatsächlich das einzige Land, wo »Conan – der Barbar« nicht über ein Hollywoodstudio, sondern von einem unabhängigen Verleih in die Kinos gebracht wurde.
Bernd und Herman waren überzeugt, dass sie sich mit »Conan« einen großen Fisch geangelt hatten. Aber zwischen der eigenen Überzeugung und der Realität der Kinokasse können leider Welten liegen. Das Risiko, das Bernd mit dem Einkaufspreis von 1,1 Millionen Dollar eingegangen war, war enorm. Gegen Casinos und Glücksspiel hatte er zwar eine ausgeprägte Abneigung, aber die Sache mit »Conan« war nichts anderes als russisches Roulette. Wenn »Conan« schiefging, konnte er einpacken. »Conan« sollte im September starten, und je näher der Termin rückte, desto weiter sperrte das Krokodil – dieses Bild benutzte Bernd immer, um seine Angst vor einem Kinostart zu beschreiben – den Rachen auf. An den Tagen vor dem Kinostart konnte Bernd es förmlich riechen: den Sulfatgestank des Höllenschlunds. Das Monster Kinostart, auch Misserfolg und Untergang genannt, scharrte schon in seiner Höhle und reckte sein hässliches Haupt. In den Monaten zuvor war man noch in den selbstbetrügerischen Nebeln der Gewissheit gewandelt. Doch spätestens wenn der Startschuss für die Marketingkampagne eines Films gefallen war, war das hungrige Gebrüll des Krokodils – in anderen Worten die Selbstzweifel und die Angst – nicht mehr zu überhören. Dass auch Bernd Angst hatte, hat man ihm, wenn überhaupt, nur sehr selten angemerkt. Die Überwindung der Angst war eins seiner großen Lebensthemen.
Im August 1982 hatte die Neue Constantin eine zweitägige Veranstaltung in der Nähe von Berlin geplant. Hier sollte Bernd den Kinobesitzern die Verleihstaffel für die kommenden Monate vorstellen und sie überzeugen, dass bei der Neuen Constantin großartige Kassenknüller auf sie warteten. Denn nur wenn die Kinobetreiber Filme der Neuen Constantin ins Programm nahmen, würde Bernd überhaupt eine Chance haben, das schon ausgegebene Geld wieder einzuspielen. Im Zentrum der Veranstaltung, die auf einer Insel stattfand, viel Geld gekostet hatte und natürlich auch eine Form der Selbstdarstellung des neuen Kurses der Constantin war, stand »Conan – der Barbar«. Bernd hatte eine gewaltige, etwa 25 Meter hohe Statue von Conan errichten lassen, die die Kinobesitzer schon von weitem grüßen sollte. Alles war durchgeplant für den großen Auftritt. Alles stand bereit. Alles bis auf Bernd Eichinger. Der verschanzte sich schon im Vorfeld der Veranstaltung mit mehreren Gramm Kokain und einer weiblichen Begleitung in irgendeinem Hotelzimmer –
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