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BE (German Edition)

BE (German Edition)

Titel: BE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Eichinger
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unerreichbar und unauffindbar für sein Team. Der Verantwortung, die auf ihm lastete, fühlte er sich nicht gewachsen. Es war eine Flucht, eine Form der Kapitulation. Bernd hatte jedoch Glück. Am ersten Veranstaltungstag regnete es so stark, dass viele der Boote, die die Kinobesitzer auf die Veranstaltungsinsel bringen sollten, gar nicht übersetzen konnten. Man nahm einfach an, dass der Herr Geschäftsführer auf einem der Boote gewesen war, die es nicht mehr zur Insel geschafft hatten. Als Bernd am zweiten Veranstaltungstag schließlich völlig fertig und mit zugeschwollener Nase bei der Veranstaltung aufschlug, gab er vor, schwer erkältet zu sein.
    Die Veranstaltung auf dieser Insel inklusive riesiger Conan-Statue kam bei den Kinobesitzern gut an. Auch die Tatsache, dass der Film in den USA ein großer Erfolg war, befeuerte den deutschen Kinostart. Hinzu kam, dass »Conan« in München aufgrund des Oktoberfests schon eine Woche früher als im Rest Deutschlands gestartet wurde und die Münchner Kinos brechend voll waren. Dadurch war klar: Dieser Film würde ein Hit werden. Und so lief »Conan« mit unerhörten 300 Kopien in Deutschland an. Einen Filmstart mit einer so hohen Kopienzahl hatte es bisher in Deutschland noch nie gegeben. Für die anderen deutschen Verleiher waren bisher 120 Kopien das höchste der Gefühle gewesen. Nach der bisherigen Verfahrensweise wurde ein Film langsam von den Städten in die Provinzen ausgerollt, die Provinzkinos erhielten also erst dann eine Filmkopie, wenn in den wichtigen Kinos niemand mehr den Film sehen wollte. Dadurch waren die Kopien, wenn sie denn endlich einmal in der Provinz angekommen waren, oft schon so zerkratzt, zerrissen und wieder geflickt worden, dass vom eigentlichen Film kaum noch etwas übrig war. Das Ganze ähnelte dann eher einem Avantgarde »Scratch & Flicker«-Film von Peter Kubelka.
    Mit Bernds Verleihstrategie zu »Conan« änderte sich das. Bernd hatte seinen Schulfreund Fax gefragt, der mittlerweile Mathematik studierte und sich in Statistik auskannte, wie viele Kopien statistisch gesehen einen Sinn ergeben würden, um ein maximales Ergebnis zu erzielen. Wie gesagt, bisher hatte man so gerechnet, dass es vollkommen egal sei, ob man einen Film mit fünfzig oder mit hundert Kopien startete – der Unterschied sei nur, dass man doppelt so lange brauchen würde, um das gleiche Ergebnis zu erzielen. Fax bewies mit einem relativ einfachen Algorithmus, dass diese Rechnung falsch war. Eine hohe Kopienzahl erbrachte immer ein deutlich höheres Einspielergebnis als eine niedrige. »Conan« stellt den Wendepunkt im deutschen Kinoverleihgeschäft dar, und Fax veränderte mit seiner Rechnung die deutsche Kinowelt.
    Dies verstand auch Michael Marbach, der noch vor Bernds Zeit vom alten Regime der Constantin eingestellt worden war und die Essener Filiale leitete. 1986 machte Bernd ihn zum Verleihchef. Er war jedoch mehr als das. Er war Bernds Orakel in Sachen Zuschauerzahlen. Marbach war der Mann, den Bernd um 20 Uhr am ersten Spieltag eines Films anrief und von dem er sich die ersten Zuschauerzahlen geben ließ. Wenn die Zahlen gut waren und der Film nach einem Hit aussah, war Marbachs erstes Wort immer »Gratuliere«, und Bernds Gesicht begann zu leuchten. Wenn die Zahlen schlecht waren und klar war, dass es für den Film keine Hoffnung gab, druckste Marbach nicht lange herum, sondern sagte Bernd mit seiner sonoren Stimme und seinem leichten Ruhrpottakzent die Wahrheit. Michael Marbach war der Mann, zu dem Bernd absolutes Vertrauen hatte. Bei »Conan« war kein Trost notwendig. Schon am ersten Wochenende knackte »Conan« als erster Film in der deutschen Kinogeschichte die Marke von einer Million Zuschauer – eine Marke, die immer noch als Traumziel eines jeden Filmverleihers gilt. So ist die Tatsache, dass »Conan« den Anfang der Filmkarriere des zukünftigen Gouverneurs von Kalifornien darstellt, nur einer von vielen Gründen, warum dieser Film Geschichte schrieb.
    1982 nahm Bernd sich eine weitere Auszeit, allerdings weniger der exzessiven als der kreativen Art. Edgar Reitz hatte Bernd wieder mit einem Filmprojekt kontaktiert. Reitz saß nach dem finanziellen Desaster von »Der Schneider von Ulm« auf einem Berg Schulden. Über ihn war eine existenzielle Krise hereingebrochen, die ihn dazu veranlasste, statt Kino eine Fernsehserie zu machen … und so deutsche Fernsehgeschichte zu schreiben. Die Serie hieß »Heimat«.
     
    In einem Gespräch erzählt mir

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