BE (German Edition)
davon wissen.
Über die Premiere haben Bernd und ich viel geredet. Denn mehr als ein Jahrzehnt später, als ich am Londoner British Film Institute studierte, wurde in einer Vorlesung diese Premiere als Beispiel herangezogen, wie Kino und Fernsehen perfekt zusammenspielen können. Wie erinnern Sie sich an dieses Ereignis?
ER: Bernd hat diese Premiere komplett in die Hand genommen. Er hat eine Broschüre und die ganzen Werbematerialien für »Heimat« entwerfen und drucken lassen. Die Premiere fand dann 1984 im ARRI Kino während des zweiten Münchner Filmfests statt. Wir hatten Wetten laufen, weil wir gesagt haben: einen Film von 16 Stunden Länge, das hält keiner durch! Aber es ist uns kein Zuschauer weggelaufen. Im Gegenteil! Am nächsten Tag standen die Leute Schlange für den zweiten Teil. Das Kino war so überfüllt, wir mussten sogar Leute nach Hause schicken. Zum Schluss gab es Standing Ovations. Das war der totale Durchbruch. Denn was wir nicht wussten, war, dass im Publikum der Chef des Filmfestivals von Venedig saß. Er hat uns dann auf sein Filmfestival eingeladen. Nachdem der Film in Venedig gelaufen war, hatten wir Lizenzen mit 35 Ländern abgeschlossen. In einigen Ländern haben wir sogar Kinoverleiher für den Film gefunden. Auch in Deutschland gab es immer wieder Marathonvorstellungen von »Heimat«. Der Film ging um die ganze Welt. Also, das war eine Pionierleistung. Da haben wir Neuland betreten.
1982 war auch das Jahr, in dem ein Film herauskam, auf den Bernd im Rahmen seiner Karriere als Verleiher mit am stolzesten war: »Pink Floyd – The Wall«. Dies ist einer der wenigen Filme, bei denen Bernds und Hermans Meinungen nicht übereinstimmten. Bernd hielt Pink Floyd für den Inbegriff des musikalischen Genius. Das moderne Äquivalent zu Mozart. Pink Floyd, Mozart und Maria Callas, das war die Musik, die Bernd zum Weinen brachte. Als »The Wall« Bernd angeboten wurde, stieg er sofort als erster internationaler Verleiher ein und schloss Freundschaft mit dem mittlerweile schon verstorbenen Pink-Floyd-Manager Steve O’Rourke. Mit dem Regisseur Alan Parker konnte Bernd jedoch weniger anfangen, da dieser laut Bernd sehr bitter im Gemüt war. Und Bitterkeit war etwas, vor dem sich Bernd hütete wie vor einer unheilbaren Geschlechtskrankheit. Herman Weigel: »Alan Parker war damals eine Riesennummer! Ein echter Star. Trotzdem hat es ihn gewurmt – ähnlich wie Bernd –, wenn ihn bestimmte Leute nicht anerkannt haben. Vor allem hat es ihn gewurmt, dass er nicht so gute Kritiken wie Fassbinder bekam. Fassbinder! Es hat den fertiggemacht, dass Fassbinder der Darling der Kritiker war. Das hat ihn zerfressen! In gewisser Weise hatte Bernd ein ähnliches Problem. Bernd hat es gewurmt, wenn ihn Leute für den bayerischen Berserker gehalten haben, der von der Kunst keine Ahnung hat. Aber zum Glück ist Bernd dadurch nicht bitter oder zynisch geworden.«
Die Begeisterung für Pink Floyd hat Bernd sein Leben lang nicht verloren. Dass Herman in diesem Punkt seinen Geschmack nicht teilte, machte Bernd auch fast dreißig Jahre später noch fassungslos.
»Ich fand den Film interessant, aber am Ende ein bisschen fad«, so Herman Weigel, der dann doch zugibt: »Also, ›The Wall‹ war schon okay für uns. Aber der Film war so irrwitzig teuer. Für ›Conan‹ haben wir 1,1 Millionen Dollar gezahlt, für ›The Wall‹ 1,3 Millionen! Und du darfst nicht vergessen: Weder für ›Conan‹ noch für ›The Wall‹ konnten wir zahlen! Die Filme hatten wir ja zu einer Zeit eingekauft, als die Kassen noch komplett leer waren. Bernd musste sich teilweise von Uli Edels damaliger Freundin oder auch von der Bank mit einem Privatkredit Geld leihen, um die Filme anzahlen zu können! Und ›The Wall‹ war eben kein Blockbuster, sondern ist halt sehr lange gelaufen – das ist ein Matinee-Film. Dadurch haben wir das Geld wieder eingespielt. Aber Bernd mochte Pink Floyd einfach wahnsinnig. Allein deswegen hatten wir diesen Film. Und deswegen waren wir der einzige unabhängige Verleih weltweit, der ›The Wall‹ verliehen hat. Überall sonst wurde der Film von MGM verliehen.«
»Wenn man ein Verleiher ist, dann muss man sich so etwas leisten können – wenn dafür kein Geld mehr da ist, dann macht das doch alles keinen Sinn!« Das war nicht nur Bernds Meinung in Bezug auf »Pink Floyd – The Wall«, sondern auch in Bezug auf die Filme von Francis Ford Coppola. Anfang der achtziger Jahre war Coppola noch nicht der
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