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Beachrats

Beachrats

Titel: Beachrats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Jäger
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sie bezahlt werden?«
    »Du kannst Menschen nicht bezahlen, damit sie nett zu anderen Leuten sind, Jus. Sie tun es, weil es ihnen wichtig ist. Ricks Mom war eine Lehrerin. Mittlerweile ist sie Schulleiterin und ihre Schüler sind ihr wirklich sehr wichtig. Sie wäre schwer beleidigt, wenn jemand denken würde, dass sie das nur macht, weil sie dafür bezahlt wird.«
    »Nun, ich weiß nicht viel über Lehrer«, gab Justin zu. »Ich bin nicht sonderlich viel in der Schule gewesen.«
    »Du bist nicht zur Schule gegangen?«
    »Nicht, seitdem ich dreizehn war und auf den Strich geschickt wurde. Aber auch davor war ich nicht besonders oft dort.«
    »Du kennst aber lesen und schreiben?«
    »Ich kann ganz gut lesen, aber nicht besonders gut schreiben.«
    »Du kannst aber deine Gedanken zu Papier bringen?«, fragte ich weiter.
    »Ich schreibe nicht viel, aber ich glaube, das könnte ich hin bekommen.«
    »Hast du schon mal mit einem Computer geschrieben?«
    »Nee. Ich dachte, die Dinger wären nur für Fotos und Videos und so ein Kram.«
    »Nein, überhaupt nicht. Warum denkst du das, Jus?«
    »Drei oder vier meiner Stammkunden haben Fotos und Videos mit mir gemacht und die haben sie auf ihre Computer getan. Ich habe ein paar davon gesehen. Ist das nicht, wofür Computer da sind?«
    Ich wusste, dass ich in Tränen ausbrechen würde, wenn ich nur eine Minute länger im Badezimmer bleiben würde. Während wir sprachen, saß ich auf dem Toilettendeckel, aber jetzt stand ich auf. Ich suchte einen Einwegrasierer legte ihn zusammen mit Rasierschaum, einem After Shave und einem Deo auf den Rand der Badewanne.
    »Bleib noch eine Weile in der Wanne und benutze dann den Rasierer«, sagte ich.
    »Bist du wütend auf mich, Kev?«, fragte Justin.
    Ich hatte mich von ihm weg gedreht, damit er meine Emotionen nicht sehen konnte, aber jetzt drehte ich mich wieder zu ihm um.
    »Nein, Jus, ich bin nicht wütend auf dich. Ich bin wütend wegen dem, was dir diese Männer angetan haben. Aber ich bin wirklich nicht sauer auf dich. Ich lege dir ein paar frische Sachen aufs Bett. Zieh die bitte an, wenn du fertig bist. Okay?«
    »Okay.«
    Ich verließ das Badezimmer und schloss die Tür hinter mir. Ich zitterte vor Wut, als ich in unserem Schlafzimmer stand. Ich versuchte mich zu beruhigen und ging in das Zimmer der Jungs, um für ihn ein paar frische Sachen zu suchen. Die Klamotten, die er auf dem Weg vom Hotel zu unserem Haus getragen hatte, stanken schon. Sie waren sauber, bevor Justin sie angezogen hatte. Ich nahm sie mit in den Waschraum und schaltete die Waschmaschine ein.
    Justin blieb insgesamt eine Stunde lang in der Badewanne. Nach seinem Bad kam Justin ins Wohnzimmer und ließ sich dort auf die Couch plumpsen. Er sah wie ein neuer Mensch aus und ich war mir sicher, dass er sich auch so fühlte.
    »Hast du was dagegen, wenn ich das ausprobiere?«
    Er meinte den Fernseher, unsere Musikanlage und den DVD-Player.
    »Nein, überhaupt nicht«, sagte ich.
    Ich ging in unser Zimmer, um mir ein paar bequemere Sachen anzuziehen. Von dort rief ich auch im Büro an, um mir den Rest des Tages frei zu nehmen. Als ich wieder ins Wohnzimmer kam, war Justin in eine Nachmittags-Talkshow vertieft, in der sich die Leute gegenseitig anbrüllten und beleidigten. Ich ging nach draußen und holte die Post. Ich setzte mich zu Justin und blätterte in einem der Magazine, die gekommen waren. Ich konnte mich jedoch nicht konzentrieren. Meine Gedanken schweiften immer wieder zu Justin ab.
    »Verdammter Nigger«, platzte es aus Justin heraus, während er auf den Fernseher starrte.
    »Hey, Kumpel. In diesem Haus verwenden wir das N-Wort nicht, okay?«, sagte ich.
    »Es gibt eine Menge Scheiße, die ihr in eurem Haus nicht tut.«
    Der verwundbare kleine Junge, den ich im Badezimmer erlebt hatte, war verschwunden und der harte Straßenjunge war zurück.
    »Das ist richtig. Und solange du in diesem Haus bist, wirst auch du es nicht verwenden.«
    »Darf man in eurem Haus denn rauchen?«, fragte wieder der unsichere Junge in ihm.
    »Ja«, antwortete ich ruhiger. »Ich rauche und Alex raucht auch. Du kannst auch rauchen, wenn du möchtest.«
    »Ich wusste, dass Alex raucht. Er hat mir im Hotel seine Schachtel gegeben«, erklärte Justin.
    Dann zündete er sich eine Zigarette an und sah sich die nächste Talk-Show an, die gerade begann.
    Gegen 16 Uhr kochte ich eine Kanne Kaffee und fragte Justin, ob er auch eine wollte. Er nahm die Tasse entgegen, bedankte sich aber nicht.

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