Beast
wusste ich gar nicht. Das Feuer erfasst im Nu den ganzen Kopf und man kann gar nicht schnell genug reagieren. An dem Abend habe ich mir den Kopf rasiert. Jetzt sehe ich fast wie Selby aus. Hoffentlich werde ich nicht auch wie er. Carol hat nur einen Blick auf meine Frisur geworfen und gesagt, dass ich jetzt wesentlich besser aussehe. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Sie benimmt sich ausgesprochen merkwürdig. Schon seit Ewigkeiten hat sie sich nicht mehr über mich lustig gemacht oder behauptet, ich hätte was geklaut. Wahrscheinlich ist sie froh, dass ich bald weg bin.
|157| Eric fragt mich, wo ich nach den Reynolds hinwill. Als ich ihm vom St. Mark’s erzähle, verzieht er das Gesicht, sagt aber nichts. Immerhin meint er, ich kann weiter zu ihm kommen, wenn ich dort wohne.
Es ist schön, wenn einen jemand brauchen kann.
Bei Eric läuft fast den ganzen Tag das Radio. Meistens Orchard FM. Wenn er nicht in der Werkstatt ist, stelle ich das Radio aus. Ich will keine Nachrichten hören. Wenn ich uns Kuchen kaufen gehe, vermeide ich es, die Zeitungsschlagzeilen zu lesen. Ich weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist. Und alles ist meine Schuld. Mir ist klar, dass ich versuchen sollte, das Krokodil zu füttern, aber ich habe kein Geld mehr, um Fleisch zu kaufen, und seit ich nicht mehr in der Fabrik arbeite, ist der Hühnchennachschub abgerissen. Abgesehen davon: Wie sollte ich das anstellen? Ich kann ja nicht einfach ein totes Schwein in den Stausee werfen.
Hast du in der Glotze schon mal diesen verrückten Australier gesehen? Der riesigen Raubtieren auf den Rücken springt und ihnen die Augen zuhält, um sie zu besänftigen? So jemanden könnte ich jetzt gut gebrauchen. Ein ausgehungertes Salzwasserkrokodil, das sich in einem britischen Stausee tummelt! Der Typ würde sofort in seinen Hubschrauber springen und herfliegen, um meinen Kleinen in irgendeinen Tierpark zu schaffen oder in der Wildnis auszusetzen. Die Vorstellung gefällt mir gut. Leider ist es nur ein Wunschtraum. Immerhin steht auf der Webseite von dem Typen, wie man eine Krokodilfalle baut! Glauben die im Ernst, dass jemand das vorhat? Ich bin jedenfalls ein dankbarer Abnehmer. Dort steht allerhand |158| über Scharniere, Türen und Köder. Und über Nachtsichtgeräte und dass man viel Geduld mitbringen muss.
Ich überrede Eric, die Tür vom Frettchenkäfig an großen Scharnieren aufzuhängen. Ich behaupte, dann könnte man den Käfig mit einem Schuppen oder Stall verbinden. Und wenn ein Frettchen krank wird, könnte seine Freundin einfach reingehen und es rausholen. Eric hört auf mich. Er baut den Käfig so, wie ich es vorgeschlagen habe. Das gefällt mir.
Man hat mir einen Termin für den Umzug ins Wohnheim mitgeteilt. Heute ist Dienstag und Mindy sagt, ich soll nächsten Montag in ihr Büro kommen, dann bringt sie mich rüber. Eigentlich hat sie mir angeboten, mich bei den Reynolds abzuholen, und Jimmy hat auch gemeint, dass er mich hinfährt, aber ich habe selber ein Auto. Wozu soll mich jemand fahren? Wahrscheinlich wollen sie bloß sichergehen, dass ich wirklich weg bin.
Jetzt, wo ich weiß, wann ich ausziehen muss, sehe ich das Haus mit anderen Augen.
Ich, Robert und Carol essen vor dem Fernseher Hackfleischauflauf. Draußen regnet es. Robert erzählt mir einen Witz über ein Fahrrad und einen Frauenhintern. Carol tut so, als ob sie fernsieht, schielt aber andauernd zu mir rüber. Jimmy und Verity sitzen am Küchentisch und unterhalten sich. Sie haben es aufgegeben zu sagen, wir sollen uns zu ihnen setzen. Auch mein Zimmer kommt mir anders vor. Da stehen meine Glotze und meine X-Box . Da liegt der neue Läufer, den mir Verity gekauft hat, als |159| Robert Tinte über den Teppich gekippt hat. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich in den Garten. Die Schaukel schwingt sachte hin und her, Regen spritzt von dem leeren Sitzbrett.
Letzten Herbst hat mir Verity einen Zehner gegeben, weil ich fünfhundert Narzissenzwiebeln eingesetzt habe, und die kommen jetzt alle raus. Ich betrachte mein Bett. Wer wohl als Nächster darin schläft? Wer entdeckt dann die Zeichnungen hinter dem Kopfteil? Wie die Reynolds wohl über mich reden, wenn ich weg bin?
Am Mittwoch gehe ich wieder zu Eric und arbeite am Käfig.
Eric sagt, er ist den Vormittag über unterwegs, ich kann aber gern dableiben und weitermachen, solange ich nicht die Bude abfackle. Als er das sagt, sehe ich ihn misstrauisch an und überlege, ob das eine Anspielung auf das
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