Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
entworfen. Sogar ich sehe, dass dieses Kleid - trotz des kostbaren Stoffs und der feinen Stickerei - vollkommen unmodisch ist. Es wirkt wie ein Kostüm aus Disneyland; oder aus einem Fernsehbericht über die Kleider von Prinzessin Diana.
»Tres belle!«, sagt Mme. Marquet, obwohl das Kleid schlecht sitzt. »Sehr hübsch - das ist schon viel passender.«
»Sie finden wirklich, dass es in Ordnung ist?«, frage ich zweifelnd.
»Oui!«, bekräftigt sie. Sie klingt so überzeugt, dass ich schließlich denke, das Kleid sei vielleicht wirklich nicht so schlecht. Es war jedenfalls ganz offensichtlich sehr teuer, der Stoff fühlt sich ziemlich gut auf meiner Haut an. Und natürlich weiß Mme. Marquet viel besser als ich, was man zu so einer Veranstaltung trägt.
»Ma princesse«, sagt sie, als sie aus dem Zimmer geht, um sich fertig zu machen. Dass ich ihr gefalle, gibt mir so ein gutes Gefühl, dass ich mich selbst umarmen könnte.
»Mme. Marquet?«, frage ich. Das wäre ein guter Zeitpunkt, um sie zu bitten, Mme. Cuchon anzurufen. Aber sie ist bereits weg.
Wie sich herausstellt, ist die Tochter der Lafontants, Aimee, gar nicht wirklich in meinem Alter. Sie ist vierzehn und hat mehrere Freunde bei sich. Überall, wo ich hinsehe, sind nur ältere Menschen, Ehepaare in förmlicher Abendgarderobe, oder jüngere, entweder Teenies in Partykleidern und glänzenden Mary Janes aus Lackleder oder ganz kleine Mädchen in Taftkleidchen, die die kleinen Jungs in ihren Shorts und Kniestrümpfen jagen. In meinem Alter ist niemand da.
Sobald wir im Herrenhaus der Lafontants eintreffen, das sogar noch größer ist als das Chateau, kümmert sich Mme. Marquet in bisher noch nie da gewesener Weise um mein Wohlergehen. Stolz stellt sie mich all ihren Freunden vor.
»Oh, lá lá«, sagen die Frauen alle ganz aufgeregt. » Tres, tres belle.«
Glamouröse Menschen, erstklassiges Essen, schöne Lüster, ein echter Ballsaal direkt hier in der Lafontants-Villa - in diesem Ambiente kann ich nicht anders als zu strahlen.
»Na, amüsierst du dich?« Unbemerkt hat sich M. Marguet neben mich gestellt. Er reicht mir ein Glas Champagner. Glücklich nicke ich.
»Oh ja! Es ist so unwirklich. Ich amüsiere mich prächtig.« Ich probiere einen kleinen Schluck Champagner. Sonst mag ich Alkohol eigentlich gar nicht besonders, aber das hier schmeckt himmlisch, gleichzeitig bitter und süß. Die sprudelnde Flüssigkeit rinnt so mühelos meine Kehle hinunter, dass meine Champagnerflöte innerhalb weniger Minuten leer ist.
»Nimm dir noch einen«, sagt M. Marqet und hebt zwei weitere Kelche vom Tablett eines vorbeigehenden Kellners. »Und schau dich hier ruhig ein bisschen um. Es ist herrlich!«
Da winkt eine Frau in einem zweiteiligen perlenbesetzten schwarzen Kleid M. Marquet zu. »Na, dann weiterhin viel Spaß, cherie!«, sagt M. Marquet in einem so leichten Ton, dass ich merke, dass er schon betrunken ist, aber auf eine nette Art. »Ach ja, cherie, eins wollte ich dir noch sagen: Diese Farbe steht dir ganz ausgezeichnet!«
Ich kichere. Ein Rundgang scheint mir wirklich eine gute Idee zu sein. Bestimmt bin ich bald ebenfalls betrunken - ich sollte mich also etwas bewegen.
Bisher war ich erst einmal betrunken, und zwar auf der Verlobungsfeier von Dave und Annabel. Das war, bevor Annabel zu dem Schluss kam, dass sie auch Dave nicht trauen kann. Zwar hätte es so nicht laufen müssen, aber als Annabel wegging, kannte sie noch nicht die ganze Geschichte.
Als ich in dem kleinen Palast herumlaufe, entdecke ich, dass die Lafontants zu den ältesten und etabliertesten Familien der französischen Aristokratie gehören. Überall hängt ihr mittelalterliches Wappen, um stolz zu demonstrieren, wie weit zurück der Stammbaum der Familie reicht. Als ich mich in einen kerzenerleuchteten Gang schleiche, mit alten gewebten Wandteppichen auf der einen Seite und riesigen eisengerahmten Fenstern auf der anderen, habe ich das Gefühl, in ein Märchen geraten zu sein. Dazu passt auch wie das i-Tüpfelchen mein großes, bauschiges blaues Kleid und meine - wenn auch vielleicht etwas unfachmännisch - hochgesteckten Haare. Im Fenster betrachte ich mein eigenes Spiegelbild. Es ist egal, dass das Kleid nicht perfekt sitzt oder dass sich aus meiner unordentlichen Hochsteckfrisur Strähnchen gelöst haben. Ich sehe so aus, als gehörte ich in ein Märchen. Und wenn sie nicht gestorben sind ... Fast glaube ich schon, dass hier in Frankreich alles gut enden wird.
Auch einige
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