Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
Mme. Marquet...« Das ist alles schrecklich schiefgelaufen. Als ich an mir hinunterschaue, sehe ich mit Schrecken, dass vorne durch mein Kleid rotes Blut sickert. Ich muss mir ein Knie aufgeschlagen haben, als ich gegen die Tür geknallt bin. »Oh Gott«, sage ich erstickt.
»Und, Penelope?«, fährt Mme. Marquet fort und hält mich am Unterarm fest. »Denk ja nicht, dass ich nicht von deinen Problemen in den USA weiß. Du bist auf unsere Großzügigkeit angewiesen. Ich weiß alles über die Lügen, die du erzählt hast, die Dinge, die du uns, die du Mme. Cuchon verschwiegen hast.«
Ich blicke sie mit offenem Mund starr an. Panik steigt in mir auf. »Sie wollen, dass ich eine Art Tochter für Sie spiele, damit M. Marquet bei seinen französischen Wählern als Familienmensch dasteht. Was ist mit den Lügen, die Sie erzählen? Den Dingen, die Sie mir verschwiegen haben?«
»Sei still! Halte sofort den Mund, du dumme, unwissende vache«, sagt Mme. Marquet. »Du Flittchen, du Schlampe.« Sie ist betrunken und nuschelt. Schwankend schiebt mich Mme. Marquet zur Haustür raus, vorbei an den Caterern und Bediensteten und Butlern und der langen Schlange von Dienern und Chauffeuren draußen, die darauf warten, dass ihre Fahrgäste herauskommen. »Ich habe dir doch gesagt: Es ist Zeit, dass du nach Hause kommst!«
»Wie können Sie nur so grausam sein?«, frage ich. Ich kann es einfach nicht fassen.
Als unser Chauffeur Mme. Marquet erblickt, fährt er sofort mit dem Auto vor. »Los! Geh schon!«, sagt Mme. Marquet. »Du findest also, ich bin grausam? Du findest, ich bin grausam? Dabei weißt du rein gar nichts über wirkliche Grausamkeit, du Hure. Und jetzt ab mit dir.«
Ich versuche einzusteigen, aber sie lässt mein Kleid einfach nicht los. Als ich sie unsanft abschüttle, zerreißt das Kleid hinten, sodass es lose an mir herunterhängt. Der Chauffeur schaut zur Seite, als er mir die Tür aufhält. Er ist der einzige Zeuge und er würde seine Stelle verlieren, wenn er für mich einträte.
Als wir wegfahren, sehe ich noch, wie Mme. Marquet ein hellblaues Stoffstück fest in den Händen hält und in der Kieszufahrt auf die Knie sackt.
22. ALEX Das richtige Mädchen für ihn
Ich weiß echt nicht, wie Olivia es aushält, dass ihre Eltern im Hilton wohnen. Das ist einfach so stillos und ... amerikanisch. Es ist nicht ihre Schuld, aber manchmal ist Olivia einfach so wahnsinnig unbeholfen.
»Aha, und wo wohnt die werte Madame Caroline in Paris?«, setzt Zack mir entgegen, als wir am Montagnachmittag die Treppenstufen der Ternes-Metro-Station hochsteigen. Wir sind auf dem Weg zum Lycee, aber nur für ein paar Stunden. Mme. Cuchon wollte uns vor den Weihachtsferien noch mal kurz sehen, wahrscheinlich, um uns einen Vortrag darüber zu halten, dass wir uns in der Zeit, in der wir nicht unter ihrer direkten Aufsicht stehen, anständig benehmen und keinen Ärger machen.
Zack weiß, wie aufgeregt ich bin, dass meine Mom endlich zu Besuch kommt. Ich kann es kaum erwarten, sie allen vorzustellen! Seit der Sache mit der Kreditkarte ist sie so distanziert. Sie ist nicht zur Modewoche gekommen und hat mir auch fast keine E-Mails oder SMS mehr geschrieben. Sie muss echt sauer sein! Ich hoffe, dass nun bald alles vergeben und vergessen ist, und sie mir wieder das Kreditlimit gewährt.
»Meine Mom steigt wie immer im de Crillon ab«, antworte ich ihm beschwingt. »Du musst unbedingt mal abends zum Essen vorbeikommen.«
»Das ist nicht dein Ernst«, sagt Zack und pfeift durch die
Zähne. »Am Place de la Concorde? Ihr macht aber auch echt keine halben Sachen, oder?«
»Nein«, sage ich und zünde mir schnell eine Zigarette an, die ich noch auf dem Fußweg zum Lycee rauchen kann. Meine Mom hat jedenfalls keine halbe Sache gemacht, als sie mir die Amex gesperrt hat, so viel steht fest.
Wundersamerweise haben wir vor der Schule nicht nur Zeit zu rauchen, sondern auch noch in unsere Postfächer zu sehen. Das letzte Mal, bevor wir in die Ferien gehen.
»Wie immer nichts«, sagt Zack mit einem Stöhnen, dann zieht er los, um Olivia zu suchen. Ich beiße mir auf die Lippe, als ich sehe, wie er Jay und den anderen Jungs aus dem Weg geht. Die sitzen gerade auf dem Sofa im Computerlabor und warten auf die Zwillinge und ein paar andere Mädchen, die zwanghaft an zu Hause denken und mit wahrer Hingabe ihre Mails und Facebook-Einträge checken. Das habe ich ihm wirklich vermasselt, denke ich zerknirscht.
»Zack!«, rufe ich überrascht.
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