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Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Titel: Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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Paris - was sollte daran seltsam sein?«
    Als Mme. Cuchon den Test austeilt, wird mir zum ersten Mal bewusst, dass ich eigentlich gar nichts über PJs Beziehung zu ihrer Familie weiß. Ich weiß ja nicht mal, ob sie Geschwister hat.
    Merkwürdig. Selbst Alex, die ja gern ein bisschen großtut und sich nicht immer in die Karten blicken lässt, hat uns von den Problemen mit ihrer Mutter erzählt. Und von ihrem Vater, für den sie den Spitznamen »der Unsichtbare« hat. So wenig, wie wir über PJs Leben daheim in Vermont wissen, könnte sie genauso gut eine Waise sein.
    Am Abend treffe ich, wieder mit der Hose von Zara bekleidet, diesmal in Kombination mit einem grauen Rollkragenpullover, meine Eltern in ihrem Hotel, wo wir zur Feier des Tages schön essen wollen. Der Final Comp liegt hinter mir, und ich glaube, jetzt bin ich endlich so weit, ihnen vom »Underground« zu erzählen, wie die Truppe von allen abgekürzt genannt wird.
    In dem dämmrig beleuchteten Restaurant schäme ich mich für all die anderen Amerikaner, die Hamburger und Pommes mit extra viel Ketchup bestellen und mehr Eiswürfel für ihre Wassergläser nachfordem. Auch wenn ich manchmal selbst extra viel Ketchup bestelle.
    »Oh, Liwy«, sagt meine Mom glücklich mit geröteten Wangen. »Du musst das hier alles so toll finden!«
    »Stimmt!«, sage ich munter. »Allerdings.«
    Das ist der perfekte Zeitpunkt, um damit herauszurücken, der perfekte Zeitpunkt, um ihnen erst meine tolle Neuigkeit zu erzählen und danach dazu überzuleiten, dass ich noch länger hierbleiben werde, so lange, wie mich die Tanztruppe haben will. Also nicht nur bis Juni, sondern den ganzen Sommer über, und bis ich zu alt oder zu gebrechlich bin, um noch zu tanzen. So sehr liebe ich Paris! So sehnlichst wünsche ich mir hierzubleiben. Genau das werde ich ihnen jetzt sagen.
    »Es ist so schön, hier bei dir zu sein«, sprudelt es da aus meiner Mom hervor. Innerlich verdrehe ich die Augen, denn wir haben uns seit ihrer Ankunft ja kaum gesehen. Andererseits weiß ich natürlich, wie viel ihr das alles hier bedeutet. Sie kann nur so selten ihren Bedürfnissen und Wünschen nachgeben. Ganz besonders, seit ich nach Paris gegangen bin, denke ich mit aufsteigenden Schuldgefühlen.
    Los, komm schon, sag's, dränge ich mich selbst, ohne
    Vince ins Gesicht schauen zu können. Meine Mom wird zwar enttäuscht sein, ja, aber auch stolz auf mich und meine Tanzkunst. Sie wird es genießen, ihren Freunden und den anderen Eltern in Brians Schule von ihrer talentierten Tochter, der Ballerina in Paris, zu erzählen. Vince dagegen wird es viel härter treffen. Jahrelang wartet er auf seine Freundin, die nie zur UCLA kommt.
    Doch bevor ich etwas sagen kann, bricht meine Mom plötzlich in Tränen aus. Mein Dad schaut verzweifelt zu ihr, dann wieder zu mir. »Wir möchten, dass du glücklich bist -«, setzt er an.
    »Oh, Liwy, mein Baby«, sagt meine Mom und nimmt mich in die Arme.
    »Was ist denn los?«, frage ich mit lauter Stimme und blicke erschrocken zu Brian hinüber. Ist jemand krank? Stimmt irgendetwas mit Brian nicht? Oder mit Mom? Oder mit mir, und ich weiß es nur noch nicht?
    Die Stimme meiner Mom ist brüchig. »Wir möchten, dass du nach Hause kommst.«
    Ich blicke in die Runde, dann wieder zu meiner Mom. »Was?«
    Sie schlägt sich die Hände vors Gesicht. »Liwy, ohne dich ist es einfach so schrecklich. Brian verweigert sich zunehmend, seit du weg bist - seine Lehrer glauben, dass er ohne dich furchtbar deprimiert ist.«
    Ich denke daran, wie glücklich Brian den klebrigen Zitronenzucker von seinem Crepe geleckt hat, als er mit Vince und mir im Jardin de Tuileries herumspaziert ist. »Mir kommt er aber ganz zufrieden vor«, protestiere ich. Im Augenblick summt er und starrt auf seinen Teller hinunter.
    »Ja, weil er hier bei dir ist«, schaltet sich nun plötzlich auch Vince ein.
    »Hör auf, über Brian so zu sprechen, als wäre er nicht da!«, fahre ich Vince an. »Und woher willst du das überhaupt wissen? Du bist doch die meiste Zeit in Los Angeles!«
    »Es stimmt aber«, bekräftigt meine Mom traurig und wischt sich mit der weißen Serviette über das verschmierte Make-up. »Es geht uns nicht gut zu Hause, Schätzchen, so ohne dich.«
    In diesem Moment strömt die ganze Energie aus meinem Körper hinaus, wie bei einem Luftballon, dem die Luft entweicht. Ein bisschen so, wie wenn ich beim Ballett von der Spitze wieder auf den ganzen Fuß trete und nach beendetem Tanztraining aus dem

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