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Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Titel: Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
Autoren: Lucy Silag
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reinkommen?«
    »Was ist denn, Penelope?«, entgegnet sie.
    Ohne groß zu überlegen, setze ich mich auf ihr Bett und betrachte ihr Spiegelbild im Schminktisch. Sie beginnt, sich die grüne Creme mit einem weichen weißen Waschlappen und etwas Gesichtswasser abzunehmen. Sie ist sorgfältig daraufbedacht, dass ja keine Reste auf ihre Kleidung kommen.
    »Ich wollte nur sagen, dass es mir leidtut, dass ich Sie am letzten Wochenende verstimmt habe«, sage ich schnell, ohne sie direkt anzusehen. »Ich wollte Sie nicht verärgern.«
    Mme. Marquet stößt ein bissiges Lachen aus, das unglücklich klingt. »Ha! Du hast mich doch nicht verärgert, Kind. Das könntest du gar nicht.«
    Verwirrt starre ich auf ihren blonden Hinterkopf. »Aber sie waren doch so sauer auf mich. Ich dachte, ich hätte sie gekränkt ...«
    »Penelope, arrete«, unterbricht mich Mme. Marquet. »Du musst dich nicht bei mir einschleimen. Ich habe bereits bei Mme. Cuchon Bescheid gesagt, dass du über die Ferien bei uns bleiben kannst. Schließlich wäre es doch schade, dich jetzt zurückzuschicken - alle würden sich wundern, warum. Nein, nein«, sagt sie mit einem seltsamen Lächeln. »Wir fahren morgen früh in die Dordogne und feiern Weihnachten mit den Lafontants.«
    »Les Lafontants!«, rufe ich aus. »Aber was ist mit...«
    »Das haben wir doch schon alles durch«, sagt Mme. Marquet ungeduldig. »Tout le monde a ses secrets. Jeder hat seine Geheimnisse - auch du, Penelope. Alle. Warum willst du unbedingt schlafende Hunde wecken?«
    »Ich wollte Ihnen nur die Wahrheit sagen«, verteidige ich mich. Mir geht seitdem das groteske Bild nicht mehr aus dem Kopf, wie M. Marquet sich auf Mme. Marquets Freundin bewegt hat. »Ich dachte, Sie sollten das wissen. Schließlich müssen Sie nicht tatenlos daneben stehen ...«
    Blitzschnell dreht sich Mme. Marquet zu mir um und durchbohrt mich fast mit ihren knallblauen Augen. »Möchtest du den Anfang machen, die Wahrheit zu erzählen?«
    Sie geht zu ihrem begehbaren Schrank und reißt die schweren Türen auf, hinter denen sich ihre teure Kleidung verbirgt. »Zum Beispiel hierüber, Penelope! Erzähl die Wahrheit über die Dinge, die du mir gestohlen hast, über das Alex- ander-McQueen-Kleid, das du dir >ausgeliehen< hast. Oder über die Unterwäsche, all die grauenhaften Dinge, die du mir entwendet hast!«
    Abwehrend springe ich auf. »Unterwäsche? Wovon reden Sie?« Dann fällt mir ein, dass ich Alex neulich kurz im Schrank allein gelassen habe, und stöhne innerlich. Ich hätte es mir denken können.
    »Spar dir das für Mme. Cuchon auf«, sagt Mme. Marquet kalt und böse. Ihr Gesicht ist wutverzerrt. Mir fällt auf, dass Mme. Marquet gar nicht jolie-laide ist, wie ich zuerst dachte. Sie ist einfach nur hässlich. »Wenn du wirklich willst, dass alle anfangen, die Wahrheit zu sagen, Penelope, landest du nämlich ganz schnell in ihrem Büro. Und von dort geht es auf direktem Wege zurück in die Vereinigten Staaten! Und ich weiß, dass du kein Zuhause hast, in das du zurückkannst.«
    »Nein!«, rufe ich als Reaktion auf ihre Drohung, aber auch weil sie ihre schwere Silberbürste vom Schminktisch genommen hat und quer durch den Raum wirft. Nur um Haaresbreite verfehlt sie das gerahmte Foto irgendeines lange unter der Erde liegenden Verwandten der Marquets. Mit einem frustrierten Aufschrei nimmt sie ihren Tee und schleudert mir die Porzellantasse entgegen, sodass die heiße braune Flüssigkeit mein weißes Thermo-Shirt vollspritzt. Ich schreie, weil der heiße Tee meinen Bauch verbrüht.
    »Was ist denn hier los?« M. Marquet stürmt, die grauen Haare noch feucht vom Duschen im Klub, in den Raum. »Was machst du mit meiner Frau?«, fragt er mich.
    »Rien!«, verteidige ich mich. »Nichts! Ich habe Ihnen beiden nichts getan, gar nichts! Ich wollte doch nur, dass Sie mich mögen!« Dann renne ich aus ihrem Schlafzimmer.
    Ich schließe mich die ganze Nacht über in meinem Zimmer ein. Sogar als ich höre, wie die Marquets zur Benefizgala aufbrechen, komme ich nicht heraus. Bis spät in die Nacht grüble ich trübsinnig über die Bedeutung von Lügen nach. Meine Eltern hatten ein Geheimnis und das hat meine Familie auseinandergerissen. Annabel war gut darin, Geheimnisse zu bewahren, gut darin, ihre Angst zu verbergen. Selbst Olivia, die ich für so lieb und rein gehalten habe, hat ein Geheimnis. Es ist wohl keiner so unschuldig, wie ich dachte.
    Irgendwie haben die Marquets mein Geheimnis herausgefunden. Das war
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