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Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Titel: Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
Autoren: Lucy Silag
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wahrscheinlich nicht weiter schwer - wenn man weiß, wo man suchen muss. Dabei habe ich mich so bemüht, es vor ihnen geheim zu halten, aus Angst, dass sie mich sonst nach Hause schicken. Aber das ist jetzt gar nicht das Problem. Das Problem ist weit schlimmer. Sie wollen mein Geheimnis als Druckmittel benutzen, um jeden Schritt von mir zu kontrollieren.
    Auf meinem Bauch sieht man einen schuppigen roten Fleck, wo mich der Tee verbrannt hat. Während ich an der Haut herumzupfe, geht mir die Frage im Kopf herum, wie ich das alles wieder einrenken soll. Die Situation bei den Marquets war noch nie ideal, aber jetzt ist sie ein Albtraum.
    Um kurz vor vier Uhr früh klopft es an der Tür. Das weckt mich aus dem leichten Schlaf, in den ich anscheinend irgendwann gefallen bin. Noch immer habe ich das vollgespritzte T-Shirt und meine Jeans an. Ich stehe auf, ziehe mir die Jacke meines Opas über und gehe zur Tür. Dort lehnt M. Marquet in seinem Smoking am Türrahmen.
    »Darf ich?«, fragt er und macht Zeichen, ob er eintreten kann.
    »Oui«, sage ich widerstrebend.
    M. Marquet bedeutet mir, mich neben ihn auf mein Bett zu setzen, was ich auch tue. Mit einem schweren Seufzen lockert er seine Fliege und öffnet den Hemdkragen. »Ah«, sagt er erleichtert. »Gleich viel besser. - Penelope, cherie«, fährt er dann liebevoll fort. »Es war für dich bisher nicht einfach in Frankreich, oder?«
    Ich seufze. »Nein«, gebe ich zu. »Das stimmt.«
    »Aber warum hatten wir so einen schlechten Start?«, fragt er traurig. »Bieten Mme. Marquet und ich dir nicht ein gutes Zuhause? Bist du unzufrieden mit unserem Apartment? Mit dem Chateau?«
    Ich schüttle den Kopf. »Oh nein, das Apartment, das Chateau - das ist alles ganz großartig«, antworte ich wahrheitsgemäß. »Ich bin sehr glücklich, hier zu sein.«
    »Was ist es dann?«, fragt er sanft. »Dich hat aufgewühlt, was du gesehen hast? Hat es dich erschreckt?« Er streicht mir die langen Haare aus den Augen. Es fühlt sich zu intim an, um väterlich zu sein, aber ich will nicht unhöflich erscheinen. Und die Franzosen zeigen ihre Zuneigung nun mal anders.
    M. Marquet spricht jetzt so leise, dass ich ihn fast nicht verstehe. Sein Gesicht ist ganz nah. Beim Sprechen streift sein Atem über meine Wangen und seine ergrauenden Haare kitzeln meine Stirn. Mit den Fingern streicht er mir ganz sanft über die Innenseite des Ellbogens.
    »Meine Frau ist eine Meckerziege«, sagt er, noch immer ganz leise. »Adele trinkt zu viel. Die Hälfte der Zeit bekommt sie sowieso nicht mit, was sie redet. Sie weiß von Mme. Lafontant; du hättest es ihr gar nicht zu sagen brauchen. Und sie weiß auch, was ich für dich empfinde ...«
    »Quoi?«, entgegne ich, nicht sicher, ob ich ihn richtig verstanden habe. Sein Geruch ist so intensiv, dass ich fast keine Luft bekomme. Dass er so nahe bei mir sitzt und spricht und atmet, erdrückt mich fast. Bei seinen Berührungen schüttelt es mich vor Ekel.
    »Oh, Penelope«, haucht er heiser. »Oh, mon dieu ...«
    M. Marquet beugt sich zu mir und leckt ganz zart an meinem Ohrläppchen. Angeekelt verkrampfe ich mich.
    »Was machen Sie denn da?«, frage ich und stoße ihn weg. »Das ist ja widerlich! Sie sind mein Gastvater!«
    Bevor ich jedoch vom Bett aufspringen kann, umfasst er meine Taille mit der rechten Hand, lässt die linke zwischen meine Beine gleiten und versucht, seine Lippen auf meine zu legen.
    »Penelope«, stöhnt er. »Kämpf nicht dagegen an. Lass es einfach zu.«
    Ich nutze seine unbeholfene Betrunkenheit aus und schiebe ihn mit Gewalt von mir weg. Dann laufe ich in einem großen Bogen um ihn herum zur Tür.
    »Raus hier!«, fauche ich. »Sie sind ein widerlicher, alter Mann! Sie sind ja krank!«
    Weil ich ihn aus dem Gleichgewicht gebracht habe, kippt er aufs leere Bett, hat sich aber schnell wieder im Griff.
    Noch ehe ich schreien kann, ist M. Marquet schon aufgesprungen und hält mich fest. Die Hände auf meinem Schlüsselbein, zischt er mir ins Ohr: »Du verstehst es einfach nicht, oder? So läuft das nun mal in Frankreich. Du prüde Amerikanerin.«
    Mit diesen Worten lässt er mich los und schleudert mich so heftig gegen die Wand, dass mir kurzzeitig die Luft wegbleibt.
    »Wenn du zu irgendjemandem auch nur ein Sterbenswörtchen sagst, sitzt du im nächsten Flieger nach Amerika«, sagt er leise, sein Gesicht ganz nahe an meinem. Ich schiebe ihn weg und er stolpert aus der Tür und ins Bad. Ich schlüpfe in meine Converse, die neben dem Bett
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