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Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Titel: Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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redet, besser sehen kann - die Venus von Milo und Nike von Samothrake erlaubt uns Mme. Cuchon, dass wir uns trennen dürfen, um an unseren Projekten zu arbeiten.
    Am Infostand im Foyer erfahren wir, dass wir in den zweiten Stock hoch müssen, in dem der Großteil der zugänglichen Ingres-Sammlung zu sehen ist. Im Labyrinth der Ausstellungsräume nimmt Jay mich an die Hand. Ich ziehe die Augenbrauen hoch, lasse aber nicht los.
    Es gibt einen ganzen Raum voller Ingres-Bilder. Die Wände hier sind pastellgrün angestrichen. Durch die Oberlichter fällt Tageslicht auf die Porträts, was die Farben schimmern lässt. Ich weiß nicht, ob es an dem hellen Licht liegt, aber plötzlich fühle ich mich ganz schwach und klapprig, so als müsste ich meinen Kopf zwischen die Knie nehmen.
    »PJ!«, sagt Jay, hält mich fest und hilft mir zu einer Holzbank in der Mitte des Ausstellungsraums. »Alles in Ordnung?«
    Ich schweige eine Weile. »So, das ist also der Louvre, ja?«
    »Ähm«, sagt Jay mit besorgter Stirnfalte. »Ich suche wohl besser Mme. Cuchon.«
    »Nein, bitte nicht«, sage ich. »Lass uns ... hier nur kurz sitzen. Und die Bilder anschauen.«
    »Okay.« Jay wickelt mir den Schal vom Hals. »Ist dir nicht heiß? Kein Wunder, dass du fast ohnmächtig geworden bist.«
    »Wir sind wirklich da«, sage ich, falte meinen Schal zusammen und lege ihn mir in den Schoß. »Das ist der Louvre. Ich kann irgendwie gar nicht fassen, dass ich wirklich in Paris bin. In echt. Um mich herum sind lauter Gemälde, die Ingres gemalt hat, die da Vinci gemalt hat. Im selben Gebäude, in dem ich mich gerade befinde, hängen auch Rembrandts. Ich hätte nie gedacht, dass ich irgendwann wirklich hier sein würde.«
    Jay nickt. »Ich weiß, was du meinst. Es fühlt sich surreal an, oder?«
    »Ja«, sage ich. Als ich wieder aufstehe, fühle ich mich schon nicht mehr ganz so wacklig. Ich gehe zu einem von Ingres' Akten hinüber, Le Grand Odalisque. Der pfirsichweiche Rücken des Models beschreibt eine exakte Kurve, biegt sich gerade so viel, um seitlich ihre Brust zu enthüllen, ohne dass es dem Bild einen voyeuristischen Anstrich verleiht. »Sie ist wunderschön. Porträts mag ich sowieso am liebsten. Ich betrachte für mein Leben gern den Ausdruck auf den Gesichtern der Personen, die Körperhaltung der Modelle.
    »Bereit, dich an die Arbeit zu machen?«, fragt Jay.
    Ich ziehe meinen Skizzenblock aus dem Rucksack.
    »Auf jeden Fall«, sage ich. Seite an Seite sitzen wir mehrere  Stunden lang auf der Bank und schreiben alles auf, was uns zu Ingres einfällt. Ich fülle meinen halben Block.

    Als ich vom Louvre nach Hause komme, versuche ich, die Wohnung partysicher zu machen, um mich gegen unvorhersehbare Disaster zu wappnen. Das stellt sich allerdings als gar nicht so einfach heraus, angesichts von Marquets' extrem kostspieligen Haushaltswaren und Kunstobjekten. Ich sollte das Ganze absagen. Aber wenn ich aussteige, riskiere ich, dass alle argwöhnisch werden. Und Alex und Zack wären supersauer auf mich. Ich will unsere ersten zarten Freundschaftsbande nicht schon im Keim ersticken.
    Als ich gerade innerlich mit mir selbst debattiere, ob ich die Porzellanvitrinen abschließen oder sie besser leer räumen und das ganze Geschirr sicher unter meinem Bett verwahren soll, klingelt es an der Tür.
    »Zack! Du bist früh dran.« Ich führe ihn ins Apartment. »Wo ist deine bessere Hälfte?«
    »Ach, du meinst Alex?«, fragt Zack, während er staunend das luxuriöse Apartment der Marquets begutachtet. »Alex ist noch bei sich zu Hause und macht sich fertig. Ich habe eine kleine Verschnaufpause von ihr gebraucht, deshalb dachte ich, ich schaue mal, ob du vielleicht Hilfe bei den Vorbereitungen brauchen kannst.« Er pfeift durch die Zähne. »Das ist sensationell hier. Ich hatte ja keine Ahnung. Allerdings ...« Zack marschiert ins Wohnzimmer und dreht sich um die eigene Achse. »Darf ich ein paar Dinge verändern?«, fragt er schließlich. »Also, ich meine, können wir einige Möbel verschieben? Vom redaktionellen Standpunkt her gefallt mir nicht, wie hier mit dem Raum umgegangen wird.«
    Vom redaktionellen Standpunkt her? »Klar«, stimme ich zu.
    Zack öffnet ein Bier und trinkt es in einem Zug aus. »Bier bringt immer meine kreativen Säfte zum Fließen.«
    »Was immer hilft.«
    Als Zack und ich das dunkelrote Samtsofa im französischen Empirestil vor das Fenster schieben, erzählt er mir auch, dass Jay vielleicht erst ein bisschen später

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