Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
brechend voll mit lauter Leuten, von denen ich die meisten noch nie gesehen habe. George und Drew sind auch gekommen, sie spielen im Esszimmer gerade mit Patty und Tina ein Trinkspiel. Bestimmt dauert es nicht lang, bis Alex über sie stolpert.
Ich gehe ins Gästeklo in der Diele, um meine Gedanken zu ordnen. Ich spritze mir kaltes Wasser ins Gesicht, sodass ich mir mein weißes T-Shirt vorne nass mache. Ich trage nie Make-up. Aber heute Abend wünschte ich, ich hätte welches. Meine Augen sind tief in die Höhlen eingesunken. Mir wird bewusst, dass ich den ganzen Tag nichts gegessen habe. Das kann man mir ansehen.
Meine Mom hat mir immer geraten, auf Drei einzuatmen und auf Sechs auszuatmen, und das Ganze zehn Mal hintereinander. Ganz egal, was ist, hinterher fühle man sich auf jeden Fall besser, hat sie behauptet. Ob diese Methode ihr wohl gerade im Moment Erleichterung verschafft? Bei mir funktioniert es jedenfalls nicht so richtig.
Als ich aus der Toilette komme, renne ich geradewegs in eine lange Schlange wartender Partygäste. Die Mädchen schauen mich wütend an, weil ich so lange gebraucht habe.
»Das ist meine Party«, fahre ich sie an. »Und mein Haus. Ich kann so lange brauchen, wie ich will.«
»Ärztliche Verordnung!«, höre ich Olivias Gastbruder über die dynamische Musik der Pop-Punk-Platte hinweg sagen, die einer seiner Freunde auf dem alten Plattenspieler der Marquets aufgelegt hat. »Ich muss dich überall hintragen, egal, wohin du willst!«
Ich gehe ins Wohnzimmer zurück und entdecke Thomas, der seine Cordjacke beiseitegeworfen hat und Olivia huckepack im Wohnzimmer herumträgt. Das Porträt über dem Kaminsims starrt mit größtem Missfallen auf das Partytreiben.
»Lass uns mehr Bier holen!«, ruft sie strahlend. »Trag mich zum Kühlschrank!«
»Nein, Olivia!«, rufe ich, als ich erahne, was gleich passieren wird.
Olivia streift mit dem ausgestreckten Fuß die riesengroße antike Vase auf dem Beistelltischchen, das Zack und ich aus Sicherheitsgründen extra weggeschoben haben, sodass diese umkippt und sich die Scherben auf dem ganzen Marmorboden verteilen.
»Oh nein, das gibt's nicht. Das war doch nicht etwa eine Ming-Vase, oder?«, sagt Alex entsetzt und auf ihrem Gesicht zeigt sich ausnahmsweise mal ein schockierter Ausdruck, der der Situation angemessen ist. »Oh Gott, PJ.«
Total betrunken purzeln Thomas und Olivia zu Boden, beide sind kaum zu einem klaren Gedanken fähig. »Olivia!«, schreie ich. »Sieh nur, was du angerichtet hast!«
»Oh, PJ«, lallt Olivia leise. »Es tut mir so leid ... Ich habe mich von Thomas tragen lassen, weil mein Fuß so wehgetan hat... Hast du mich nicht getragen, Thomas?« Sie kichert, zieht sich auf die Knie und krabbelt hysterisch lachend zu Thomas. Er streckt die Arme nach ihr aus und zieht sie auf sich drauf.
Und was ist mit Vince?, frage ich mich kurz, als ich die Einzelstücke der Vase in einer Papiertüte sammle und in die Küche bringe.
In dem ganzen Irrsinn muss irgendwann Jay gekommen sein. Er folgt mir besorgt in die Küche.
»Ich habe jetzt keine Zeit, mich zu unterhalten«, sage ich, ohne ihn anzusehen. »Olivia und so ein Typ von der Uni haben gerade diese Vase kaputt gemacht. Alex glaubt, dass sie total teuer ist.«
»Ja, ich weiß schon«, sagt er. »Ich dachte nur, ich könnte dir vielleicht beim Saubermachen helfen ...«
»Ich bin so dumm«, sage ich bitter und lege die größeren Scherben der zerbrochenen Vase nebeneinander auf den Küchentisch. »Ich dachte, ich könnte die Vase vielleicht wieder zusammensetzen, aber das ist hoffnungslos. Ich habe es schon immer gehasst, Puzzle zusammenzusetzen.«
»Also, ich mag Puzzle eigentlich ganz gern«, bemerkt Jay und betrachtet die Stücke. »Aber sie sind natürlich nicht alle gleich befriedigend.«
Jay nimmt mir die Kehrschaufel aus der Hand und hält sie für mich, damit ich die kleineren Scherben in den Küchenabfall fegen kann.
»Hör mal, PJ«, sagt Jay freundlich. »Nur weil du die Vase kaputt gemacht hast, heißt das nicht, dass du eine Party gegeben hast. Du könntest es sogar... du könntest es der Hausangestellten in die Schuhe schieben. Bei so einem Apartment gibt es sicher eine Haushälterin, hab ich recht?«
»Was?«, bringe ich erstickt hervor. »Das ist nicht dein Ernst, oder? Für wen hältst du mich?«
Jay lacht leise in sich hinein. Nicht zum ersten Mal fällt mir auf, was er für ein nettes Lächeln hat. »Meine Mom arbeitet als Putzfrau. Du solltest mal
Weitere Kostenlose Bücher