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Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Titel: Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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sich nächstes Jahr bei Modeschulen. Wir sind hergekommen, um Anregungen für ihr Portfolio zu kriegen. Was holst du dir denn da?« Sara-Louise verschwindet fast in der großen Tüte mit den Stiefeln, die ich in der Hand halte. »Sind das nicht die Stiefel, die du letzte Woche in der Schule getragen hast?«, fragt sie. »Gibst du sie zurück? Und tauscht sie gegen dieses Kleid um?« Sie hält das Kleid hoch, damit sie es besser begutachten kann. »Oh, Alex, aber die beiden Sachen würden so gut zusammenpassen. Bring die Stiefel nicht zurück - kauf nur das Kleid und trag sie dann zusammen!«
    Mary und Anouk nicken zustimmend.
    »Pssst!« Nervös sehe ich zur Verkäuferin hinüber, vor der sich langsam eine kleine Schlange bildet. »Nein!«, sage ich und reiße mich abrupt von ihnen los. »Ich muss diese Stiefel zurückgeben. Ich brauche keine Stiefel mehr.« Ich strecke mein eines Bein aus, um ihnen die Reitstiefel von French Connection zu zeigen, die ich anhabe. »Seht ihr?«
    Zum Glück ist die Verkäuferin zu sehr im Stress, um sich wegen der bereits getragenen Stiefel herumzustreiten. Kurzzeitig bringt sie mich völlig aus dem Konzept, als sie etwas auf Französisch sagt, das ich nicht verstehe. Aus Angst, herauszufinden, was sie von mir wollte, und weil ich auch nicht in der Verfassung bin, zuzugeben, dass ich es nicht verstanden habe, lächle ich nur und nicke. Aber was immer es auch war, sie wickelt die Transaktion schnell ab und scheucht mich in eine Umkleide, als ich schon dabei bin, mitten im Laden aus meiner Jeans zu schlüpfen, um das Kleid über mein dünnes graues langärmeliges C+C-California-T-Shirt überzustreifen, die Strumpfhose und am Schluss auch meine Stiefel wieder anzuziehen. Sebastiens Sweatshirt, das ich mit offenem Reißverschluss über dem Kleid trage, verleiht mir den niedlichen zerzaust-verstrubbelten Look eines Abercrombie-Models. Meine Mom würde das »high-low« nennen, der Terminus der Modefans für die Art und Weise, wie Französinnen Haute Couture zusammen mit heruntergesetzter Kleidung von der Stange tragen. Der Stil ist gar nicht so einfach zu beherrschen.
    Um genau 17.03 Uhr steige ich aus dem Taxi, das ich mir geleistet habe, damit ich schneller bin (wodurch ich die zwanzig Euro ausgegeben habe, die ich eigentlich bräuchte, um für den Rest der Woche meinen Zigaretten- und Kaffeekonsum zu finanzieren) und rase zum Champs de Mars, während der Eiffelturm hoch über meinem Kopf aufragt.
    Das Karussell steht ein ganzes Stück weiter hinten im Park, der sich vom Tour Eiffel bis zur Ecole Militaire erstreckt, als ich es in Erinnerung habe. Während ich die sandigen Wege entlangrenne, die die Grünanlage im Stil des achtzehnten  Jahrhunderts gliedern, schlucke ich schwer und erinnere mich an die Zeiten, als ich als kleines Kind hier war, so klein, dass ich sogar das Gefühl habe, mal mit meinem Dad hier gewesen zu sein, von dem ich immer so tue, als hätte ich keinerlei Erinnerung an ihn. Ausgerechnet das Karussell... warum nur habe ich das Karussell für ein Rendezvous mit George gewählt? Hier bin ich nicht mehr gewesen, seit ich ein zweisprachig aufwachsendes Kleinkind mit Zöpfchen in einem rosa Sonntagskleidchen war, umringt von bewundernden französischen Großeltern, Tanten und Onkeln. Die ganze Flirtlaune und Wiedersehensfreude ist plötzlich dahin - ich fühle mich wieder wie ein kleines schüchternes Mädchen.
    »Al«, dringt da Georges tiefe, bedächtige Stimme von einer schattigen Bank in der Nähe des Karussells zu mir. »Du bist zu spät.«
    Ich schnelle herum.
    »Hey«, sage ich und beiße mir auf die Lippe. Ich hatte gewollt, dass er mich anders sieht - nicht so erschöpft, nicht so abgehetzt.
    George klopft mit der Hand neben sich. Im schwindenden Abendlicht kann ich sehen, dass er in einem dunkelblauen Dufflecoat mit Kapuze und einer grauen Mütze mit Krempe über den dunklen Augen eingemummelt ist. Sein fachmännisch gebundener gerippter Schal lässt ihn ziemlich französisch wirken.
    Er sieht einfach wahnsinnig gut aus. Ich kann mich fast nicht neben ihn setzen, aus Angst, dass ich diesen perfekten Augenblick, in dem er mich will, ruiniere. Vorsichtig trete ich einen Schritt nach vome und mustere ihn, er wiederum mustert mich.
    »Ich beiße schon nicht«, versichert mir George. »Na ja, jedenfalls nicht fest.«
    Noch immer nervös und angespannt, stehe ich vor ihm.
    »Versprichst du's?«, frage ich. »Ich komme nicht näher, ehe du es nicht versprichst.«
    »Na

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