Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
kommt.
»Aber er kommt auf jeden Fall«, versichert mir Zack, obwohl ich überhaupt gar nicht beunruhigt war. Ehrlich, im Augenblick wäre jeder Gast weniger für mich eine Erleichterung.
»Oh, PJ«, sagt Zack, als er auf die Porträts über dem Kamin aufmerksam wird. »Ich weiß ja, dass die französischen Adligen ihre Vorfahren lieben und so, aber dieser Mann da ist schlicht und einfach abstoßend. Können wir ihn für die Party abdecken? Oder noch besser: ihn irgendwo hinbringen, wo man ihn nicht sieht?«
»Fass das Porträt ja nicht an, Zack«, sage ich warnend. Mme. Marquet geht mit dem Bild so um, als wäre es ein verlorenes Relikt der Arche Noah, sie betrachtet es immer mit einer fast schon religiösen Ehrfurcht. Sie wischt sogar eigenhändig Staub, weil sie Angst hat, dass Sonia vielleicht irgendetwas kaputt macht. »Egal, was du tust, aber halte dich von diesem Porträt fern.«
»Ist ja gut, ist ja gut, der alte Knacker kann bleiben«, sagt Zack und dreht sich vom Kamin weg. Mir entgeht nicht, dass er bereits sein zweites Bier in der Hand hält. »Wie findest du eigentlich Jay? Interessiert mich.«
»Jay?«, sage ich. »Wir arbeiten zusammen am Louvre-Pro- jekt, aber ansonsten kenne ich ihn eigentlich gar nicht. Er wirkt ziemlich nett.« Ich wende mich von den gerahmten Fotos ab, die ich gerade in die Kommode lege, und sehe Zack direkt an. »Wamm fragst du?«
Zack wird rot und sieht so aus, als hätte ich ihn bei irgendetwas ertappt. »Ach, nur so«, sagt er schnell, aber er kann ein kleines Lächeln nicht verbergen. »Ich geh mal in die Küche und sehe da nach dem Rechten.«
Hat Zack mitbekommen, wie Jay heute im Louvre meine Hand genommen hat? Waren er und Alex vielleicht gerade in dem Ingres-Raum, als ich fast ohnmächtig geworden wäre und Jay mir den Schal abgenommen hat?
Irgendwie ist das Ganze seltsam - nicht nur, dass Zack die gesamten Möbel im Wohnzimmer verschoben hat, »um einen besseren Flow zu schaffen« (Zacks Worte, nicht meine), sondern dass er überhaupt hier ist. Seit wann braucht er eine kleine »Verschnaufpause« von der glamourösen Alex? Wer's glaubt, wird selig.
Kann es sein, dass Zack versucht, mich mit Jay zu verkuppeln?, denke ich, als es an der Tür klingelt. In meinen Ohren hat die Glocke einen unheilvollen Klang.
»PJ! Da kommen Gäste!«, ruft Zack aus der Diele und schiebt Olivia auf mich zu. Sie ist von einer Gruppe älterer Jugendlicher umringt, die ich noch nie gesehen habe.
»Liwy!« Es sieht Olivia gar nicht ähnlich, Gäste mitzubringen, ohne mich zu fragen, vor allem, da ich ja noch gestern Abend mit ihr am Telefon über die Party geredet habe. Sie beugt sich mit einer entschuldigenden Miene zu mir, um mich zu umarmen.
»Thomas ist mein Gastbruder«, erklärt sie und deutet in Richtung eines großen dünnen Jungen mit Cordblazer. »Das sind seine Freunde, Kommilitonen aus der Sorbonne. Tut mir leid, dass ich es dir nicht erzählt habe! Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«
Alle diese Freunde fassen mich an, um mir einen bise zu geben - den vertrauten französischen Kuss auf die Wange -, ohne sich aber wirklich meinen Namen merken zu können. Olivia kichert. »Wir haben schon ein bisschen was getrunken, ehe wir hergekommen sind.«
»Wirklich?«, frage ich überrascht. Olivia ist eine solche Gesundheitsfanatikerin, dass sie normalerweise keinen Tropfen anrührt. Heute Abend öffnet sie aber gleich das erste Bier, sogar noch ehe sie ihre Jacke ausgezogen hat.
»Na ja, ich hatte nur einen Drink. Ich bin innerlich so unruhig, weil ich die ganze Zeit bloß zu Hause sitze und darauf warte, dass mein Knöchel heilt«, klagt sie. »Stimmt's nicht, Thomas?«
»Oui, oui, mademoiselle«, sagt Thomas im'Scherzton. »Der Arzt hat Kir Royale verschrieben. Also soll die Mademoiselle das auch haben!«
Olivia findet Thomas' Witz und Verstand offenbar absolut einmalig. »Thomas ist nämlich Medizinstudent. Verstehst du?«
»M-hm, ja«, sage ich.
»Hey.« Olivia beugt sich näher zu mir und flüstert: »Bevor ich es vergesse - meine Gastmutter hat heute über deine Gasteltem gesprochen! Mit ein paar Freunden, die zum Tee bei ihr waren.«
»Ach echt?«, frage ich und werde ein bisschen blass bei der Erwähnung der Marquets.
»Alle Frauen finden M. Marquet total gut aussehend«, lacht sie. »Du hättest sie mal hören sollen - sie haben sich gar nicht eingekriegt!«
Ich rümpfe die Nase. M. Marquet ist ein alter Mann, über fünfzig. »Jedenfalls war er früher als
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