Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
Fenster auf den winzigen, 10-Cent-Stück großen Mond und warte darauf, dass der Schlaf mich übermannt.
Kaum dass ich am darauffolgenden Morgen aufwache, ist Jay schon wieder auf den Beinen und macht sich sofort auf die Suche nach PJ. Zack und ich schlafen beide im Ehebett im Schlafzimmer. Jay hat das kleinere Gästezimmer genommen. Noch ehe ich überhaupt aus dem Bett raus bin, höre ich, wie Jay die Wohnung verlässt. Ich drehe mich um und schaue Zack an, der trotz des Krachs in der Wohnung unter uns weitergeschlafen hat.
Zack sieht so gut aus. Er gehört zu der Sorte Jungs, die man als hübsch bezeichnen könnte, vor allem dann, wenn man herausgefunden hat, dass sie schwul sind. Er ändert mit Vorliebe immer wieder seine Frisur - als ich ihn im September zum ersten Mal gesehen habe, waren seine Haare noch lang wie in den Siebzigern. Jetzt trägt er sie kürzer, aber vorne noch immer ziemlich lang. Seine Brille mit der dunklen Fassung liegt ordentlich zusammengeklappt neben ihm auf dem Nachttischchen, ohne sie sieht er viel jünger aus, noch jungenhafter als sonst. Plötzlich fühle ich mich von ihm angezogen und ich habe den unwiderstehlichen Drang, ihn zu umarmen, auch wenn mir klar ist, dass er dann aufwacht.
»Ugh, Alex, nicht«, murmelt Zack schläfrig. »Geh weg!« Er versucht, sich wegzurollen, aber das lasse ich nicht zu.
»Komm schon, Zack«, bettle ich. »Ich kann eine Umarmung gebrauchen.«
Zack reibt sich die Augen und greift nach seiner Brille. »Was ist denn los?«
Ich setze mich auf und ziehe mir die weiße Decke bis zum Kinn hoch. »Ich weiß nicht genau.«
Auch Zack richtet sich jetzt auf. Seine Haare sind wild zerzaust und durcheinander. »Möchtest du reden?«
Darüber denke ich kurz nach. Was soll ich sagen? Wo beginnen?
»Alex, was ist los?«, hakt Zack nach. »Wir haben noch immer nicht darüber gesprochen, warum du am ersten Weihnachtsmorgen so schlampig rumgelaufen bist. Das ist überhaupt nicht deine Art. Ist irgendwas mit deiner Gastfamilie?«
Ich merke, dass er eigentlich schon weiß, dass zwischen meiner Gastfamilie, den Pomeroys, und mir nichts vorgefallen ist. Meine Gasteltern Marithe und Alain registrieren ja kaum, was ich in Paris so mache. Sie meinen es zwar gut, aber sie sind, na ja, wie nicht vorhanden. Zack weiß auch, wie ich über sie denke, weil seine Gastfamilie ganz genauso ist, mit dem einzigen Unterschied, dass er auch noch eine Gastschwester hat. Mal abgesehen davon, dass mich in regelmäßigen Abständen mein kleiner zehnjähriger Gastbruder Sebastien und seine Schmuddelfreunde total annerven, sind sie mir ansonsten eher schnuppe.
»Nein«, sage ich.
»Hast du Probleme mit deiner Mom?«, fragt Zack. »Wie kommt es, dass sie zu Weihnachten nicht in Paris war?«
»Sie hatte andere Pläne«, sage ich mit steinerner Miene.
»Was ist mit der Prüfung? Bist du beim Final Comp gut durchgekommen?«
Ich verdrehe die Augen. »Natürlich.« Keine Ahnung, warum ich nicht fertigbringe, es ihm zu sagen. Ich will nicht, dass er mich für eine Versagerin hält, glaube ich.
»Und George? Hattest du Gelegenheit, dich vor den Ferien von ihm zu verabschieden?«
Ich weiß nicht, was ich darauf sagen soll.
»Ist es das, was dich belastet, Alex?« Zack spürt, dass er auf der richtigen Fährte ist.
Ich bette meinen Kopf in Zacks Schoß. Er duftet nach Waschmittel. Seine Kleider, selbst die, in denen er schläft, sind immer frisch gewaschen und gebügelt. Das hat etwas wahnsinnig Tröstliches.
Nach ein paar Minuten, während Zack gespannt auf meine Antwort wartet und meine eigenen Gedanken, die Zack, offen gestanden, nichts angehen, von diesen deprimierenden Themen wegdriften, beschließe ich, aufzustehen. Warum mit etwas aufhalten, das eben nicht hat sollen sein? Ich spüre einen leichten Stich im Herzen. Aber all die üblen Details ans Licht zu holen, würde die ganze Sache nur verschlimmern.
»Ich geh mal unter die Dusche, Schätzchen. Dann können wir ja frühstücken.«
Auf Jays Zettel, der auf dem Küchentisch liegt, steht lediglich, dass er sich auf die Suche gemacht hat und abends zurück ist. Zack glaubt, dass wir uns beide inzwischen am besten mal im Ingres-Museum umsehen, also begeben wir uns nach dem Frühstück dorthin.
Bei dem Ingres-Museum handelt es sich um eine kleine Sammlung in einer wunder-, wunderschönen Villa mit Blick über das Ufer der Garonne. Die Gemälde sind himmlisch! Ich wünschte, ich könnte mir eins kaufen.
Aber oh, stimmt ja ... ich
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