Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
das immer zum Vorschein kommt, wenn sie sich vorbeugt. Die Jungen im Lycée waren ganz verrückt nach ihr. Bei jeder Bewegung verfolgten sie sie mit ihren Blicken. Mich hat es echt verrückt gemacht, wie verrückt sie nach ihr waren. Und jetzt macht es mich ganz verrückt, an all die schrägen alten Freaks da draußen zu denken, die sie sehen und am liebsten vernaschen würden. Schon seltsam, was ich plötzlich PJ gegenüber empfinde, jetzt da sie nicht mehr da ist - ja, was eigentlich? Eine Art Beschützerinstinkt vielleicht? Die Welt kann ein schrecklicher Ort sein und die meisten Männer sind Wichser. Das weiß ich aus eigener leidvoller Erfahrung.
Leise schlüpfe ich unter der Bettdecke hervor, die ich mir mit Zack teile, und wühle in der Küche herum, bis ich eine Blechdose mit Illy-Kaffeebohnen finde. Auf der Küchenablage steht ganz hinten in der Ecke unter den Geschirrschränken eine Espressomaschine. Eine Zeit lang fummle ich daran herum. Es kann doch nicht so schwer sein, Kaffee zu machen!
»Na, Probleme?« Jays tiefe Stimme klingt in der stillen Wohnung ultralaut. Vor Schreck mache ich einen Satz in die
Luft, dabei fliegt eine Verschlusskappe mit nassem Espressosatz auf mein Oberteil und hinterlässt einen großen, feuchten Fleck.
»Oh Gott, Jay, hast du mich erschreckt!« Ich betaste die braune Soße, die ich mir über die Brust gegossen habe. »Weißt du, wie man diese Dinger benutzt?« Ich deute auf die Espressomaschine.
Jay schüttelt seinen kahl geschorenen Kopf. Er hat kein T-Shirt an, nur kurze Jogginghosen, die tief auf dem Bund seiner karierten Boxer-Shorts sitzen. Seine Brust ist fast gänzlich unbehaart und seine Haut hat einen natürlichen Braunton, auch wenn ich einen T-Shirt-Abdruck auf seinen beeindruckenden Oberarmen sehen kann, wo wahrscheinlich sein Fußballtrikot endet. Was hat dieser Typ nur für Arme? Die sind echt unglaublich.
»Hat dein Vater denn keine normale Kaffeemaschine?«, fragt er verschlafen.
»Ähm«, sage ich. Ich fühle mich ein kleines bisschen underdressed. Meine kurze Schlafanzughose ist eher eine etwas längere Unterhose als eine Shorts, und durch die Spitze am Saum sieht sie aus wie ein Dessousstück. Außerdem trage ich keinen BH und mein Oberteil ist halb durchnässt! Tja, das muss wohl Jays Glückstag sein - wenn er nur kurz mal aufhören würde, sich um PJ zu sorgen, um es überhaupt zu bemerken.
»Ich wette, er hat eine.« Jay schaut sich um und findet schließlich wirklich eine über der Spüle.
»Es ist keine Milch da«, informiere ich ihn. Auch wenn ich meinen Freunden versprochen habe, dass der Kühlschrank meines Vaters gut gefüllt wäre, wusste ich schon, dass das nicht stimmen würde, und ich habe recht behalten. Er isst nie zu Hause, sondern nur in 5-Sterne-Restaurants.
»Schon okay«, antwortet Jay. »Habt ihr Zucker?«
Mitten auf dem Holztisch in der Küche steht eine Zuckerdose, und wir füllen unsere Kaffeetassen großzügig mit den rohen Kristallen.
»Tut mir leid wegen der Milch«, entschuldige ich mich, um überhaupt irgendetwas zu sagen. Ich streiche mir die Haare aus den Augen und betrachte Jays nackten Rücken, als er durch die Küche läuft. Er geht mit seinem Kaffee zur Couch.
Irgendwie habe ich noch nie bemerkt, wie heiß Kaffeetrinken sein kann. Ich folge ihm und setze mich ebenfalls aufs Sofa.
»Schon okay«, wiederholt er. »Schwarz mag ich meinen Kaffee sowieso am liebsten.«
»Ach ja?« Ich sehe ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich mag meinen gern mit viel Milch.«
»Ja, hab ich mir schon gedacht.«
Ich kneife ihn in den Bizeps. »Hey!«
Schweigend trinken wir unseren Kaffee. Nur eine kleine Lampe über uns erhellt die Dunkelheit kurz vor Sonnenaufgang. In dieser Jahreszeit geht die Sonne spät auf. Ganz Montauban schläft noch.
»Was hast du damit eigentlich gemeint? >Hab ich mir schon gedacht<«, frage ich Jay.
Jay lacht. »Ha. Nichts. Ich nehm dich eben gern mal ein bisschen hoch.«
»Oh«, entgegne ich. »Na ja, mir würden ungefähr zweihundert bessere Themen einfallen, über die man sich bei mir lustig machen kann, als über die Art, wie ich meinen Kaffee mag.«
»Oh Mann«, stöhnt Jay. »Sag das nicht.«
Jetzt muss ich kichern. »Wieso nicht?«
Jay grinst, dass sich kleine Fältchen in den Winkeln seiner braunen Augen bilden. »Ich werde den Teufel tun und dir die Oberhand lassen. Mädchen wie du, oh Mann. Sie klimpern einfach mit den Wimpern und schleichen sich in dein Herz, und dann: bäng!
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