Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
Schon macht man den Ölwechsel für sie, passt auf den kleinen Bruder auf, während sie shoppen gehen, und fährt sie zum Abschlussball mit irgendeinem blöden älteren Typen.«
Ha! Gerade wenn man denkt, Jay ist ein humorloser, liebeskranker, doof-treuherziger Typ, kommt seine sarkastische Seite zum Vorschein. Wenn er mich aufzieht, fühle ich mich schön - begehrenswert.
Ich fange einen Dufthauch seines moschusartigen Deos auf und bekomme eine Gänsehaut. Einen Augenblick lang stelle ich mir vor, Zack wäre nicht da. Was wohl passieren würde, wenn ich näher an Jay rücken und ihn auf seine noch unrasierte Wange küssen würde? Würde er mir seinen muskulösen Arm um die Schulter legen und mich halten und PJ vergessen? Würde er mich auch weiterhin so sexy necken, wenn er mit mir dann in sein Zimmer hochgehen würde?
Wie es wohl wäre, einen Freund wie Jay zu haben - klug, vernünftig und stark und dazu noch lustig, sanft und geerdet? Jay ist der Typ, der jahrelang dein bester Freund ist, aber eines Tages merkt man plötzlich, dass er echt sexy ist. Dass er mit freiem Oberkörper rumläuft, schadet da natürlich nicht gerade.
Jay trinkt den letzten Rest seines Kaffees aus. »So, chica. Ich mach mich dann mal auf den Weg.«
»Wo gehst du denn den ganzen Tag immer so hin?« Das habe ich mich wirklich schon gefragt. Jay lässt Zack und mich immer allein, um PJ zu finden, und geht ganz in seiner eigenen Mission auf. Nie verrät er, was er entdeckt oder auch nicht entdeckt hat, wenn er den ganzen Tag alleine herumstreift. Montauban ist keine allzu große Stadt. Manchmal frage ich mich schon, ob er vielleicht nur an einer speziellen Stelle wartet und hofft, dass PJ dort eines Tages vorbeikommt. Deshalb habe ich bisher nicht gefragt; dieses Bild ist einfach zu traurig und armselig. Ich möchte nicht, dass es stimmt.
»Ich suche mein Mädchen«, antwortet Jay schulterzuckend. Dabei liegt eine Aufrichtigkeit in seinem Blick, die mich fast an meinem Kaffee verschlucken lässt.
Sein Mädchen. Ich schaue auf meinen Kaffeesatz hinunter. Sein Mädchen ist abgehauen. Sein Mädchen würdigt ihn nicht so, wie sie sollte. Sosehr ich die gute PJ auch mag, kann ich nicht umhin, zu denken, dass das nicht richtig ist. Es ist nicht fair. Schließlich war es ihre freie Entscheidung abzuhauen. Ich dagegen habe mich dafür entschieden, hier zu sein.
Jay geht nach oben, um zu duschen. Ich bringe die Tassen in die Küche zurück und stelle sie grübelnd in die Spüle.
Ich möchte sein Mädchen sein.
Ich muss sein Mädchen sein.
Der Freund der besten Freundin. Der Typ zum Pferdestehlen, dem man bedingungslos vertrauen kann, weil er bereits alles über einen weiß und einen trotzdem mag. So wie Zack ... aber eben hetero. Man hilft ihm aus der Klemme, sorgt dafür, dass er sich nicht mehr vorstellen kann, ohne einen auszukommen - und voilà!
Er verliebt sich bis über beide Ohren in dich und in niemand anderen.
8 • ZACK
Countdown
Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich Alex' Geträllere unter der Dusche nervig oder lustig finden soll. Einerseits war ich noch nie der Typ, der eine emotional geladene Interpretation von »Total Eclipse of the Heart« unterbinden würde. Andererseits klingt Alex wie eine Katze, die man gerade am Sonntag zum Mittagessen grillt.
Ich klopfe an die Tür und brülle: »Still, kleiner Vogel! Du weckst sonst noch die ganze Nachbarschaft auf.«
»We'd only be making it right...«, singt sie. Warum ist sie nur so gut gelaunt?
Pierson hat mir eine SMS geschickt, als er gestern Nacht unterwegs war:
Musst herkommen. Absolut megacool.
Hannes und ich sind auf der Piste. Überall heiße Typen. Los, spring in den nächsten Zug!
Bestimmt schläfst du. Looooooooser. Bis später.
Gegen Mittag stürmt Jay ins Wohnzimmer von Alex' Vater. Alex ist noch immer oben und zieht sich an. Ich räume gerade die Küche auf - aus irgendeinem Grund liegt überall stinkender Espressosatz herum. Ich habe nicht erwartet, Jay heute überhaupt irgendwann zu sehen. In den letzten Tagen bin ich ihm lieber aus dem Weg gegangen - habe ihn ungestört aufstehen und gehen lassen. Es fällt mir zwar schwer, aber es tut mir gut, wenn ich ihn nicht dauernd sehe.
Trotzdem passiert es noch immer: Wenn er den Raum betritt, lasse ich sofort alles stehen und liegen. Wie ein Magnet zieht er meine ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich.
»Mann, das wirst du nicht glauben!«
»Was denn?« Ich lege den Schwamm hin, den ich gerade benutzt habe, und
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