Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe
der Welt wirklich in ihr vorgeht.
»Wer weiß, ob sie sich versteckt oder ob sie wirklich rausgeht. Aber Toulouse ist nur eine Stunde entfernt, und in einigen Artikeln, die ich in der Bibliothek gelesen habe, stand, dass Toulouse eine echt junge, hippe Stadt ist - wo sich schon seit Jahrhunderten gern Künstler aufhalten. Also ein Ort, der PJ anziehen könnte«, sagt Jay. »Ihr habt recht. Warum fahren wir nicht gleich heute Abend?«
Alex strahlt. »Super! Ich kann's kaum erwarten!«
Ich schaue wieder zu Jay und erwarte, dass ihn Alex' Fröhlichkeit abstößt.
Aber er strahlt zurück.
Alex nimmt mich an der Hand und zieht mich nach oben ins Badezimmer hinauf.
»Der heutige Abend wird sagenhaft! Gott sei Dank haben wir jetzt bessere Silvesterpläne«, sagt Alex. Sie schminkt das zweite Auge mit Kajal. »Oh mein Gott, Zack! Ich muss unbedingt noch irgendwas zum Anziehen finden. Hilfst du mir dabei? Was willst du denn anziehen?«
Ich klappe den Klodeckel zu und setze mich darauf.
»Wie kommt es eigentlich, dass du so heiß darauf bist, nach Toulouse zu kommen? Ich meine, es ist bestimmt eine lohnenswerte Stadt, aber ich glaube, es besteht nicht viel Aussicht auf Erfolg«, sage ich zu ihr. »Oder?«
»Na ja, aber wir haben auch nichts Besseres zu tun«, entgegnet Alex.
»Ich weiß. Aber schließlich ist es nicht so, als könnten wir heute Abend wirklich Party machen. Jay ist völlig durch den Wind, und ich ... mir ist auch nicht gerade nach feiern zumute.«
Wenn ich mein Leben doch um eine Woche zurückdrehen könnte, als ich mir noch eingebildet habe, Jay würde meine Zuneigung vielleicht erwidern. Von ihm loszukommen, ist deutlich schwieriger als erwartet. Unwillkürlich frage ich mich, ob er mein Geständnis bereits komplett vergessen hat. Ich hoffe es. Aber dann ... auch wieder nicht.
»Zack.« Alex legt ihren Kajal beiseite und dreht sich zu mir um. »Genau weil ihr beide so down seid, möchte ich ja nach Toulouse. Jay braucht Ablenkung, und du, Süßer - du kannst doch so nicht weitermachen. Du läufst hier die ganze Zeit mit Leidensmiene herum und wartest darauf, dass die Tür aufgeht und Jay dich umarmt und dir sagt, dass er deinetwegen schwul geworden ist. Aber ich glaube, da wirst du lange warten müssen. Willst du dich nicht schick machen und heute Abend mal so richtig die Sau rauslassen?«
Kichernd schnappe ich mir ihren Kajal und schmiere mir ein bisschen was davon um die Augen - was ich bisher noch nie gemacht habe. »Wir werden also nicht die ganze Nacht damit verbringen, nach PJ Ausschau zu halten?« Plötzlich überkommen mich Gewissensbisse, aber wir kennen beide die Wahrheit. Die Chance, dass wir ihr zufällig über den Weg laufen - in der viertgrößten Stadt Frankreichs - ist gering bis nicht vorhanden. Und wir sind noch immer nicht ganz sicher, ob sie unsere Hilfe überhaupt möchte oder braucht. Ich fühle mich ganz schlecht, dass ich Jays Beweggründe für seine Suche so anzweifle. Aber ich frage mich schon, ob seine Besorgnis nicht doch etwas übertrieben ist.
»Ha!«, sagt Alex. »Nein, tun wir nicht. Aber sag das ja nicht Jay. Durch diesen Plan schöpft er gerade so viel Hoffnung.«
Weißt du was ? Silvester wird viel cooler als gedacht!, schreibe ich Pierson später. Wir feiern in Toulouse.
Pierson diese SMS zu schicken, ist eine Wohltat. Ausnahmsweise habe ich mal aus Frankreich etwas Aufregendes zu berichten.
Jay meldet sich freiwillig als Fahrer und Alex schnappt sich den Beifahrersitz, noch ehe ich überhaupt eine Chance habe. Bien sûr. Wie nicht anders zu erwarten.
Gestern hat Alex in der Eigentumswohnung von ihrem Dad, als wir faul herumgegammelt haben, eine supertolle Doktor-Schiwago-mäßige Pelzmütze gefunden.
»Die Mütze musst du heute Abend tragen! Damit bist du Julie Christie! Du wirst sooo sagenhaft gut aussehen!«, habe ich sie gedrängt, als sie in ihrem Silvester-Outfit, einem schwarzen Flapper-Kleid und ihren roten Stöckelschuhen, herumtänzelte.
Wenn ich doch nur nicht so übermäßig begeistert wegen der Mütze gewesen wäre - wenn sie sie trägt, passt Alex nämlich nicht auf den Beifahrersitz! Sie muss die Lehne ganz weit zurückstellen, damit sie die Mütze nicht abnehmen muss.
»Na, frisch aus St. Petersburg?«, fragt Jay, als sie sich auf dem Sitz zurechtruckelt. »Schwitzt du nicht darunter?«
Aber Alex lacht nur. »Mach dich nicht lustig über meine Mütze! Zack hat mir gesagt, dass sie supersüß aussieht.« Sie klappt die Sonnenblende am
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