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Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe

Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe

Titel: Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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»Ja, toll.«
    Die Augen von Annabels Freund schweifen im Raum umher, als wäre er in einer Art glücklichen Trance, mal blickt er mich an, mal die sonderbaren, altmodischen Möbel - alles von Annabels armseliger kleiner Existenz. Aber ihm scheint es zu gefallen. Wie ein kleines Kind freut er sich über das, was er sieht.
    Auf einmal kapiere ich es: Die beiden sind high.
    »Du hättest mich vorwarnen können, dass ein Freund vorbeikommt, Annabel«, sage ich. »Und das auch noch mitten in der Nacht.«
    »Wolltest du Marco denn gar nicht kennenlernen?«, fragt sie schmollend. »Dich wollte er jedenfalls unbedingt kennenlernen. Wir wollten dir von unserem Plan erzählen!«
    Marco hält mir seine Hand hin. Ich schüttle sie, wenn auch ohne jede Herzlichkeit. »Bonjour, Marco. Je suis heureuse de faire ta connaissance.«
    »Ma Penelope! Du bist absolut bezaubernd. Ich habe mich schon so viele Monate darauf gefreut, deine Bekanntschaft zu machen«, sagt Marco überschwänglich. Er nimmt meine Hand und küsst sie. Dabei verweilen seine Lippen viel zu lange. Ich reiße sie los und verberge sie sicher hinter meinen Rücken.
    »PJ, mein Baby«, sagt Annabel. »Ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
    »Was denn?« Ich bin nicht in der Stimmung, ihr einen Gefallen zu tun.
    »Hier kann ich dich nicht fragen. Gehen wir ins Bad?«
    »Was? Annabel, was soll das?«
    Sie schubst mich rückwärts in das kleine Bad.
    »Ist Marco nicht der Hammer? Ich habe ihn in Lyon kennengelernt.« Annabel setzt sich auf den Klodeckel. »Lyon ist eine echt irre Stadt. Dort bin ich direkt nach Toussaint hingefahren. Bist du schon mal da gewesen?«
    »Was hast du in Lyon gemacht?«, frage ich und spüre einen Stich. Ich durfte im November nicht mit auf den Klassenausflug nach Lyon, als Strafe für eine Party. Als mir klar wird, dass sich ihre und meine Wege bereits dort hätten kreuzen können, möchte ich am liebsten meinen Kopf gegen die Wand knallen.
    Ich würde zu gern wissen, was alles passiert ist, ab dem Zeitpunkt, als Annabel aus Vermont weggegangen ist, bis hin zu ihrer Ankunft in Rouen, aber sie scheint meinen Fragen immer auszuweichen. Die gesamte Zeitspanne ist für mich immer noch ein so großes Rätsel wie schon bei unserem Wiedersehen, als ich sie nach meiner Ankunft hier zufällig auf der Straße getroffen habe.
    »In Lyon haben Marco und ich beschlossen, dass wir Schafe züchten wollen. Weißt du, so wie Mom. Nur wollen wir gleich eine ganze Herde.« Annabel strahlt. »Auf jeden Fall musst du heute Nacht auf dem Dachspeicher schlafen.«
    »Was? Kommt nicht infrage.« Der Dachspeicher über dem Bad ist wirklich nur ein Speicher und kein richtiger Raum. Er steht voll mit den Reliquien einer Sammelwütigen, die gestorben ist, ohne jemals auszumisten. Nur weil es da oben eine schmale Matratze gibt und eine alte Decke, heißt das noch lange nicht, dass da wirklich jemand schlafen kann. Es ist eklig. Und einsam.
    »Bitte, Penny Lane«, bettelt Annabel. Sie klingt enttäuscht. »Ich habe Marco eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Als ich ihn in Lyon zurückgelassen habe, war er am Boden zerstört. Ich dachte, ich hätte ihn für immer verloren. Bitte gib mir die Chance, es wiedergutzumachen. Bitte.«
    Ich schaudere. »Das ist ein Witz, oder?«
    »Er ist der tollste Lover. Die Spanier haben eine Sinnlichkeit, die anderen Männern einfach fehlt. Du wärst überrascht, Pen.«
    »Annabel.« Ich kann es nicht fassen: ihre wilden, rot geränderten Augen, die Zöpfchen, die wie bei einem übergroßen Kind zu beiden Seiten vom Kopf abstehen, ihre schmuddelige, ausgeleierte Kleidung, mit der sie versucht, ihren abgemagerten Körper zu verbergen. Sie zuckt kurz und wickelt eine Strähne ihrer langen dunklen Haare um ihren schmutzigen Finger.
    »Noch mal zurück zu dem Plan mit den Schafen. Was soll das?«
    Annabel kichert. »Wäre das nicht lustig? Jetzt, wo du hier bist, könnten wir alles gemeinsam angehen. Marco wird die schwierigen Aufgaben übernehmen wie das Ausmisten des
    Geheges. Wir füttern die Schafe nur und haben sie lieb. Erinnerst du dich, wie süß Esther als Lamm war?«
    Esther war eines der beiden Schafe meiner Mom gewesen. Die wurden inzwischen bestimmt beschlagnahmt oder einem unserer Nachbarn gegeben. Meine Mom hat Esthers Mutter, Fiona, vor fünf Jahren von einem Nachbarn geschenkt bekommen, und eine Weile später hat Fiona Esther geboren. Daran kann ich mich noch gut erinnern, denn nachdem ich das beobachtet hatte, haben mich meine

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