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Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe

Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe

Titel: Beautiful Americans - 02 - Kopfüber in die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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erklärt mir Annabel. »Sie haben es mir versprochen. Und sie haben auch wirklich aufgehört. Aber dann habe ich herausgefunden, dass sie wieder damit angefangen haben, PJ, und ich war so sauer. So verdammt angepisst, das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
    »Ich war auch sauer, als ich es endlich rausgefunden habe. Klar, wie sollten wir es auch nicht sein? Aber auf dich war ich nie sauer. Wenn du das Gefühl hattest, dass du gehen musst, verstehe ich das.« Ich blicke mich mit einem betrübten Lächeln im Bad um, denke an mein altes Zimmer bei den Marquets, an den dicken Teppich in ihrem Wohnzimmer, der so weich war, dass man wie über eine Matratze lief. »Ich verstehe das wirklich. Ich bin ja auch weggegangen.«
    Langsam entspanne ich mich ein bisschen. Mir wird bewusst, dass Annabel und ich unglaublich komplizierte Gefühle bezüglich der Geschehnisse im letzten Sommer haben. Der Gedanke, dass wir das nun vielleicht gemeinsam durchgehen und aufarbeiten können, Tag für Tag, ist ungeheuer tröstlich.
    »Nein, du hörst mir gar nicht richtig zu, PJ! Mom und Dad sind nicht festgenommen worden, weil du aufs Klo musstest. Wie kann man nur so begriffsstutzig sein? Bullen halten doch niemanden an, nur weil er sich zufällig in der Nähe der Grenze aufhält - hast du denn noch nie von dem 4. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten gehört?«
    »Dem 4. Zusatzartikel?«
    »Durchsuchung und Beschlagnahmung, PJ! Die Bullen, die Drogenpolizei, sie alle brauchen stichhaltige Gründe für einen Haftbefehl, damit sie Leute verhören und ihre Häuser durchsuchen dürfen. Sie brauchen Anhaltspunkte. Ich war so sauer, bevor ich aus Vermont abgehauen bin, dass ich zu den Bullen gegangen bin und ihnen alles erzählt habe. Ich habe ihnen gesagt, dass sie dich in Gefahr bringen und dass ich gegen sie aussagen werde, damit sie in den Knast kommen. Ich war so angepisst! Ich konnte nicht mehr klar denken.«
    »Was?« Mich überkommt dasselbe seltsame Gefühl, das ich manchmal habe, wenn ich zu schnell aufstehe oder wenn ich morgens noch vor dem ersten Kaffee dusche. Annabel redet noch immer, aber ich sehe nur ihre Lippenbewegungen und höre lediglich Laute, die aus ihrem Mund dringen. So ähnlich ging es mir, als ich frisch in Frankreich ankam - ein sonderbarer Schwindel, weil ich noch keine Erfahrung mit dem Pariser Französisch hatte. Ich kam nur langsam hinterher und brauchte immer mehrere Minuten, um auch die einfachsten Sätze auf ihre Bedeutung hin zu prüfen. »Langsam, Annabel. Ich verstehe kein Wort.«
    »Weil ich dann nicht festgenommen werden konnte«, fährt Annabel fort. »Weil ich dann nicht zusammen mit ihnen untergehen konnte. Ich habe ihnen die ganze Zeit geholfen, PJ, und ich wollte da raus. Aber sie haben einfach nicht aufgehört. Ihre ganzen Überzeugungen und Weltanschauungen und ... und ...« Sie hat Schluckauf und redet erstickt. Sie bekommt kaum die Worte raus. »Und ich hatte solche Angst ... dass wir alle geschnappt werden, dass wir zusammen untergehen. Auch Dave. Dave fand das alles nicht so schlimm wie ich - er fand es edel von ihnen. Ich hatte Angst, wenn ich ihn heirate, würde mein Leben genauso werden wie das von Mom und Dad. Und ich konnte nicht, ich konnte einfach nicht... Also habe ich es den Bullen erzählt.« Tränen strömen über ihr blasses Gesicht, ihr dunkles Haar ist verfilzt und zerzaust. Sie sieht schrecklich aus. »Ich habe ihnen alles gesagt, was sie wissen wollten -«
    »Annabel! Du hast unsere Eltern an die Polizei verraten? An die Bundesbehörde? Du hast bewusst versucht, Mom und Dad ins Gefängnis zu bringen?«
    Annabel nickt. »Das habe ich, Pen.«
    Ich muss daran denken, wie sorgfältig Mom Annabels ärmelloses Satin-Brautkleid genäht hat. Rings um den Halsausschnitt hat sie winzig kleine Blümchen gestickt und in den inneren Saum die Worte: Für meinen Engel - flieg nicht zu weit weg. Ich erinnere mich auch noch daran, wie Mom und Dad einmal, als wir noch klein waren und Annabel von einem Baum fiel und sich das Bein brach, wie aus dem Nichts sofort zur Stelle waren. Dad hat sie auf den Armen getragen und ihr Witze erzählt, um sie auf dem Weg ins Krankenhaus aufzuheitern. Wir alle haben ihren Gips mit den teuren Ölfarben von Mom bemalt - die sie geschenkt bekommen hatte und immer sorgsam aufbewahrte.
    »Wie konntest du nur?« Ich bin fassungslos. In den ganzen siebzehn Jahren, die ich Annabel nun schon kenne, bin ich mehr als einmal nicht schlau aus ihr geworden und

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