Beautiful Americans 03 - Leben á la carte
verführen!« Mme Rouille wirbelt herum und deutet mit ihrem Zeigefinger direkt in mein Gesicht. »Du! Ja, genau. Die beiden sind damals eines Abends weggefahren, um dich zu suchen. Hat da alles begonnen?«
Sie macht ein paar Schritte auf Thomas zu und packt ihn an den nackten Schultern. Olivia zieht die Decke fester um sich. Sie sieht zutiefst schamerfüllt aus. »Wie lange geht das schon? Was verbirgst du noch vor mir?«
»Nichts!«, antwortet Olivia verzweifelt an seiner Stelle. »Er hat nichts Falsches getan!«
»Ich habe dir doch gesagt, dass du verschwinden sollst!«, sagt Mme Rouille mit tiefer, kehliger Stimme. »Ihr beide, Olivia und deine verfluchte Freundin. Kommt mir ja nie wieder unter die Augen. Geht!«
Thomas gibt einen protestierenden Laut von sich, während er in aller Hast nach seiner Hose sucht. »Maman, hör bitte auf! Beruhig dich doch erst mal!«
»Untersteh dich, so mit mir zu reden, Thomas. Ich meine es ernst: Olivia und deine Freundin - RAUS HIER!«
Weinend zieht Olivia ein in der Nähe liegendes Sweatshirt an und schlüpft in ihre Lammfellstiefel. Thomas ist noch immer mit seinem hektischen Ankleiden beschäftigt und versucht, seine Mom weiter zu beruhigen. Wie betäubt folge ich Olivia atemlos die Stufen hinunter.
Vor dem Haus bleibt Olivia plötzlich wie angewurzelt stehen. »Nein, warte noch«, sagt sie und dreht sich um, so als wolle sie geradewegs wieder hineingehen. Gleichzeitig hören wir durch ein zerbrochenes Fenster aus einem der oberen Stockwerke einen schrillen Schrei. Sie hält inne und fährt wieder zu mir herum.
»Lass uns einfach gehen«, sage ich und fasse nach Olivias Hand. Sie lässt sich ohne viel Widerstand die Straße entlangziehen. Es ist zwar recht kühl, aber nicht unter null Grad. Wir können es noch ein paar Minuten draußen aushalten, lange genug, um uns ein anderes Plätzchen zu suchen, an dem wir u n terkommen können. Jetzt sind es nur noch Olivia und ich, ganz allein in der Pariser Nacht.
Olivia murmelt die ganze Zeit »Es tut mir leid« vor sich hin, und ich frage mich, wessen Leben ich wohl noch zerstören werde. Irgendwie mache ich immer alles kaputt.
Wir wählen die Nummer von Alex' BlackBerry und warten, dass es klingelt.
18 • ZACK
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Am Samstagabend, nachdem PJ hübsch geschminkt und frisiert zu ihrem Versöhnungstreffen mit Jay aufgebrochen ist, sitze ich am Place Cambronne und beobachte ein paar Tauben, die an einem weggeworfenen asiatischen Fast-Food-Karton picken. Währenddessen werfe ich mein Handy von einer Hand in die andere, hin und her, und versuche, mir darüber klar zu werden, ob ich Bobby anrufen soll oder nicht.
»Was soll ich machen?«, frage ich die Tauben, die beim Picken immer näher an meine Füße heranrücken, aber jedes Mal wegflattern, wenn ich aufstampfe oder sie mit meiner Stimme verscheuche. »Soll ich ihn anrufen oder nicht?«
Ach, das Schicksal soll für mich entscheiden - Bobby oder André: Ich werde das Handy hochwerfen wie eine Münze, und wenn es mit den Tasten zuoberst in meiner Hand landet, werde ich Bobby anrufen.
Es ist Bobby. Oh mein Gott!
Bobby geht nach ein paarmal Klingeln dran, als ich mich fast schon in Sicherheit wiege und denke, dass ich nur auf seine Mailbox sprechen muss. »Hey, Zack.« Bobby klingt nicht übermäßig begeistert, mich zu hören. »Was gibt's?«
»Hey, Mann!«, sage ich, übertrieben munter und nicht gerade überzeugend, wahrscheinlich nicht mal in den Ohren der Tauben. »Wollte mich nur mal melden ... Wie geht's?«
»Gut«, sagt Bobby. »Und dir?«
»Ach na ja, ziemlich beschäftigt, aber gut.«
»Wie geht's André?«
Ich kratze mich am Hinterkopf und überlege fieberhaft, wie ich dieses Thema am besten und am schnellsten umgehen kann. Meine Zeit ist gleich um. Ich seufze.
»Oh, Bobby. Hör mal, es tut mir leid. Ich weiß, ich war nicht der beste Gastgeber. Bitte sei mir nicht böse.«
»Zack, ich bin dir nicht böse.« Bobby klingt müde. »Ich hatte nur den Eindruck, dass es in Paris noch ziemlich viele unerledigte Dinge gibt, die du erst mal klären solltest.«
»Ja.« Ich lege meine Fußknöchel vor mir übereinander. Das Gespräch verläuft ziemlich angespannt, ganz anders als sonst mit Bobby. Ein schreckliches Gefühl.
»Na ja, vielleicht war es auch zu viel und zu schnell. Pass trotzdem auf dich auf, ja?«
»Okay«, antworte ich. Dabei möchte ich eigentlich noch gar nicht auflegen. »Du auch.«
»Bis denn, Zack«, sagt Bobby und ich höre es
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