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Beautiful Losers

Beautiful Losers

Titel: Beautiful Losers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Cohen
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nicht mehr zurechnungsfähig geltende Wissenschaftler darauf, dass Warzen längst hörbar sind, dass sie es immer gewesen sind, dass wir nur lernen müssen, ihrer Sprache zu lauschen.
    – Komm zur Sache, F.
    – Ja und?
    – Wann geht die Folterung los?
    Nachdem F. sie derart mutig in die Langeweile getrieben hatte, setzte er zur dramatischen Phase seines Glaubensbekenntnisses an. Er begann, indem er Druck auf seinen Absatz legte, um mir einen Schrei zu entlocken. Plötzlich schien es, als wäre die Vaseline alt, das Licht war löchrig wie ein toter, auf dem Wasser treibender Köderfisch, und man spürte irgendwie, dass alle Toiletten verstopft waren und dass bald die Erzieher kommen müssten, die dann mehr als nötig über uns erfuhren.
    – Ich bezweifle, dass sich die Warze einfach zurückbildet . Ich finde Warzen hässlich. Ich bin ein einfacher Mensch. Es wird eh zu viel geredet, finde ich. Für mich ist eine Warze ein Geheimnis, das ich nicht für mich behalten will. Wenn ich eine Warze sehe, sehe ich ein Skalpell.
    – Ahhhh!
    Mit dem letzten Wort, das er gesprochen hatte, hatte er ganz plötzlich den Arm zum Salut gereckt. Dieser Salut endete in einem kleinen, handlichen Messer, eine Bajonettspitze, die deutlich zeigte, mit welcher Art von Waffeneinsatz zu rechnen war. Den Waisenkindern stockte der Atem.
    – Wenn ich eine Warze sehe, denke ich Sofort Entfernen. Ich denke Vorher und Nachher. Ich denke Vielversprechende Medikamente. Ich denke Bereits Nach Zehn Tagen.
    – Los, los!
    – Ich denke Schon Ab Neunundneunzig. Ich denke Probieren Sie Das Mittel Zu Hause. Ich Denke WISSENSCHAFTLICH ERWIESEN und SENDEN SIE’S MIR KOSTENFREI . Männer, schnappt ihn euch!
    Sie fielen über mich her und stellten mich auf die Füße. Jemand packte meinen Arm und streckte ihn. Sie stellten sich an meinem Arm auf wie Matrosen am Tauwerk. Ich konnte meine Hand nicht mehr sehen, ihre Rücken waren im Weg. Jemand drückte meine Handfläche flach gegen das Porzellan und schob die Finger auseinander.
    – Jawohl, schrie F. über den Aufruhr hinweg, ich denke Jetzt Handeln. Ich denke Kein Aufschub. Ich denke Das Angebot Endet Am.
    – Hilfe!
    – Stopf ihm das Maul.
    – Mmmmmmm. Mmmmmmm.
    – Jetzt! Schnipp! Ra-a-a-a-tsch!
    Ich versuchte mir vorzustellen, dass ich einer dieser Rücken war, die den Arm festhielten, einer der Matrosen, und dass irgendwo da hinten jemand Butterbällchen formte.

44.
    Wie ich bereits angedeutet habe, ist die Geschichte des Festmahls, an dem Catherine Tekakwitha teilnahm, apokalyptisch. Tatsächlich habe ich diese Geschichte zum ersten Mal von meiner Frau Edith gehört. Ich erinnere mich gut an jenen Abend. Ich war gerade aus Ottawa zurückgekehrt, wo ich das Wochenende verbracht hatte. F. hatte mir Zugang zu den Archiven verschafft. Nun saßen wir zu dritt vor der Höhensonne in unserer Kellerwohnung. F. erklärte, nur ich dürfe mich ganz ausziehen, da ja er und natürlich auch Edith meinen Schwanz gesehen hätten, wogegen er Ediths Geschlecht nicht kenne und umgekehrt (eine Lüge). Gegen F.s Logik war nichts einzuwenden, und doch sträubte ich mich, vor den beiden die Hose runterzulassen. Er hatte übrigens recht, weder hätte ich Edith erlaubt sich auszuziehen, noch hätte ich zugelassen, dass F. in unserer Wohnung sein Ding spazieren führt.
    – Lieber nicht, sagte ich kleinlaut.
    – Stell dich nicht an.
    – Wenigstens einer von uns sollte durch und durch braun werden.
    Sie ließen mich nicht aus den Augen, als ich langsam meine Hose bis über die Knie schob, fürchtend, dass ich mich nicht ordentlich gewischt haben könnte, dass ein verräterisches Zeichen sichtbar würde. In Wahrheit benutzte F. mich, um seinen eigenen Körper anzupreisen. Ich war die zerfetzte Werbetafel, er war die Wirklichkeit, auf die sie verwies. Was er Edith sagen wollte, war: Wenn so etwas wie das hier atmen kann und morgens aus dem Bett kommt, dann kannst du dir ja vorstellen, was für einen Fick du mit mir haben könntest.
    – Leg dich zwischen uns.
    – Mach die Beine breit.
    – Nimm die Hände weg.
    Als Edith begann, mich mit Sun & Ski einzureiben, wusste ich nicht recht, ob ich mir eine Erektion erlauben konnte. Edith und F. hatten sich angewöhnt, an solchen Sonntagabenden ein wenig Heroin zu spritzen, eine harmlose Sache, weniger gefährlich als Alkohol. Ich war damals noch etwas altmodisch und hielt Heroin für eine Killerdroge, und so lehnte ich jedes Mal ab, wenn sie es mir anboten. An diesem Abend fiel

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