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Beautiful Losers

Beautiful Losers

Titel: Beautiful Losers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Cohen
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Kateri?
    – Ich sehe den Körper eines alten Mohawk.
    – Schau genau hin, ich will dir erzählen, was passiert, wenn der Geist den Körper verlässt.
    – Ich kann das nicht anhören, Onkel. Ich bin jetzt eine Christin. Bitte nicht, meine Hand tut weh.
    – Hör mir zu, und schau genau hin. Was ich dir zu sagen habe, wird keinen Gott beleidigen, weder deinen noch meinen, weder die Mutter des Bartes noch den Großen Hasen.
    – Ich höre zu.
    – Wenn meiner Nase kein Wind mehr entströmt, wird mein Geistleib seine lange Heimreise antreten. Betrachte den runzligen, vernarbten Körper, während ich dir erzähle. Mein schöner Geistleib wird auf die schwierige, gefährliche Reise gehen. Vielen gelingt es nicht, das Ziel zu erreichen, aber ich werde es schaffen. Ich werde auf einem Baumstamm stehend einen reißenden Fluss überqueren. Stromschnellen werden versuchen, mich gegen scharfe Felsen zu schleudern. Ein gewaltiger Hund wird versuchen, mir in die Waden zu beißen. Der schmale Pfad, über den ich laufen muss, führt zwischen wackelnden Felsblöcken hindurch, die immer wieder aneinanderkrachen, und viele werden zerquetscht werden. Ich aber werde mit der Landschaft tanzen. Sieh dir den Körper des alten Mohawk an, während ich mit dir rede, Catherine. Am Rand des Pfads befindet sich eine Hütte aus Rinde. In der Hütte wohnt Oscotarach, der Schädelbohrer. Er wird sich über mich beugen, um mein Gehirn zu entnehmen. Das macht er so mit allen Schädeln, die vorbeikommen. Es ist eine unumgängliche Vorbereitung für die Ewige Jagd. Sieh dir diesen Körper an und hör mir zu.
    – Ja, Onkel.
    – Was siehst du?
    – Ich sehe den Körper eines alten Mohawk.
    – Gut. Deck mich jetzt wieder zu. Du sollst nicht weinen. Ich werde noch nicht sterben. Ich werde im Traum meine Heilung finden.
    – Ach Onkel, ich bin so froh.
    Catherine Tekakwitha verließ mit einem Lächeln das Langhaus. Sofort stürzten sich die bösen Tanten auf sie, schlugen und verfluchten sie. Sie sackte unter den Schlägen zusam men. »Ce fut en cette occasion«, schreibt Pater Cholenec, »qu’elle déclara ce qu’on aurait peut-être ignoré, si elle n’avait pas été mise à cette épreuve, que, par la miséricorde du Seigneur, elle ne se souvenait pas d’avoir jamais terni la pureté de son corps, et qu’elle n’appréhendait point de recevoir aucun reproche sur cet article au jour du jugement.«
    – Du hast deinen Onkel gefickt!, kreischten sie.
    – Du hast seine Blöße aufgedeckt!
    – Du hast sein Ding angeguckt!
    Sie zerrten sie vor den Priester, Pater de Lamberville.
    – Hier hast du deine kleine Christin. Hat ihren Onkel gefickt!
    Der Priester schickte die heulenden Wilden fort und untersuchte das Mädchen, das blutend vor ihm auf dem Boden lag. Als er fertig war, richtete er sie auf.
    – Du lebst hier wie eine Blume unter giftigen Dornen.
    – Ich danke Ihnen, Vater.

47.
    Es ist lange her (so kommt es mir vor), dass ich in meinem Bett aufwachte, weil F. an meinen Haaren zog.
    – Komm mal mit, mein Freund.
    – Wie spät ist es, F.?
    – Es ist Sommer 1964.
    Sein Lächeln fiel mir auf, ich kannte diesen Ausdruck nicht. Es schüchterte mich ein, ich weiß nicht, warum. Ich schlug die Beine übereinander.
    – Steh auf. Wir gehen spazieren.
    – Dreh dich um, wenn ich mich anziehe.
    – Nein.
    – Bitte.
    Er zog mir die Decke weg, der Schlaf steckte mir noch in den Gliedern, und der Traum von einer verlorenen Frau. Er betrachtete mich und schüttelte nachdenklich den Kopf.
    – Warum hast du nicht auf Charles Axis gehört?
    – Nicht schon wieder, F.
    – Warum hast du nicht auf Charles Axis gehört?
    Ich drückte die Beine fester zusammen und bedeckte meine Scham mit einer Schlafmütze. F. starrte mich beharrlich an.
    – Ich will ein Geständnis. Warum hast du nicht auf Charles Axis gehört? Warum hast du den Gutschein an jenem längst vergangenen Nachmittag im Waisenhaus nicht eingesandt?
    – Lass mich in Ruhe.
    – Sieh dich doch einmal an.
    – Edith hatte nichts an meinem Körper auszusetzen.
    – Ha!
    – Oder hat sie was zu dir gesagt?
    – Eine ganze Menge.
    – Zum Beispiel?
    – Sie fand deinen Körper arrogant.
    – Was soll das heißen?
    – Gesteh, mein Freund, gesteh die Sache mit Charles Axis. Gesteh die Sünde des Hochmuts.
    – Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Dreh dich jetzt endlich um, damit ich mich anziehen kann. Es ist noch zu früh für deine billigen Koans.
    Blitzschnell drehte er mir den Arm um, schob

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