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Beautiful Losers

Beautiful Losers

Titel: Beautiful Losers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonard Cohen
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lang, während des Dritten Reiches und bis in die Anfänge der deutschen Teilung, lebte sie, ohne zu essen. Mollie Francher, die 1894 in Brooklyn starb, hatte jahrelang ohne Nahrung gelebt. Madre Beatriz Maria de Jesus, eine spanische Zeitgenossin von Catherine Tekakwitha, fastete über lange Zeiträume, einmal schaffte sie einundfünfzig Tage. Wenn sie in der Fastenzeit Fleisch roch, bekam sie epileptische Anfälle. Denk mal zurück. Hast du Edith jemals essen gesehen? Erinnerst du dich an die Plastiksäckchen, die sie immer unter der Bluse trug? Erinnerst du dich an die eine Geburtstagsparty, als sie sich über den Tisch beugte, um die Kerzen auszublasen, und den Kuchen mit Erbrochenem ruinierte?

13.
    Eines Tages wurde Catherine Tekakwitha ernsthaft krank. Marie-Thérèse beschrieb den Priestern ihre exzessiven Übungen, sie ließ nichts aus. Pater Cholenec gelang es, Catherine das Versprechen abzunehmen, die Bußübungen in Zukunft weniger streng durchzuführen. Es war das zweite irdische Versprechen, das sie brechen sollte. Es dauerte, bis sie ihre Gesundheit wiedererlangte, wenn man das Wort Gesundheit verwenden kann, um ihren chronisch prekären Zustand zu beschreiben.
    – Vater, darf ich das Gelübde der Jungfräulichkeit ablegen?
    – Virginitate placuit.
    – Darf ich?
    – Du wirst die erste irokesische Jungfrau sein.
    Es geschah am Tag der Verkündigung, am 25. März 1679, dass Catherine Tekakwitha ihren Körper offiziell dem Heiland und seiner Mutter weihte. Damit war die Heiratsfrage gelöst. Die Patres waren über dieses weltliche Opfer hoch erfreut. Kerzenlicht erstrahlte in der kleinen Kapelle. Sie liebte diese Kerzen! Barmherzigkeit! Barmherzigkeit für uns, die wir allein die Kerzen lieben, oder die Liebe, die sich in diesen Kerzen offenbart. Von einer höheren Warte aus betrachtet sind Kerzen, denke ich, eine perfekte Währung, nicht anders als die Andacwandets, die beliebten Fick-Kuren.

14.
    Die Patres Cholenec und Chauchetière staunten. Catherines Körper war mit blutenden Wunden übersät. Sie hielten sie unter Beobachtung, sie sahen ihr heimlich zu, wenn sie unten am Fluss vor dem hölzernen Kreuz kniete, sie zählten die Peitschenhiebe der Gefährtinnen und entdeckten nichts, was als außergewöhnliche Schwelgerei gedeutet werden könnte. Am dritten Tag waren sie sehr besorgt. Sie sah aus wie der Tod. »Son visage n’avait plus que la figure d’une mort.« Damit war es nicht mehr möglich, ihren physischen Verfall durch eine normale, schwache Konstitution zu erklären. Marie-Thérèse wurde streng befragt. Das Mädchen gestand schließlich. In der Nacht traten die Priester in Catherines Hütte. Die junge Indianerin schlief, sie war eng in Decken gewickelt. Sie rissen ihr die Decken vom Leib. Catherine hatte nicht geschlafen, sie hatte nur so getan. Niemand, der solche Schmerzen hat, kann schlafen. Das Mädchen hatte all ihre Fertigkeit, mit der sie einst Wampum-Gürtel hergestellt hatte, darauf verwandt, Tausende von Dornen in ihre Decke und Schlafmatte zu nähen. Jede Bewegung ihres Körpers öffnete eine neue Wunde, durch die ihr Blut den Weg nach draußen fand. Wie viele Nächte hatte sie sich in dieser Weise gepeinigt? Nackt saß sie da im Schein des Feuers, ihr Körper blutüberströmt.
    – Beweg dich nicht!
    – Hör auf, dich zu bewegen!
    – Versuche ich ja.
    – Du hast dich bewegt.
    – Tut mir leid.
    – Schon wieder!
    – Wegen der Dornen.
    – Wegen der Dornen, schon klar.
    – Natürlich wegen der Dornen, das wissen wir doch.
    – Ich will es versuchen.
    – Ja, versuch es mal.
    – Ich gebe mir Mühe.
    – Bleib ganz ruhig liegen.
    – Du hast dich bewegt!
    – Er hat recht.
    – Richtig bewegt habe ich mich nicht.
    – Was hast du denn gemacht?
    – Ich habe gezuckt.
    – Gezuckt?
    – Ich habe mich nicht richtig bewegt.
    – Du hast gezuckt?
    – Genau.
    – Dann hör auf zu zucken!
    – Versuche ich ja.
    – Sie bringt sich um.
    – Versuche ich ja.
    – Du zuckst immer noch!
    – Wo denn?
    – Da unten.
    – Schon besser.
    – Sieh dir mal den Schenkel an!
    – Was?
    – Er zuckt.
    – Tut mir leid.
    – Machst du dich über uns lustig?
    – Nein, wirklich nicht.
    – Hör auf damit!
    – Der Po!
    – Er zuckt!
    – Der Ellbogen!
    – Wa––?
    – Zuckt.
    – Die Knie. Knie. KNIESCHEIBE .
    – Zuckt?
    – Ja.
    – Ihr ganzer Körper zuckt.
    – Sie kann es nicht kontrollieren.
    – Sie reißt sich die Haut vom Körper.
    – Sie versucht, uns zu gehorchen.
    – Ja,

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