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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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dass ihre Arbeitskraft auf der Farm gerade in den ersten Wochen des Frühjahrs dringend gebraucht wurde. Aber sie war dennoch zuversichtlich, dass sie ihr die Reise nach Pleasantville letztendlich erlauben würden, auch wenn es ein weiter Weg bis hinunter in den tiefen Süden von Indiana war - und es zudem noch gegen die Schicklichkeit verstieß, dass ein Mädchen ihres Alters allein auf Reisen ging. Vielleicht bestand Emily ja auf einer Begleitung, doch Winston würde ganz sicher eine Lösung dafür finden und mit ein wenig Glück sogar derjenige sein, der mit ihr reiste und über ihr Wohlergehen wachte!
    Ende März wollte sie Winston und Emily für ihren Überraschungsbesuch bei Daniel in Pleasantville gewinnen. Sie kam jedoch nicht dazu, ihnen ihr großes Herzensanliegen zu unterbreiten. Denn der Brief, der wenige Tage vorher von Daniel eintraf, machte ihren schönen Plan mit wenigen Federstrichen zunichte.

46
    A N jenem Sonntag, als Becky den Brief ihres Bruders erhielt, herrschte nach dem Gottesdienst im General Store von Winchester ein ungewöhnlich großes Gedränge. Insbesondere die Frauen drängten sich um den Tisch, den James Orville in der Mitte des Ladens aufgestellt hatte, und schienen sich mit Ausrufen des Staunens und der sehnsüchtigen Begeisterung gegenseitig überbieten zu wollen. Die Ursache der allgemeinen Neugierde und Aufregung war ein Exemplar dieser revolutionären mechanischen Nähmaschinen, die ein gewisser Isaac Singer vor wenigen Jahren erfunden hatte und mit denen er augenblicklich bei so gut wie jeder Hausfrau im Land den ersten Platz auf ihrer Wunschliste der zukünftigen Anschaffungen erobert hatte.
    Auch Emily und Winston bestaunten das technische Wunderwerk, das der Ladenbesitzer aus der Stadt hatte kommen lassen und zu einem stolzen Preis anbot.
    »Wie bitte? Was soll diese mechanische Nähmaschine kosten? Zwölf Dollar und neunzig Cent?«, rief ein Farmer empört. »Allmächtiger, für so viel Geld kriegt man schon einen Buggy mitsamt dem Geschirr! Was braucht eine Frau, die zwei gesunde Hände hat und die Arbeit nicht scheut, solch einen sündhaft teuren Schnickschnack?«
    Aus der Menge der Frauen antwortete ihm ein entrüstetes Grollen, und eine der selbstbewussten, resoluten Farmersfrauen rief ihm unter dem Gelächter der anderen bissig zu, er möge sich lieber das richtige Spannen von Maschendraht erklären lassen, als sich über Dinge zu äußern, von denen er noch viel weniger verstünde als vom sachgerechten Setzen eines Bretterzaunes.
    Becky hatte sich nicht mit Winston und Emily unter die Menge rund um den Tisch mit der Nähmaschine gemischt. Ihr erster Gang führte sie stets zur Poststelle hinüber, die Missis Orville verwaltete. Und an diesem Sonntagmorgen wartete nach über einem Monat endlich wieder ein Brief von Daniel auf sie.
    Gewöhnlich trug sie Briefe ihres zeitweise sehr schreibfaulen Bruders erst stundenlang mit sich herum, um die Vorfreude auf die Lektüre möglichst lang hinauszuziehen. An diesem Sonntag brach sie jedoch mit ihrer Gewohnheit und öffnete sein Schreiben, einer spontanen Eingebung folgend, gleich dort im Laden. Und schon nach den ersten Zeilen sank ihr das Herz, als ihr bewusst wurde, dass sie ihren Überraschungsbesuch zum Jahrestag ihrer Trennung bei ihm in Pleasantville vergessen konnte und es mit dem ersehnten Wiedersehen nun doch nichts wurde.
    Liebe Schwester,
    bitte ärgere dich nicht über meine liederliche Schrift und die vielen Tintenkleckse. Meine Handschrift ist schon viel besser geworden, das sagt auch unsere Lehrerin. Und wenn ich jetzt nicht so in Eile wäre, würde ich mir bestimmt viel mehr Mühe geben, das musst du mir glauben. Aber es gibt große Neuigkeiten, die ich dir ganz schnell mitteilen muss, weil ich gleich beim Einpacken helfen soll. Und danach müssen wir noch alle Tiere zu unseren Nachbarn, den Sullivans, bringen. Ich gehe nämlich schon morgen in aller Frühe mit den Cormicks auf eine lange Reise. Rate mal, wohin! Darauf kommst du nie! Wir fahren mit der Eisenbahn nach Savannah! Das ist eine große Hafenstadt in Georgia. Und der Himmel allein weiß, wann wir wieder hier auf die Farm zurückkommen. Kannst du dir vorstellen, wie aufgeregt und durcheinander ich bin? Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich mich darüber freuen oder ärgern soll. Ich glaube, ich würde lieber hier bleiben. Denn was soll ich in Savannah, wo ich überhaupt keinen kenne? Ja, wenn Charley mit uns kommen könnte, dann ginge das in

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