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Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Harriet Beecher Stowe!«, rief sie überrascht. »Diese berühmte Sklavengeschichte!«
    Nun war es an ihm, überrascht zu sein. »Sag bloß, du kennst das Buch?«
    »Leider nicht«, sagte Becky. »Aber ich habe in der Zeitung gelesen, dass es nicht nur aufregend packend, sondern auch eines der am besten verkauften Bücher aller Zeiten ist und unglaublich viel Aufsehen erregt hat. Die Sklavenhalter im Süden sollen einen regelrechten Aufstand wegen dieses Buches gemacht und der Autorin sogar mit Mord gedroht haben!«
    »Ja, da hat diese Harriet Beecher Stowe mit ihrem Buch wohl die Finger auf eine ganz üble Wunde gelegt«, sagte Harvey und fragte dann: »Du hast also auch was für Romane übrig?«
    Becky begnügte sich mit einem Nicken, auch wenn sie seit Jahren kein Buch mehr in der Hand gehabt hatte. Jede andere Antwort hätte viel zu lange Erklärungen nach sich gezogen. Ihr stand jedoch nicht der Sinn danach, ihm vom verzweifelten Überlebenskampf ihrer Familie in Five Points und von ihrer Existenz als Straßenkind zu erzählen. Auch wollte sie nicht zugeben, dass sie bisher nicht den Mut gefunden hatte, Missis Reynolds anzusprechen und sie zu bitten, sie in ihre Kartei der Ausleiher aufzunehmen.
    »Weißt du was, du kannst den Roman mit nach Hause nehmen und zuerst lesen!«, bot er ihr an.
    Verblüfft sah sie ihn an. »Nein, das kommt überhaupt nicht infrage!«, sagte sie abwehrend.
    »Aber wieso denn nicht? Ich bin sicher, du gehst mit dem Buch genauso sorgsam um wie ich«, erwiderte er. »Du hast doch gerade selber gesagt, dass du Onkel Toms Hütte gern lesen würdest. Und Missis Reynolds hat bestimmt nichts dagegen.«
    »Das mag sein, aber dennoch...« Becky ließ den Satz offen, weil ihr kein wirklich gewichtiger Einwand einfiel, warum sie sein Angebot nicht annehmen konnte. Und das Buch lag so wunderbar verlockend in ihren Händen. Es musste herrlich sein, wieder einmal in die fremde Welt eines Romans einzutauchen und von den aufregenden Geschehnissen mitgerissen zu werden.
    »Nimm es als Teil meiner Wiedergutmachung«, redete er ihr zu. »Ich habe zu Hause noch Moby Dick von Herman Melville liegen. Diesen Walfängerwälzer muss ich sowieso erst ein zweites Mal lesen, um alles zu kapieren. Stellenweise ist der nämlich ausgesprochen unverdaulich, obwohl die Geschichte mit der Jagd auf den gefährlichen weißen Wal einfach fantastisch ist. Du kannst dir also mit Onkel Toms Hütte so viel Zeit lassen, wie du willst.«
    Die Verlockung war einfach zu stark, als dass Becky ihr hätte widerstehen können. Und so gab sie zu seiner Freude allen Widerstand auf. Es erstaunte sie, wie leicht es ihr fiel, sich bei ihm dafür zu bedanken, dass er ihr das Buch überließ - und dass er sie trockenen Fußes nach Hause brachte. Denn als sie die Farm erreichten, rollte der Donner zwar schon drohend wie fernes Geschützfeuer über das Land, aber die ersten Tropfen fielen erst Minuten später.
    »Ich bin richtig froh, dass wir diese... Unstimmigkeit zwischen uns aus der Welt geschafft haben«, sagte Harvey, als er auf dem Hof hielt und Becky mit einer Hand ihr Kleid hochraffte und ohne Geziertheit vom Buggy sprang.
    »Reden wir nicht mehr darüber«, sagte sie versöhnlich.
    »Viel Spaß mit dem Buch! Und ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Wenn du Lust hast, nehme ich dich mal mit zu Moharala«, schlug er ihr vor. »Er lebt mit ein paar anderen Delawaren eine knappe Meile von unserer Farm am Cedar Bluff Forest. Moharala ist wirklich in Ordnung, und du wirst ihn bestimmt mögen - zumal wenn du was für gute Geschichten übrig hast, denn davon weiß er eine Menge zu erzählen. Stammesgeschichten und solche Sachen, die er von seinem Vater und Großvater hat. Außerdem kann er angeblich in die Zukunft schauen, wenn er in seiner Schwitzhütte sitzt und in den Rauch starrt.«
    »Mal sehen«, antwortete Becky vage.
    »Na, dann bis bald!« Er tippte nachlässig und mit einem halb verlegenen Lächeln an die Krempe seines Hutes, nahm die Zügel wieder auf und zögerte sichtlich, als wäre ihm noch etwas eingefallen. Er räusperte sich und sagte dann: »Übrigens, das mit dem Kleid vorhin war nicht nur so dahergesagt. Es ist wirklich sehr hübsch und es steht dir ausgezeichnet!… So, und jetzt lauf, Rover!« Er trieb den Apfelschimmel an und lenkte den Buggy vom Hof, der dunklen Regenwand entgegen.
    Verblüfft blickte Becky ihm nach. Noch vor einer halben Stunde hatte sie ihn für einen groben, unsympathischen Burschen gehalten, mit

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