Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen!

Titel: Becky Brown - Versprich, Nach Mir Zu Suchen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
Vom Netzwerk:
zerschlissen und löchrig war, dass er sich auch beim besten Willen nicht mehr flicken ließ. Und im Frühjahr waren auch neue Schuhe für ihn fällig. Beides ging ordentlich ins Geld.
    Daniel sträubte sich anfangs zwar heftig gegen diese Anschaffungen und wollte, dass wenigstens auch sie sich ein neues Kleid gönnte, zumal als das Wetter wieder wärmer zu werden begann. Aber Becky dachte nicht daran, ihre wenigen Ersparnisse noch mehr zusammenschmelzen zu lassen. Ihr altes Wollkleid würde noch einige Zeit seine Dienste tun und damit hatte es sich!
    Mitte August, als sie ihre Nächte schon längst wieder unter freiem Himmel im Central Park verbrachten, fragte Timothy Becky zum ersten Mal, ob sie denn nicht mal Lust hätte, an einem Abend mit ihm in eine der Tanzhallen in der Bowery zu gehen. »Ich lade dich auch ein«, fügte er hastig hinzu und sah sie erwartungsvoll an.
    Seine überraschende Einladung wie sein Blick, der in letzter Zeit überhaupt oft recht merkwürdig auf ihr ruhte, ließen sie erröten. »Mach dich doch nicht lächerlich!«, wehrte sie burschikos ab. »Du wüsstest auf dem Tanzparkett doch gar nichts mit mir anzufangen, weil ich vom Tanzen nämlich nichts verstehe!«
    »Keine Sorge, das bringe ich dir schon bei!«, versicherte er. »Nun gib dir schon einen Ruck und sag ja, Becky! Das wird bestimmt ein lustiger Abend!«
    »Das ist wirklich nett von dir, aber vergiss den Unsinn besser schnell wieder!«, sagte sie und ließ sich auch von weiteren Bitten nicht erweichen.
    »Ich finde, du hättest Tims Einladung ruhig annehmen und dir auch mal ein bisschen Spaß gönnen sollen«, redete ihr Daniel hinterher zu, nachdem Timothy sie in seiner Gegenwart wieder einmal zum Tanz gebeten hatte und Becky bei ihrer Ablehnung geblieben war. »Er hat eine Menge für dich übrig, weißt du das überhaupt?«
    »Fang du jetzt nicht auch noch davon an!«, wies Becky ihn unwirsch zurecht. »Ich mach mich doch nicht zum Narren! Und jetzt lieg mir nicht länger mit diesem Unsinn in den Ohren, hast du gehört?«
    Als sie wenige Tage später, am Sonntag nach dem Kirchgang, mit Daniel zufällig vor einem Kleidergeschäft auf der Bowery stehen blieb und eines der dort ausgestellten Sommerkleider bewunderte, entfuhr es ihr unwillkürlich mit sehnsuchtsvoller Stimme: »Tja, in so einem Kleid könnte man schon eher zum Tanz ausgehen!«
    Am Mittwoch darauf wartete Becky vergeblich bei Maggie’s darauf, dass Daniel von der Arbeit zurückkehrte. Noch in der Nacht machte sie sich mit Coffin und Timothy auf die Suche nach ihm, aber ihr Bruder blieb spurlos verschwunden.

24
    C APTAIN Walsh wusste ihnen auch nicht weiterzuhelfen. »Dein Bruder hat mir wie üblich meinen Anteil gebracht und hat dann seinen Schuhputzkasten hier gelassen«, teilte er Becky mit, die ihre Suche nach Daniel bei ihm im Keg & Kettle begonnen hatte.
    »Er hat seinen Kasten abgegeben?«, fragte Becky verständnislos. »Wollen Sie damit sagen, dass er nicht mehr für Sie arbeiten will?«
    »Nein, davon war nicht die Rede«, sagte Jeremy Walsh gereizt, weil sie ihn beim Kartenspielen störte. »Er sagte nur, dass er heute Abend noch etwas vorhabe, wobei ihn der Kasten behindern würde, und dass er ihn morgen bei mir wieder abholen wollte.«
    »Und was hat er vorgehabt?«, wollte sie wissen.
    »Da fragst du besser deinen Bruder, wenn er wieder auftaucht. Mir hat er jedenfalls nichts gesagt. Es interessiert mich auch nicht«, erwiderte der Captain ungeduldig. »Aber ich rate ihm, morgen früh pünktlich hier zu sein und wieder an die Arbeit zu gehen, sonst bekommt er mehr Ärger, als ihm lieb sein dürfte. Ich lasse nicht zu, dass meine bootblacks kommen und gehen, wie es ihnen beliebt. Solche Sitten lasse ich erst gar nicht bei mir einreißen, das kannst du ihm ausrichten!«
    Becky verabschiedete sich und kehrte zu Timothy und Coffin zurück, die sie zur Taverne begleitet hatten und auf der Straße warteten.
    »Ich kann mir einfach keinen Reim darauf machen«, sagte sie wütend. »So etwas hat Daniel doch noch nie gemacht! Und was soll ein zehnjähriger Junge um diese Zeit bloß vorhaben können?«
    »Eine ganze Menge, wenn du mich fragst - sofern er nicht Daniel Brown heißt und unter der strengen Knute seiner älteren Schwester steht«, erwiderte Coffin scherzhaft.
    »Ach was!«, wehrte Becky ab. »Er hätte erst zu uns in die Wirtschaft kommen und mir sagen müssen, was er vorhat. Er muss doch wissen, dass ich mir Sorgen mache!«
    Timothy zuckte die

Weitere Kostenlose Bücher