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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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wie
Kraiklyn hatten den Abschaum von Gefängnissen und
Irrenanstalten, dazu ein paar bezahlte Depressive, die ihren Anteil
an eventuellen Gewinnen jemand anders vermacht hatten. Oft konnten
Mitglieder der Sekte der Verzweifelten überredet werden, als
Leben mitzuwirken, entweder umsonst oder gegen eine Spende für
ihre Sache. Doch entdeckte Horza keine einzige auffällige
Turmfrisur, wie sie sie trugen, und kein Symbol des blutenden
Auges.
    Kraiklyn hatte nur drei Leben finden können. Es sah nicht
danach aus, als werde er sehr lange im Spiel bleiben.
    Die weißhaarige Frau auf dem reservierten Platz vorn an der
Terrasse stand auf, streckte sich und schlenderte zwischen den
Couchen und Sitzen die Terrasse hoch, einen gelangweilten Ausdruck
auf dem Gesicht. Gerade als sie auf der Höhe von Horzas Couch
anlangte, brach auf einer Terrasse hinter ihnen ein Tumult los. Die
Frau blieb stehen und sah hin. Horza drehte sich um. Noch durch das
Dämpferfeld hörte man einen Mann brüllen. Anscheinend
war es zu einem Kampf gekommen. Zwei Sicherheitsleute versuchten,
zwei Besucher daran zu hindern, auf dem Boden herumzurollen. Die
Menge auf der Terrasse umstand die Störung im Kreis. Ihre
Aufmerksamkeit war zwischen den Vorbereitungen für das
Katastrophenspiel und dem Handgemenge auf ihrer Terrasse geteilt.
Schließlich wurden die beiden Kämpfer auf die
Füße gestellt, aber nur den einen hielt man fest –
einen noch jungen Mann, der Horza irgendwie bekannt vorkam, obwohl er
sich offenbar mit einer blonden Perücke, die ihm jetzt vom Kopf
rutschte, verkleidet hatte.
    Der andere Kämpfer – es war auch ein Mann – zog
eine Karte aus seiner Kleidung und zeigte sie seinem Gegner, der
immer noch herumbrüllte. Dann führten die beiden
uniformierten Wachen und der Mann, der die Karte geschwenkt hatte,
den jungen Mann ab. Der Mann mit der Karte nahm etwas hinter einem
Ohr des Verhafteten weg, der zu einem der Zugangstunnel geschleppt
wurde. Die junge Frau mit dem langen weißen Haar kreuzte die
Arme und stieg weiter nach oben. Die kreisförmige freie Stelle
in der Menschenmenge auf der höhergelegenen Terrasse
schloß sich wieder wie ein Loch in einer Wolke.
    Horza sah der Frau nach, die sich ihren Weg vorbei an weiteren
Couchen bahnte, bis sie die Terrasse verließ und ihm aus den
Augen kam. Er hob den Kopf. Die sich duellierenden Tiere waren immer
noch dabei, zu springen und sich zu drehen. Ihr weißes Blut,
das ihre zottigen Felle verklebte, schien zu glühen. Sie
fauchten leise und schlitzten sich gegenseitig mit ihren langen
Vordergliedmaßen auf. Aber ihre Akrobatik und ihre
Zielsicherheit hatten gelitten. Allmählich wirkten sie
erschöpft und unbeholfen. Horza wandte den Blick wieder dem
Spieltisch zu. Dort waren alle bereit, und das Spiel sollte gleich
beginnen.
     
    ›Katastrophe‹ war im Grunde nichts als ein ausgefallenes
Kartenspiel: teils Geschick, teils Glück und teils Bluff.
Interessant wurde es nicht einfach durch die hohen Summen, um die es
ging, und nicht einmal durch die Tatsache, daß ein Spieler
immer, wenn er ein Leben verlor, ein Leben verlor – ein
lebendes, atmendes menschliches Wesen –, sondern durch die
Verwendung komplizierter, das Bewußtsein verändernder
elektronischer Zweiwege-Felder rund um den Spieltisch.
    Mit den Karten in der Hand konnte ein Spieler die Gefühle
eines anderen Spielers oder manchmal mehrerer anderer Spieler
verändern. Furcht, Haß, Verzweiflung, Hoffnung, Liebe,
Kameradschaft, Zweifel, Hochstimmung, Paranoia, buchstäblich
jeder emotionale Zustand, dessen das menschliche Gehirn fähig
ist, konnte auf einen anderen Spieler abgestrahlt oder auf sich
selbst gerichtet werden. Aus genügend großer Entfernung
oder in einem Feldschild nahebei wirkte das Spiel wie ein
Zeitvertreib für Geistesgestörte oder Schwachsinnige. Ein
Spieler mochte sein offensichtlich gutes Blatt plötzlich
hinwerfen; jemand, der praktisch nichts in der Hand hatte, setzte
vielleicht sämtliche Credits, die er besaß; Leute brachen
weinend zusammen oder wurden von unbeherrschbaren Lachkrämpfen
befallen; sie stöhnten vor Liebe zu einem Spieler, der
bekanntermaßen ihr erbittertster Feind war, oder rissen an
ihren Haltegurten, weil sie sich freimachen wollten, um einen
mörderischen Angriff auf ihren besten Freund zu führen.
    Oder sie brachten sich selbst um. Katastrophenspieler kamen
niemals von ihren Stühlen los (falls es ihnen gelang,
schoß ein Ischlorsinami sich mit einer schweren

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