Bedenke Phlebas
festzuhalten.
Fal’ Ngeestra seufzte. Nachdem sie auf dem Deck einmal
ringsherumgegangen war, setzte sie sich in der Nähe des Sterns
auf eine gepolsterte Bank. Geistesabwesend spielte sie mit einem der
Taue, die zwischen den Stützen gespannt waren, rieb es mit der
Hand. Der Junge, der diesen Vormittag mit ihr geredet hatte, als die
Yacht langsam vom Festland zu den Inseln segelte, sah sie dort sitzen
und kam zu ihr.
»Willst du dir die Insel nicht ansehen?« fragte er. Er
war sehr dünn und leicht. Seine Haut zeigte ein tiefes, beinahe
goldenes Gelb. Sie hatte einen Schimmer, der Fal an ein Hologramm
denken ließ, weil er irgendwie tiefer aussah, als die mageren
Arme und Beine des Jungen dick waren.
»Mir ist nicht danach«, antwortete Fal. Sie hatte an dem
Vormittag nicht gewollt, daß der Junge mit ihr sprach, und sie
wollte jetzt nicht mit ihm sprechen. Sie bereute, daß sie
zugestimmt hatte, auf die Kreuzfahrt mitzukommen.
»Warum nicht?« wollte der Junge wissen. Sein Name fiel
ihr nicht ein. Sie hatte nicht Obacht gegeben, als er angefangen
hatte, mit ihr zu reden, und sie war sich nicht einmal sicher, ob er
ihr seinen Namen genannt hatte, wenn sie auch annahm, er habe es
getan.
»Einfach so.« Sie zuckte die Achseln, ohne ihn
anzusehen.
»Oh«, sagte er. Er schwieg eine Weile. Fal war sich des
Sonnenlichts bewußt, das von seinem Körper reflektiert
wurde, aber sie drehte sich immer noch nicht um und sah ihn nicht an.
Sie betrachtete die fernen Bäume, die Wellen, die rötlichen
Körper der Ceerevellen, die aus dem Wasser herausschossen, sich
krümmten und wieder hineintauchten. Der Junge behauptete:
»Ich weiß, wie du dich fühlst.«
»Ach ja?« Nun drehte sie sich doch zu ihm um. Er sah ein
bißchen überrascht aus. Jetzt nickte er.
»Du hast es satt, nicht wahr?«
»Mag sein.« Sie wandte das Gesicht wieder ab. »Ein
kleines bißchen.«
»Warum folgt dieser alte Roboter dir
überallhin?«
Sie schoß einen Blick zu dem Jungen hinüber. Jase war
im Augenblick unter Deck und holte ihr etwas zu trinken. Er war im
Hafen mit ihr an Bord gegangen und hatte sich die ganze Zeit niemals
sehr weit von ihr entfernt – war in der beschützenden Art,
die er an sich hatte, ständig in ihrer Nähe geschwebt.
Wieder zuckte sie die Achseln. Eine Schar von Vögeln flog im
Innern der Insel auf. Sie riefen und machten Sturzflüge und
kreisten in der Luft. »Er sorgt für mich«, sagte sie.
Sie betrachtete ihre Hände, sah das Sonnenlicht auf den
Fingernägeln glänzen.
»Muß man für dich sorgen?«
»Nein.«
»Warum sorgt er dann für dich?«
»Das weiß ich nicht.«
»Du bist sehr geheimnisvoll, weißt du«, stellte er
fest. Sie glaubte, ein Lächeln in seiner Stimme zu hören.
»Du bist wie diese Insel«, fuhr er fort. »Du bist
seltsam und geheimnisvoll wie sie.«
Fal schnaubte und versuchte, vernichtend dreinzublicken. Dann sah
sie Jase aus einer Tür auftauchen. Er trug ein Glas. Schnell
stand sie auf und ging das Deck hinunter, gefolgt von dem Jungen. Sie
nahm dem alten Roboter das Glas ab und lächelte ihm dankbar zu.
Dann begrub sie ihr Gesicht in dem Glas und trank und betrachtete den
Jungen durch das Glas.
»Hallo, junger Mann«, sagte Jase. »Willst du dir
die Insel nicht ansehen?« Am liebsten hätte Fal der
Maschine wegen ihres herzlichen Tons und weil sie dem Jungen fast die
gleiche Frage stellte, wie er eben ihr, einen Tritt gegeben.
»Das könnte ich tun.« Der Junge sah Fal an.
»Das solltest du unbedingt tun.« Jase setzte sich in
Richtung Heck in Bewegung. Aus dem Gehäuse der alten Maschine
drang ein gekrümmtes Feld wie ein Schatten, ohne daß etwas
da war, das ihn hätte werfen können, und legte sich dem
Jungen um die Schultern. Ȇbrigens, ich konnte nicht umhin,
mitanzuhören, was du vorhin gesagt hast.« Sanft führte
er den Jungen das Deck hinunter. Der goldene Kopf des Jungen wandte
sich über die Schulter zu Fal zurück, die noch dabei war,
ganz langsam ihr Glas zu leeren, und sich gerade in Bewegung setzte,
um den beiden mit ein paar Schritten Abstand zu folgen. Der Blick des
Jungen ging von ihr zu dem Roboter an seiner Seite, der sagte:
»Du sprachst davon, daß du nicht in Kontakt aufgenommen
wirst…«
»Das ist richtig.« Ein defensiver Ton stahl sich in die
Stimme des Jungen. »Ich habe darüber gesprochen. Und?«
Fal kam weiter hinterher. Sie schmatzte mit den Lippen. Eis klingelte
in dem Glas.
»Das klingt verbittert«, meinte Jase.
»Ich bin nicht verbittert«,
Weitere Kostenlose Bücher