Bedenke Phlebas
einem
Stauwasser, einer Sackgasse. Wenn wir das sind… werden wir
vielleicht doch noch verlieren.«
»Verdammt, ich hole Sie doch noch auf die Seite der gerechten
Sache herüber, Perosteck«, sagte er mit einer Spur zuviel
Herzlichkeit. Balveda lächelte dünn.
Sie öffnete den Mund, um zu antworten, dann überlegte
sie es sich anders und schloß ihn wieder. Sie betrachtete ihre
Hände. Horza fragte sich, was er als Nächstes sagen
solle.
Eines Nachts, sechs Tage von ihrem Ziel entfernt – der Stern
des Systems war schon, auch bei normaler Sicht, ziemlich hell am
Himmel vor dem Schiff –, kam Yalson in seine Kabine.
Er hatte es nicht erwartet, und das Klopfen an der Tür
riß ihn so brutal aus einem Zustand zwischen Schlaf und Wachen,
daß er für ein paar Augenblicke desorientiert war. Er sah
sie auf dem Türschirm und ließ sie ein. Sie kam schnell,
schloß die Tür hinter sich, umarmte ihn und hielt ihn
schweigend fest. Horza versuchte, aufzuwachen und zu ergründen,
wie das geschehen sei. Anscheinend gab es keinen Grund dafür,
keinen Aufbau einer Spannung irgendeiner Art zwischen ihnen, keine
Hinweise, keine Andeutungen: nichts.
Yalson hatte den Tag, verkabelt mit kleinen Sensoren, im Hangar
verbracht und trainiert. Er hatte sie da gesehen, wie sie sich
ausarbeitete, schwitzte, sich erschöpfte, mit kritischen Augen
Anzeigen und Schirme ablas, als sei ihr Körper eine Maschine wie
das Schiff, und sie teste ihn beinahe bis zur Zerstörung.
Sie schliefen zusammen. Aber wie zur Bestätigung der
Anstrengungen, denen sie sich im Verlauf des Tages unterzogen hatte,
schlief Yalson fast in dem Augenblick ein, als sie sich hinlegten, in
seinen Armen, während er sie küßte und liebkoste, den
Duft ihres Körpers nach einer Zeit, die ihm wie Monate vorkam,
einatmete. Er lag wach und lauschte auf ihren Atem, spürte, wie
sie sich sacht in seinen Armen bewegte und wie ihr Puls langsamer und
langsamer schlug, als sie in tiefen Schlaf versank.
Am Morgen liebten sie sich, und danach fragte er sie, als er sie
hielt und der Schweiß auf ihren Körpern trocknete:
»Warum?« Der Schlag ihrer Herzen beruhigte sich. »Was
hat deine Meinung geändert?« Rings um sie summte das
Schiff.
Sie umarmte ihn noch fester und schüttelte den Kopf.
»Nichts«, sagte sie, »nichts Besonderes, nichts
Wichtiges.« Er spürte, wie sie die Achseln zuckte. Sie
drehte den Kopf von seinem Gesicht weg in seinen Arm, auf das
summende Schott zu. Mit dünnem Stimmchen sagte sie: »Alles;
Schars Welt.«
Drei Tage vor ihrem Ziel sah er den Mitgliedern der Freien
Söldnertruppe im Hangar zu, wie sie sich ausarbeiteten und sich
mit ihren Lasern im Schießen auf den Schirm übten. Neisin
machte nicht mit, weil er sich nach dem, was im Tempel des Lichts
geschehen war, immer noch weigerte, einen Laser zu benutzen. Er hatte
sich während seiner wenigen nüchternen Augenblicke in
Evanauth mit Mikroprojektil-Magazinen eingedeckt.
Nach den Schießübungen ließ Horza jeden der
Söldner seinen Antigrav-Harnisch überprüfen. Kraiklyn
hatte einen billigen Posten davon gekauft und darauf bestanden,
daß Mitglieder der Freien Söldnertruppe, die nicht bereits
eine Antigrav-Einheit in ihrem Anzug hatten, einen Harnisch von ihm
zu einem Preis kauften, den er als Selbstkosten bezeichnete. Horza
hatte anfangs Bedenken gehabt, aber die Antigrav-Einheiten
funktionierten, und bestimmt würden sie bei der Durchsuchung der
tieferen Schächte des Kommando-Systems von Nutzen sein.
Es freute Horza, daß die Söldner ihm in das
Kommando-System folgen würden, wenn es notwendig war. Die lange
Pause seit den Aufregungen auf Vavatch und die langweilige Routine
des Lebens auf der Clear Air Turbulence ließ sie nach
etwas Interessanterem lechzen, Schars Welt konnte, wie Horza sie
– ehrlich – beschrieben hatte, so schlecht nicht sein.
Wenigstens war es unwahrscheinlich, daß sie sich in einem
Feuergefecht wiederfinden würden, und niemand,
einschließlich des Gehirns, das zu suchen sie Horza letzten
Endes helfen mochten, würde anfangen, Dinge in die Luft zu
sprengen. Denn schließlich war da ein Dra’Azon, mit dem
man rechnen mußte.
Die Sonne des Systems von Schars Welt strahlte jetzt hell vor
ihnen, das hellste Licht am Himmel. Die Glitzerwand war nicht
sichtbar, weil sie sich noch innerhalb des Spiral-Astes befanden und
hinausblickten, aber es fiel auf, daß alle Sterne voraus
entweder ganz nah oder sehr weit entfernt waren, und in der
Lücke dazwischen
Weitere Kostenlose Bücher