Bedenke Phlebas
vielleicht fünfzehn Meter lang, mit
einem Durchmesser von drei Metern, silbrig gelb in dem schwachen
Licht, das aus der Kontrollkabine des Zuges fiel. Es schwebte in der
schalen Luft wie ein toter Fisch an der Oberfläche eines stillen
Teiches. Horza sah auf den Massen-Sensor des Anzugs. Er registrierte
das verschwommene Signal des Zug-Reaktors, sonst nichts.
»Yalson…« – er flüsterte, obwohl er
wußte, daß es unnötig war –, »zeigt sich
irgend etwas auf diesem Massen-Sensor?«
»Nur eine schwache Spur; ein Reaktor, nehme ich an.«
»Wubslin«, sagte Horza, »da ist etwas hinten im
Bahnhof, das wie das Gehirn aussieht. Aber auf beiden Sensoren zeigt
es sich nicht. Kann sein Antigrav es für die Sensoren unsichtbar
machen?«
»Eigentlich nicht«, gab Wubslin verwirrt zurück.
»Das könnte einen passiven Schwerkraft-Sensor
täuschen, aber nicht…«
Ein lautes Geräusch wie von brechendem Metall kam von dem
Zug. Horzas Anzug meldete ein abruptes Ansteigen der lokalen
Strahlung. »Heilige Scheiße!« sagte Horza.
»Was ist los?« fragte Yalson. Weitere klickende,
schnappende Geräusche hallten durch den Bahnhof. Ein zweites
schwaches gelbes Licht glomm an der Unterseite des Reaktor-Wagens in
der Mitte des Zuges auf.
»Sie basteln an dem Reaktor-Wagen herum, das ist los«,
antwortete Horza.
»Gott«, stöhnte Wubslin. »Wissen sie nicht,
wie alt das ganze Zeug ist?«
»Warum tun sie das?« wollte Aviger wissen.
»Es könnte ein Versuch sein, den Zug unter eigener
Energie fahren zu lassen«, meinte Horza. »Diese
verrückten Schweinehunde.«
»Vielleicht sind sie zu faul für eine Fußwanderung
zurück an die Oberfläche«, meinte der Roboter.
»Diese… diese Atomreaktoren, die können doch nicht
explodieren, oder?« fragte Aviger, und im gleichen Augenblick
schoß ein blendendes blaues Licht unter dem mittleren Teil des
Zuges hervor. Horza zuckte zusammen. Die Augen hatte er geschlossen.
Er hörte Wubslin etwas rufen. Dann wartete er auf die
Druckwelle, den Lärm, den Tod. Er blickte hoch. Das Licht
blitzte und funkelte immer noch unter dem Reaktor-Wagen hervor. Ab
und zu zischte es wie Statik.
»Horza!« rief Yalson.
»Heilands Sack!« fluchte Wubslin. »Ich hätte
mir beinahe in die Hose geschissen.«
»Es ist okay«, beruhigte Horza die anderen. »Ich
dachte, sie würden das verdammte Ding in die Luft jagen. Was ist
das, Wubslin?«
»Sie schweißen, glaube ich«, erwiderte Wubslin.
»Mit Lichtbogen.«
»Dann wollen wir diesen Wahnsinnigen das Handwerk legen,
bevor sie uns alle wegpusten«, entschied Horza. »Yalson,
komm zu mir! Dorolow, schließ dich Wubslin an! Aviger, du
bleibst bei Balveda!«
Die Leute brauchten ein paar Minuten, um sich umzugruppieren.
Horza beobachtete das helle, flackernde blaue Licht, das unter der
Mitte des Zuges knisterte. Dann ging es aus. Der Bahnhof wurde nur
noch von den beiden schwachen Lichtern erhellt, die von dem
Kontrolldeck und von dem Reaktor-Wagen kamen. Yalson schwebte den
Fußgängertunnel hinunter und landete weich neben
Horza.
»Fertig«, meldete Dorolow über das Interkom. Dann
blitzte ein Schirm in Horzas Helm auf, ein Lautsprecher piepste ihm
ins Ohr. In ihrer Nähe hatte etwas ein Signal abgestrahlt, aber
es war nicht von einem ihrer Anzüge oder von dem Roboter
ausgegangen.
»Was war das?« fragte Wubslin. Dann: »Sieh mal, da
drüben. Auf dem Boden. Sieht wie ein Kommunikator aus.«
Horza und Yalson wechselten einen Blick. »Horza«, sagte
Wubslin, »hier im Tunnel liegt ein Kommunikator auf dem Boden;
ich glaube, er ist eingeschaltet. Er muß das Geräusch
aufgenommen haben, mit dem Dorolow neben mir landete. Das hat er
gesendet; sie benutzen ihn als Wanze.«
»Tut mir leid«, entschuldigte Dorolow sich.
»Faßt das Ding bloß nicht an!« rief Yalson
hastig. »Es könnte losgehen.«
»So. Jetzt wissen sie, daß wir hier sind«, stellte
Aviger fest.
»Sie hätten es sowieso bald erfahren«, sagte Horza.
»Ich werde versuchen, sie anzurufen. Haltet euch bereit für
den Fall, daß sie keine Lust zum Reden haben.«
Horza stellte sein Antigrav-Gerät ab und ging ans Ende des
Tunnels, fast bis auf den Bahnsteig. Dort lag noch ein Kommunikator
und gab das einzige Geräusch hier weiter. Horza betrachtete den
großen, dunklen Zug und schaltete seinen Lautsprecher ein. Er
holte tief Atem und wollte auf idiranisch zu reden beginnen.
Etwas blitzte aus einem schlitzähnlichen Fenster fast am
hinteren Ende des Zuges. Horzas Kopf wurde in den
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