Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
Vom Netzwerk:
größeres.«
    »Ihr… äh… ihr glaubt also nicht an
Seelen?« fragte Horza schüchtern und hoffte, dies
würde ihm keinen weiteren Tritt eintragen.
    »Steck dir deine Seele in den Arsch, Fremder«, erwiderte
Mr. Eins lachend. »Du tätest gut daran, zu hoffen,
daß es so etwas nicht gibt. Manche Leute sind von Natur aus
Fresser, und manche werden gefressen, und ich sehe keinen Grund,
warum es bei ihren Seelen anders sein sollte. Da du nun
offensichtlich zu denen gehörst, die gefressen werden, kannst du
nur hoffen, keine Seele zu haben. Das wäre für dich immer
noch das Beste, glaub mir.« Mr. Eins holte den Lappen hervor,
den er Horza vom Mund genommen hatte. Er band ihn wieder fest.
»So ist es – keine Seele wäre das Beste für dich,
Freund. Aber sollte sich herausstellen, daß du eine hast,
kommst du wieder und erzählst es mir, damit ich etwas zum Lachen
habe, in Ordnung?« Mr. Eins zog den Knoten fest und zerrte damit
Horzas Kopf gegen den hölzernen Pfahl.
    Fwi-Songs Leutnant beendete seine Aufgabe, die schimmernden
Metallzähne zu schärfen. Dann stand er auf und sprach mit
den anderen Fressern am Feuer. Nach einer Weile gingen sie zu den
kleinen Zelten, und bald hatten alle den Strand verlassen. Nur Horza
blieb zurück, um den paar sterbenden Feuern zuzusehen.
    Die ferne Brandung rauschte leise, Sterne zogen auf ihrer Bahn
dahin, und auf der Tagseite des Orbitals war oben eine Linie hellen
Lichts. Schimmernd im Sternenlicht und im O-Licht wartete stumm das
Kultur-Shuttle mit offenen Hecktüren wie eine Höhle
sicherer Dunkelheit.
    Horza hatte die Knoten, die seine Hände und Füße
fesselten, bereits geprüft. Es würde nichts nützen,
wenn er seine Handgelenke schrumpfen ließ. Das Seil, die Schnur
oder was sie benutzt hatten, zog sich die ganze Zeit immer wieder ein
bißchen mehr zusammen und würde die Lockerung ebenso
schnell beseitigen, wie er sie produzieren konnte. Vielleicht
schrumpfte das Material beim Trocknen, und sie hatten es
angefeuchtet, bevor sie ihn fesselten.
    Das ließ sich nicht sagen. Er konnte den Säuregehalt
seiner Schweißdrüsen da, wo das Seil seine Haut
berührte, verstärken, und das war immer einen Versuch wert.
Aber wahrscheinlich gab ihm nicht einmal die lange Nacht von Vavatch
genug Zeit, daß es funktionierte.
    Schmerz ist nicht real, sagte er zu sich selbst. Quatsch!
     
    Horza erwachte im Morgengrauen gleichzeitig mit mehreren Fressern,
die langsam zum Wasser hinunterwanderten, um sich in der Brandung zu
waschen. Ihm war kalt. Er zitterte. Wie er feststellte, war seine
Körpertemperatur während der Nacht in der leichten Trance,
in die er sich für die Veränderung der Hautzellen an seinen
Handgelenken hatte versetzen müssen, beträchtlich gesunken.
Er zerrte an den Seilen, suchte nach einem Nachlassen der Spannung,
nach dem leichtesten Reißen von Fasern oder Strängen. Da
war nichts, nur weiterer Schmerz an den Handflächen, wo
Schweiß auf unveränderte Haut hinuntergelaufen war, die
keinen Schutz gegen die Säure aus seinen
Schweißdrüsen besaß. Das beunruhigte ihn eine
Sekunde lang. Denn wenn es jemals dazu kommen sollte, daß er
Kraiklyn verkörperte, mußte er, um es ordentlich zu
machen, die Finger- und Handflächenabdrücke des Mannes
übernehmen, und dazu brauchte er Haut, die in perfekter
Wandlungskondition war. Dann lachte er über sich selbst,
daß er sich darüber Gedanken machte, wo er doch
wahrscheinlich den heutigen Abend nicht mehr erleben würde.
    Er zog unentschlossen in Erwägung, sich selbst zu töten.
Möglich war es; mit nur ein wenig interner Vorbereitung konnte
er einen seiner eigenen Zähne benutzen, um sich zu vergiften.
Doch solange es noch die geringste Chance gab, brachte er es nicht
über sich, ernsthaft daran zu denken. Wie hielten es
Kultur-Leute im Krieg? Angeblich waren auch sie imstande, willentlich
zu sterben, wenn es auch hieß, die Sache sei komplizierter als
einfach nur Gift. Doch wie widerstanden sie der Versuchung, sich
davonzuschleichen, diese weichen, vom Frieden verwöhnten
Gemüter?
    Er stellte sie sich im Kampf vor, wie sie, wenn die ersten
Schüsse trafen und es die ersten Wunden gab, beinahe im gleichen
Augenblick Zuflucht zur Auto-Euthanasie nahmen. Der Gedanke brachte
ihn zum Lächeln.
    Die Idiraner kannten ebenfalls eine Todestrance, aber sie
benutzten sie nur in Fällen äußerster Schande und
Entehrung oder wenn ein Lebenswerk vollendet war oder wenn jemandem
eine verkrüppelnde Krankheit drohte. Und anders

Weitere Kostenlose Bücher