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Bedenke Phlebas

Bedenke Phlebas

Titel: Bedenke Phlebas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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auf
Idir und dann – als sie schließlich in die Gesellschaft
ihres lokalen Sternenhaufens eintraten – rings um sie, zwischen
und unter anderen Spezies. Sie hatten wegen dieses Mangels an Ordnung
leiden müssen; sie waren zu Millionen in dummen, von Habgier
inspirierten Kriegen gestorben, in die sie ohne eigene Schuld
verwickelt wurden.
    Sie glaubten an den vorherbestimmten Platz. Bestimmte Individuen
würden immer an bestimmte Plätze gehören – das
Hochland, die fruchtbaren Gebiete, die gemäßigten Inseln
–, ob sie dort geboren waren oder nicht. Das gleiche galt
für Stämme, Clans und Rassen (und sogar für Spezies;
die meisten der alten heiligen Texte hatten sich als ausreichend
flexibel und vage erwiesen, um es mit der Entdeckung aufzunehmen,
daß die Idiraner nicht allein im Universum waren. Die Texte,
die etwas anderes behaupteten, hatte man prompt ausgemerzt, und ihre
Verfasser wurden erst rituell verflucht und dann gründlich
vergessen). In seiner weltlichen Form konnte der Glaube als die
Überzeugung definiert werden, daß es einen Platz für
alles gab, und alles an seinem Platz sein sollte. War einmal alles an
seinem Platz, würde Gott glücklich über das Universum
sein, und ewiger Friede und ewige Freude lösten das
gegenwärtige Chaos ab.
    Die Idiraner sahen sich selbst als Ausführende dieser
großen Umordnung. Sie waren die Erwählten. Zuerst war
ihnen Frieden gewährt worden, damit sie begriffen, was Gott
wünschte, und dann hatten die Kräfte der Unordnung, die
sie, wie sie nach und nach erkannten, bekämpfen mußten,
sie zur Tat getrieben. Gott hatte etwas Großes mit ihnen im
Sinn. Sie mußten ihren eigenen Platz finden, zumindest in der
Heimat-Galaxis und vielleicht noch darüber hinaus. Die reiferen
Spezies konnten sich um ihre Rettung selbst kümmern, ihre
eigenen Regeln aufstellen und ihren eigenen Frieden mit Gott finden.
(Es war ein Zeichen Seiner Großzügigkeit, daß Er
glücklich über ihre Errungenschaften war, auch wenn sie Ihn
leugneten.) Aber die anderen – die umherschwärmenden,
chaotischen, kämpfenden Völker –, sie brauchten
Führung.
    Die Zeit war gekommen, die Spielzeuge eigensüchtigen Strebens
zur Seite zu legen. Daß die Idiraner dies erkannt hatten, war
das Zeichen dafür. In ihnen und in der Welt, die ihr
göttliches Erbteil, die Zauberformel innerhalb ihres genetischen
Erbes war, tauchte eine neue Botschaft auf: Werdet erwachsen!
Benehmt euch! Bereitet euch vor!
    Horza glaubte ebensowenig an die Religion der Idiraner, wie es
Balveda getan hatte, und tatsächlich sah er in ihren
überüberlegten, zu sehr geplanten Idealen genau die Sorte
lebensbeengender Kräfte, die er im ursprünglich
gütigeren Ethos der Kultur so verabscheute. Aber die Idiraner
verließen sich auf sich selbst, nicht auf ihre Maschinen, und
deshalb waren sie immer noch Teil des Lebens. Das machte für
Horza den entscheidenden Unterschied aus.
    Horza war überzeugt, die Idiraner würden es niemals
schaffen, alle weniger weit entwickelten Zivilisationen in der
Galaxis zu unterwerfen. Der Tag des Gerichts, von dem sie
träumten, würde niemals kommen. Aber die absolute
Sicherheit dieser letztendlichen Niederlage machte die Idiraner zu
normalen Wesen, zu einem Teil des allgemeinen Lebens der Galaxis. Sie
waren einfach eine weitere Spezies, die wachsen und sich ausbreiten
und dann, wenn sie die Plateau-Phase fand, die alle nicht
selbstmörderischen Spezies schließlich erreichen, sich
beruhigen würde. In zehntausend Jahren waren die Idiraner sicher
eine Zivilisation unter vielen und führten ihr eigenes Leben.
Die augenblickliche Ära der Eroberungen war dann eine Quelle
hochgehaltener Erinnerungen, aber bis dahin war sie unwesentlich
geworden, wegerklärt von einer kreativen Theologie. Die Idiraner
waren vorher ruhig und introspektiv gewesen; sie würden es
wieder werden.
    Schließlich waren sie vernünftig. Sie hörten mehr
auf die Stimme des Verstandes, als sie sich von ihren Emotionen
leiten ließen. Das einzige, woran sie glaubten, ohne einen
Beweis dafür zu verlangen, war, daß das Leben einen Sinn
habe, daß es etwas gebe, das die meisten Sprachen mit
›Gott‹ übersetzten, und daß dieser Gott eine
bessere Existenz für seine Schöpfungen wolle. Im Augenblick
verfolgten sie dieses Ziel selbst, glaubten, daß sie die Arme
und Hände und Finger Gottes seien. Aber wenn die Zeit kam,
würden sie sich der Erkenntnis nicht verschließen,
daß sie das falsch verstanden hatten, daß es nicht

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