Bedenke Phlebas
Bissen von dem rohen Fleisch nahm, das sie aus den
Körben ins Wasser warfen.
Fwi-Song, der am Strand dicht an der Brandungslinie abgetrocknet
wurde, sah zu, wie das Essen ins Meer geworfen wurde, nickte
billigend und sprach ruhige Worte der Ermutigung zu seiner Herde.
Dann klatschte er in die Hände, und die Trage wurde langsam am
Strand entlang zu dem Feuer und dem Wandler befördert.
»Opfergabe! Geschenk! Mach dich bereit!« schmetterte
Fwi-Song. Er rückte sich auf seiner Trage mit kleinen Bewegungen
zurecht, die Wellen über all die großen Falten und
Speckseiten seines massigen Körpers schickten. Horza begann,
schneller zu atmen, spürte sein Herz hämmern. Er schluckte
und zerrte von neuem an dem Strick, der seine Hände fesselte.
Mr. Eins und die beiden Frauen gruben im Sand nach den Säcken
mit ihren Ornaten.
Alle Fresser versammelten sich um das Feuer, die Gesichter Horza
zugekehrt. Ihre Augen blickten leer oder vage interessiert, mehr
nicht. Lustlosigkeit kennzeichnete ihre Bewegungen und ihren
Ausdruck. Horza fand das deprimierender als regelrechten Haß
oder sadistische Freude.
Die Fresser begannen zu psalmodieren und zu singen. Mr. Eins und
die beiden Frauen wickelten die verschossenen Stoffbahnen um ihre
Körper. Mr. Eins sah Horza an und grinste.
»O glücklicher Augenblick in den endenden Tagen!«
Fwi-Song hob Stimme und Hände, und seine Worte schallten zum
Mittelpunkt der Insel hin. Von neuem wehte der Gestank der
Kochtöpfe an dem Wandler vorbei. »Die Vernichtung und
Erschaffung von diesem hier sollen sein ein Symbol für
uns!« Fwi-Song ließ seine Arme in riesigen Rollen
weißen Fleisches sinken. Die goldbraunen Oberflächen
schimmerten im Sonnenlicht, als der Prophet seine fetten Finger
verflocht. »Sein Schmerz sollen sein unser Entzücken, so
wie unsere Vernichtung werden sein unsere Vereinigung. Sein
Geschunden- und Verzehrtwerden sollen sein unsere Befriedigung und
Ergötzung!« Fwi-Song hob den Kopf und sprach in der
Sprache, die die anderen verstanden. Ihr Gesang veränderte sich
und wurde lauter. Mr. Eins und die beiden Frauen näherten sich
Horza.
Horza spürte, daß Mr. Eins ihm den Knebel vom Mund
nahm. Der hellhäutige Mann sagte etwas zu den beiden Frauen, die
an die brodelnden Kessel mit stinkender Flüssigkeit traten.
Horzas Kopf fühlte sich sehr leicht an. Ihm saß ein
Geschmack in der Kehle, den er nur zu gut kannte. Es war, als
hätte etwas von der Säure, die an seinen Handgelenken
fraß, irgendwie den Weg zu seiner Zunge gefunden. Wieder zerrte
er an den Fesseln in seinem Rücken, daß die Muskeln
zitterten. Der Gesang ging weiter. Die Frauen schöpften die
scheußliche Brühe in Schüsseln. Horzas leerer Magen
drehte sich bereits um.
Es gibt im wesentlichen zwei Möglichkeiten, um
Fesseln zu entrinnen, wenn man von denen absieht, die auch
Nicht-Wandlern zu Gebote stehen (hatte auf der Akademie in seinem
Kollegheft gestanden): den anhaltenden Säureschweiß,
wenn das Material der Fesseln davon angegriffen werden kann, und
eine Verformung, vorzugsweise eine Verjüngung des
betreffenden Gliedes.
Horza versuchte, aus seinen müden Muskeln noch ein kleines
bißchen Kraft herauszulocken.
Starkes Säureschwitzen kann nicht nur die
anstoßenden Hautflächen beschädigen, sondern durch
ein gefährlich verändertes chemisches Gleichgewicht auch
den Körper als Ganzes. Bei zu starker Verjüngung besteht
die Gefahr eines so starken Verschleißes der Muskeln und
einer solchen Schwächung der Knochen, daß während
des kurz- und langfristigen Fluchtversuches ernste Behinderungen
in ihrer Benutzung auftreten können.
Mr. Eins näherte sich mit den Holzkeilen, die er Horza in den
Mund stemmen wollte. Zwei der größeren Fresser hatten sich
vor der Menge aufgestellt und traten ein Stück vor, bereit, Mr.
Eins zu assistieren. Fwi-Song faßte mit der Hand hinter sich.
Die Frauen verließen die brodelnden Kessel.
»Öffne den Mund weit, Fremder!« befahl Mr. Eins und
streckte die Hände mit den beiden Holzklötzen aus.
»Oder sollen wir eine Brechstange benutzen?« Mr. Eins
lächelte.
Horza strengte die Armmuskeln an. Sein Oberarm bewegte sich. Mr.
Eins sah es und hielt einen Augenblick lang inne. Eine von Horzas
Händen riß sich los. Sie schoß herum, die Finger zu
Klauen gekrümmt, bereit, Mr. Eins das Gesicht aufzukratzen. Der
hellhäutige Mann wich zurück, doch nicht schnell genug.
Horzas Finger faßten Mr. Eins’ Wickelgewand und Jacke,
die von seinem sich
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