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Bedroht

Bedroht

Titel: Bedroht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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einer Freundin gestritten, vielleicht hatte man sie zu Recht oder Unrecht in der Schule ausgeschimpft, vielleicht hatte sie auch aus irgendeinem Grund ein schlechtes Gewissen, oder sie hatte es nur eilig gehabt, in ihr Zimmer zu kommen. So war es nun einmal, und es würde nicht lange anhalten. Anna war froh, das miterleben zu dürfen. Sie war seit Heddas Geburt nie mehr als zwei Nächte hintereinander von ihr getrennt gewesen. Aber wer wusste, wie lange das noch so ging.
    Möglicherweise war sie ja hysterisch. Wie ihre Mutter schon sagte, war sie nicht die Einzige auf der Welt, die untreu gewesen war. Sie war auch nicht die Einzige, die nackt auf einem Video zu sehen war.
    »Hörst du nicht, dass dein Telefon klingelt?«
    Anna drehte sich um. Hedda stand mit gewichtig in die Seiten gestemmten Armen vor ihr und hielt den Hörer in der Hand. Jetzt drückte sie auf den Knopf und antwortete.
    »Nichts Besonderes«, sagte sie.
    Anna hörte an ihrer Stimme, dass es Lukas war.
    »In der Küche«, antwortete Hedda.
    Anna vermutete, dass er sich erkundigt hatte, wo sie sich gerade aufhalte. Merkwürdig, wenn man bedachte, dass er auf dem Festnetz anrief. Anna betrachtete ihre Tochter, die genau wie sie beim Telefonieren auf den Boden starrte.
    »Aber warum denn? Okay.«
    Hedda beendete das Gespräch und schaute ihre Mutter an.
    »Das war Papa«, sagte sie. »Wir sollen hier stehen bleiben und aus dem Fenster schauen.«
    »Aus dem Fenster schauen?«
    Hedda zuckte mit den Achseln.
    »Warum?«
    »Das hat er nicht gesagt.«
    Sie schauten aus dem Fenster. Fünf Sekunden vergingen, zehn. Nach fünfzehn Sekunden glitt majestätisch eine rote Geländelimousine heran. Hedda rannte nach draußen, Anna ließ sich etwas mehr Zeit. Lukas war bereits ausgestiegen, als sie aus dem Haus trat.
    »Und?«, fragte er stolz. »Wenn wir hundertfünfzigtausend drauflegen, gehört er uns.«
    »Ist der gebraucht?«
    »Natürlich ist er gebraucht. Ein neuer kostet fünf- oder sechshunderttausend. Was meinst du?«
    Anna nickte.
    »Doch, ja.«
    »Steigt ein.«
    »Ich schließe nur rasch ab.«
    »Das ist doch nicht nötig. Wir drehen nur eine kleine Runde.«
    Langsam fuhren sie durch das Wohnviertel. Lukas pries unablässig die Vorteile und Finessen des neuen Autos.
    »Wie hoch man sitzt«, meinte Anna.
    »Stimmt. Schon allein das. Dieser Überblick. Was sagst du, Schatz?«
    Er drehte sich zu Hedda auf dem Rücksitz um.
    »Schön«, sagte sie.
    »Nicht wahr?«
    »Und der Verbrauch?«, fragte Anna.
    »Etwa zehn Liter auf hundert Kilometer, nicht mehr als der, den wir jetzt haben. Was meinst du?«
    Anna zuckte mit den Achseln und wandte sich an ihren hoffnungsvollen Ehemann.
    »Und wie viel Kilometer hat er auf dem Tacho?«
    »Sechzigtausend.«
    »Also fast so viel wie unser alter?«
    »Meine Güte, das lässt sich doch nicht vergleichen. Das hier ist deutsche Wertarbeit, das ist ein ganz anderes Auto.«
    Anna schaute nach vorne und dachte, dass es schon seltsam war, wie wichtig so sinnlose Dinge offenbar für ihn waren. Und spätestens in zwei Wochen wäre die kindische Freude ihres Mannes wieder vom gleichgültigen Alltag eingeholt.
    »Wenn du ihn haben willst, bin ich einverstanden«, sagte sie.
    Lukas lächelte. Er beugte sich vor, schaltete das Radio ein, drehte die Lautstärke auf, streckte die Arme aus und lehnte sich genüsslich zurück.

52
    Lukas hielt vor dem Haus.
    »Dann fahre ich also wieder zurück und mache die Sache perfekt?«, sagte er.
    Anna nickte.
    »Immerhin hunderttausend weniger als der, den wir uns angeschaut haben.«
    Anna tätschelte sein Knie, öffnete die Tür und stieg aus. Sie wandte sich an Hedda.
    »Kommst du, Liebling?«
    »Ich will mit in die Stadt fahren. Darf ich vorne sitzen?«
    »Natürlich.«
    Anna blieb auf dem Wendehammer stehen und sah ihnen hinterher. Sie ging ins Haus, schloss die Tür hinter sich und bemerkte einen schwachen Erdbeerduft. Kaum wahrnehmbar. Die Luft war plötzlich anders. Sie stand vollkommen regungslos da, die Hand immer noch auf der Türklinke, und lauschte.
    »Hallo?«
    Sie ließ die Türklinke vorsichtig los und trat einen Schritt vor.
    »Hallo?«
    Sie sah sich nach einem Gegenstand um, mit dem sie sich verteidigen konnte, nahm einen Regenschirm, hielt ihn vor sich hin und rief erneut.
    Sie schnupperte. Der Erdbeerduft war nicht mehr so deutlich. Hatte sie ihn sich nur eingebildet?
    »Erik?«
    Sie ging in die Küche, tauschte den Regenschirm gegen ein Küchenmesser aus und schluckte

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