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Bedroht

Bedroht

Titel: Bedroht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
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vielen Jahren im Urlaub kennengelernt. Jetzt bin ich auf dem Weg nach Stockholm und wollte sie gerne überraschen.«
    »Es tut mir leid, aber da habe ich eine schlechte Nachricht«, sagte der Versicherungsvertreter Lars Johansson. »Anneli Månsson ist leider tot.«
    »Tot? Aber so alt war sie doch noch gar nicht?«
    »Sie hat sich das Leben genommen.«
    »Hat sich das Leben genommen?«, erwiderte Kathrine. »Warum denn nur?«
    Sie versuchte, schockiert und angemessen betroffen zu klingen.
    »Das ist schwer zu sagen«, antwortete Johansson.
    »Aber sie war doch so … voller Leben«, sagte Kathrine und verabscheute sich dafür.
    »Ja«, meinte Lars Johansson stoisch. »Man steckt nicht in anderen Menschen drin.«
    Kathrine versuchte es anders.
    »Kannten Sie sie?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Und ihren Sohn?«
    »Nein, aber ich habe gehört, dass er sie gefunden hat.«
    »Gott, der Ärmste«, sagte Kathrine, bedankte sich und beendete das Gespräch.
    Sie rief die nächste Person von der Liste der ehemaligen Nachbarn Erik Månssons an, eine Frau in ihrem eigenen Alter.
    »Barbro Wellin.«
    »Hallo, ich heiße Kathrine Hansson. Ich rufe aus Helsingborg an.«
    »Aha.«
    Diesmal sagte Kathrine ohne Umschweife, was sie wissen wollte. Es fiel ihr schwer, einer Gleichaltrigen gegenüber eine Geschichte zu erfinden und zu lügen.
    »Jetzt belästigt er meine Tochter, und ich würde gerne herauskriegen, ob er … gefährlich ist?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Barbro Wellin. »Er wohnte mit seiner Mutter zusammen, die sich vor etwa zwei Jahren das Leben genommen hat. Aber das wussten Sie ja bereits. Offen gestanden habe ich die beiden nie kennengelernt. Auch sonst niemand im Haus. Sie waren von einer Mauer aus Schweigen umgeben. Und dann gab es da die Gerüchte.«
    »Welche Gerüchte?«
    »Es hieß, er und seine Mutter … Ich weiß nicht, ob man dem überhaupt Beachtung schenken darf, aber irgendwas war wohl dran.«
    »Sie meinen, dass sie was miteinander gehabt haben?«, fragte Kathrine.
    »Ja, so etwas wurde wohl angedeutet«, sagte Barbro Wellin.

55
    Anna putzte sich im Bad die Zähne.
    »Wie süß«, rief Lukas aus dem Schlafzimmer.
    Anna hatte den Mund voll Zahncremeschaum und konnte nicht antworten. Ihre neugierige Tochter tat das für sie.
    »Was?«
    »Mama hat mir ein Weingummiauto aufs Kopfkissen gelegt.«
    »Warum?«
    »In besseren Hotels legt man den Gästen was Süßes aufs Kopfkissen. Mama hat mir ein Weingummiauto auf mein Kopfkissen gelegt, weil wir gerade ein neues Auto gekauft haben.«
    »Ich will auch eins.«
    Anna hörte dem Wortwechsel zu und starrte entgeistert in den Spiegel. Sie hatte ihrem Mann kein Weingummiauto aufs Kissen gelegt. Hedda auch nicht, nach ihrer Verwunderung zu urteilen.
    Anna hatte sich die Zähne eigentlich fertig geputzt, machte aber weiter, um Zeit zu gewinnen. Dafür gab es nur eine Erklärung. Jemand war im Haus gewesen. Falsch. Erik war im Haus gewesen.
    Erik war in ihrem Haus gewesen, war einfach hereinspaziert, als sei es das Natürlichste auf der Welt, und hatte ein Weingummiauto auf Lukas’ Kopfkissen gelegt. Aber warum? Warum in aller Welt tat er so etwas?
    »Du kannst meins haben«, sagte Lukas zu Hedda, »aber du darfst es erst morgen essen, weil du schon die Zähne geputzt hast.«
    Erik war wirklich krank. Das Beste würde sein, alles zu gestehen, Lukas von der Begegnung in Mölle, vom Besuch in Eriks Wohnung und von dem Video zu erzählen. Nein, nicht von dem Video. Lukas durfte diesen Film auf keinen Fall sehen. Dann wäre alles verloren. Davon würde er sich nie mehr erholen.
    Anna spülte sich den Mund aus. Sie ging ins Schlafzimmer.
    »Das war wirklich lieb von dir«, sagte Lukas.
    Anna lächelte, zog sich aus und kroch unter die Decke. Sie nahm ihr Buch und schlug es auf. Ein Zettel fiel heraus. Es war nicht das Lesezeichen, das sie sonst benützte. Anna las den handgeschriebenen Text.
    Kleines Auto, großer … Wen willst du neben dir im Bett?

56
    Ein für den Augenblick zufriedener Mann, eine betrübte Tochter und die eigene Psyche in totaler Auflösung, und das alles nur wegen einer idiotischen Affäre in einem Hotel in Mölle.
    Lukas’ Freude über das neue Auto würde bald dem Ärger über die laufenden Kosten weichen. Ihre eigene Seelenruhe hatte sie für ein paar berauschende Orgasmen verkauft. Für einen unverhältnismäßig hohen Preis, konnte man meinen, aber das war nichts im Vergleich dazu, was Hedda bezahlte. Lukas’ Andeutungen, dass die

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