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Beerensommer

Beerensommer

Titel: Beerensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Barth-Grözinger
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und schon den Mund geöffnet, als wolle er ihn ansprechen. Als er aber Friedrichs finsteren Blick bemerkt hatte, drehte er sich um und ging weiter. Wahrscheinlich erzählte er jetzt überall herum, dass der junge Weckerlin sich abends herumtreibe und dass es sicherlich ein böses Ende mit ihm nehmen werde, hatte Friedrich grimmig lächelnd gedacht, als er dem hastig Davoneilenden nachsah.
    Endlich stand Johannes vor ihm! Er war bleich und zitterte leicht. Unter dem Arm hielt er ein dünnes, in blaues Leinen gebundenes Buch geklemmt. »Wo hast du so lange gesteckt?« Friedrich erschrak selbst über seine Wut, so viel Wut, unerklärliche Wut steckte in ihm.
    Aber Johannes schien das nicht zu bemerken. Sein Blick war irgendwie anders, ging durch Friedrich hindurch, als sähe er weit hinter ihm, in einer unwirklichen Ferne, etwas aufleuchten.
    »So eine Wohnung möchte ich später auch!« Wie ein Stoßseufzer kam diese Bemerkung von dem Jungen, der immer noch wie verklärt wirkte. »So viele Bücher und Bilder, vor allem solche Bilder. Die Möbel sind ein bisschen zu dunkel und zu streng. Aber die Gardinen, mit Spitzen, Fritz, stell dir vor ... Und Teppiche, ganz dicke, sodass man keine Schritte hört und darin richtig versinkt.«
    »Das ist doch nichts Besonderes, so war es früher bei uns auch!«, brach es unwillkürlich aus Friedrich heraus und dann schlug er sich auf den Mund, als habe er etwas Unpassendes gesagt. »Menschenskind«, polterte er plötzlich weiter, als wollte er so den Moment der Unsicherheit ungeschehen machen, »jetzt rede endlich wie ein vernünftiger Mensch.«
    Er zog Johannes auf die schmale Steintreppe. Von der Gaststube oben drang grölendes Gelächter zu ihnen herunter. »Was hat der Caspar von dir gewollt?«
    Aber Johannes schien immer noch ganz weit weg zu sein.
    »Die Bilder«, sagte er, »die Bilder, Friedrich, die sind etwas ganz Besonderes. Kein Mensch in Grunbach hat solche Bilder, der Herr Pfarrer nicht und der Dederer nicht und auch ...«
    »Jetzt lass doch diese verflixten Bilder und erzähl endlich«, unterbrach ihn Friedrich rüde, gab dann aber mit einem tiefen Seufzer auf. Wenn Johannes erst einmal bei irgendwelchen Bildern angelangt war, kam man keinen Schritt weiter. Es war besser, ihn ausreden zu lassen.
    »Also, diese Bilder, man sieht die Sonne auf der Wiese, die Sonnenstrahlen tanzen auf den Blumen, man kann es förmlich spüren, diese Künstler haben die Luft gemalt, stell dir das vor, Fritz, die Luft und das Flimmern der Sonne ... Und wenn man ganz nahe an die Bilder herangeht, dann löst sich alles auf, du siehst nur Punkte, Striche, alles löst sich auf, und dann geht man ein paar Schritte zurück und da ist ein fertiges Bild und du kannst die Farben fühlen, riechen ... So möchte ich auch malen können!«
    Johannes’ Blick wurde plötzlich ernst, er zog die Augenbrauen zusammen, als spüre er in diesem Moment einen körperlichen Schmerz. »Der Caspar hat mir die Bilder erklärt. Aus Frankreich kommt diese Technik, hat er gesagt, und er hat mir auch erzählt, wie das heißt, aber ich hab es wieder vergessen. Ein schwieriger Name. Ach, Fritz ...« Er brach mit einem tiefen Atemholen ab und starrte in die Dunkelheit, die sich in der Zwischenzeit ausgebreitet hatte und alles einhüllte. Nur von oben, von der »Sonne« kam ein schmaler Lichtstreif, der ein spitzes Dreieck auf die Kellertreppe malte, wo die beiden Jungen saßen. Johannes’ Stimme war verhallt und trotzdem blieb für Friedrich das Gefühl greifbar zurück, das hinter Johannes’ Worten gelegen hatte – die Angst um eine Zukunft, die so ungewiss vor ihm lag und in der die Erfüllung der Träume wenig wahrscheinlich war.
    »Und was wollte er nun von dir?«, drängte Friedrich sanft. »Er wollte dir doch sicher nicht nur Bilder zeigen.«
    »Nein, natürlich nicht. Schau her.« Johannes zog das Buch hervor und hielt es Friedrich hin. Seine Stimme klang wieder fest, als schöpfe er aus diesem schmalen Büchlein neue Zuversicht. »Ich soll das malen.«
    »Das Buch?« Ungläubig starrte Friedrich den Freund an. »Man kann doch kein Buch malen.«
    »Nicht das Buch, du Schaf. Einzelne Bilder soll ich dazu zeichnen. Zu jedem Kapitel eins. Das ist das Lieblingsbuch seiner Frau und er will ihr die Bilder zu ihrem Geburtstag im Februar schenken. Sogar bezahlen will er mich dafür. Ich glaube aber«, hier hob sich Johannes’ Stimme ein wenig und Friedrich konnte den Stolz heraushören, »also ich glaube, er will mich

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