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Beethoven: Der einsame Revolutionär. (German Edition)

Beethoven: Der einsame Revolutionär. (German Edition)

Titel: Beethoven: Der einsame Revolutionär. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Caeyers
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Mangel an körperlichen Ausdrucksmöglichkeiten durch seine intellektuellen und künstlerischen Leistungen. Er wurde ein wahres Sprachwunder und ein hervorragender Musiker; gerühmt wurden vor allem sein Violin- und Violoncellospiel und sein Gesang.
    Seit jenem 19. Januar 1797 nun konnte er sein Bedürfnis nach Beachtung und Zuneigung befriedigen, indem er die halbe Wiener Musikwelt in einem universalen und unglaublich teuren kulturellen Projekt an sich band. Anderthalb Jahrzehnte lang war Lobkowitz eine Art Musik-«Pate», eine Kombination aus Kulturstaatssekretär, Generalintendant, Impresario, Bibliotheksleiter, Konservatoriumsdirektor und Toplobbyist der Kunst. Ob er nach einem klaren Plan vorging, tut wenig zur Sache; fest steht jedenfalls, dass er einem einfachen Motto folgte: Das Beste ist gerade gut genug, und nichts ist gut genug, wenn es darum geht, das Beste hervorzubringen. Offenbar war er aber so klug zu erkennen, dass ein Finanzier oder Mäzen eine Hebung des künstlerischen Niveaus und inhaltliche Erneuerung nicht befehlen, sondern nur für möglichst günstige Rahmenbedingungen sorgen kann.
    Am Anfang beschritt er noch traditionelle Wege. Er trat der von Gottfried van Swieten gegründeten Gesellschaft der Associerten Kavaliere bei und veranstaltete Kammermusik- und Orchesterkonzerte in einem seiner Stadtpaläste oder im Palais seiner Schwiegereltern, der Schwarzenbergs. Er gehörte auch zu den Gönnern Haydns, die sich für die neuen Oratorien des Meisters einsetzten; für Aufführungen in Böhmen – bei denen er übrigens selbst die Basspartie sang – ließ er sie sogar ins Tschechische übersetzen. Doch bald begann er, größere Ziele ins Auge zu fassen. Als sich die verfügbaren Räume in seinen Residenzen als ungeeignet für größere Konzerte erwiesen, investierte er in großem Stil in die «Infrastruktur». So ließ er einen ganzen Flügel des Palais Lobkowitz zu einem Konzertsaal mit verschiedenen Ebenen für die Ausführenden und das Publikum umbauen, das heißt, es gab ein – mit einem Geländer versehenes – Podium für die Musiker, was damals eben nicht selbstverständlich war. Im Grunde stellte er damit die Hierarchie auf den Kopf: Das Publikum war für die Ausführenden da, nicht umgekehrt.[ 97 ] Anschließend ließ er auf seinen böhmischen Landsitzen Raudnitz (Roudnice nad Labem) und Eisenberg (Jezeří) Haustheater errichten; seine Kinder bekamen ihre eigene, professionell ausgestattete Puppenbühne.
    Er wollte aber auch ein eigenes Orchester haben. Damit schwamm er gegen den Strom, denn die meisten Adligen hielten die Unterhaltung eines größeren Ensembles inzwischen für überholt und vor allem für zu kostspielig. Er ließ sich nicht beirren und wartete 1797 mit einem neuen Konzept auf, das wir heute als «modular» bezeichnen würden: Ein fester Kern aus etwa zehn Spitzenmusikern wurde durch unterschiedliche Formationen aus speziell für bestimmte Projekte engagierten «freien» Kräften ergänzt. So konnte sein Kapellmeister Anton Wranitzky die unterschiedlichsten Ensembles von der kleinsten Kammermusikbesetzung bis zum dreißigköpfigen Orchester für die Aufführung von Sinfonien, Oratorien oder Opern zusammenstellen. Die Stamm-Musiker waren das Entscheidende, sie bestimmten das Niveau. Es kam deshalb darauf an, die besten Musiker aus Wien und Umgebung zu gewinnen, was in erster Linie eine Geldfrage war. Lobkowitz musste höhere Honorare als der Kaiser zahlen, allein schon als Ausgleich für den Verlust an Sicherheit, da es sich schließlich um eine private Unternehmung handelte. Darüber hinaus winkten eine Menge Vergünstigungen. So kaufte er wertvolle Instrumente, die er kostenlos velieh, und half seinen Musikern bei Alltagsproblemen wie der Wohnungsbeschaffung. Diese Strategie zahlte sich aus: Die Wiener Musiker stürzten sich auf den Lobkowitz’schen Honigtopf, Wranitzky konnte sich die besten aussuchen.
    Gute Musiker wollen aber nicht nur gut verdienen, noch mehr Wert legen sie auf künstlerisches Niveau und eine hohe «Unternehmenskultur». Auch in dieser Hinsicht waren sie bei Lobkowitz richtig: Er wusste, dass ein Werk Zeit braucht, sich zu entwickeln, und stellte viel Geld nicht nur für Proben, sondern auch für Probeaufführungen bereit. So konnte Beethoven im Juni 1804, fast ein Jahr vor der ersten öffentlichen Aufführung, mehrmals die Eroica mit reduzierter Orchesterbesetzung und vor einer begrenzten Anzahl von Zuhörern dirigieren, um sich zu

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