Befehl aus dem Jenseits (German Edition)
logischen Zusammenhang. Er war jetzt soweit, daß er sich an den letzten Tag in London klar und deutlich erinnerte. Immer wieder kreisten seine Gedanken um den geheimnisvollen Befehl aus dem Jenseits.
Warum?
Warum befand er sich in diesem verdammten Meer? Es mußte einfach irgendeinen vernünftigen Grund dafür geben!
Er drehte sich auf den Rücken und ließ den toten Körper los. Dann saugte er viel Luft in seine Lungen. Er betrachtete seine Brust, seine Arme, die etwas eingeschrumpften Finger. Das kam vom Wasser. Ansonsten entdeckte er nichts, was ihm fremd gewesen wäre.
Er drehte sich wieder um und schwamm mit einigen schnellen Kraulbewegungen hinter dem Coater her. Die Strömung war ziemlich stark.
Er wußte jetzt mit aller Bestimmtheit, daß sein Körper sich seit seinem dreißigsten Geburtstag nicht wesentlich verändert hatte.
Das war die erste Tatsache.
Trotzdem befand er sich auf einer Welt, die er nie zuvor gesehen hatte. Daß er sich nicht auf der Erde befand, bewiesen neben den völlig fremden Lebewesen auch die andersartigen Naturerscheinungen. Er kannte die Beschaffenheit der Ozeane. Dieses Meer jedoch hatte nichts mit jenen auf der Erde zu tun.
Tatsache Nummer zwei.
Weder auf dem Mars noch auf der Venus gab es Ozeane. Also mußte er sich irgendwo außerhalb des Sonnensystems befinden.
Tatsache Nummer drei.
Interessiert verfolgte Dr. Roby Dumont diesen Gedankengang weiter. Wenn er keine sichtbaren körperlichen Alterserscheinungen aufwies, konnte auch keine Zeit im herkömmlichen Sinn vergangen sein.
Tatsache Nummer vier ohne Berücksichtigung von Einstein.
Wenn er jedoch die Relativitätstheorie zu Hilfe nahm, ergab sich ein ganz anderes Bild. Roby Dumont spuckte etwas Wasser aus. Er wußte nicht, wie sie es gemacht hatten. Auf jeden Fall befand er sich einige Lichtjahre von Terra entfernt.
Diese Tatsache war wichtiger als alle anderen. Befriedigt über seinen eigenen Scharfsinn schwamm er weiter. Wenn er also in einem fremden Meer schwamm, das Lichtjahre von der Erde entfernt war, so ließ das nur einen Schluß zu: Man hatte ihn an seinem dreißigsten Geburtstag hierhergebracht. Sekundenlang erwog er den Gedanken an einen gewaltigen Kater infolge einer ausschweifenden Geburtstagsparty.
Er verwarf ihn sofort wieder. Der Brief sprach dagegen. Außerdem war der Brief nicht so abgefaßt, als sei er speziell für ihn geschrieben worden.
Er war eher ein – ein Einberufungsbescheid!
Das bedeutete, daß er, Dumont, kein Einzelfall war ...
Unwillkürlich sah er sich um. Es war naiv, an andere Männer zu glauben, die irgendwo im Meer schwammen. Trotzdem beunruhigte ihn dieser Gedanke.
Ungeordnete Vermutungen schwirrten durch sein Hirn. Hunderte von Möglichkeiten tauchten als vage Ideen auf und wurden von ihm wieder verworfen.
Plötzlich sah er den Schatten.
Schemenhaft zeichnete sich ein dunkler Kegel im Nebel ab. Die Umrisse wurden schnell deutlicher. Dumont verdoppelte seine Anstrengungen. Er hielt direkt auf eine Schräge aus schwarzer Lava zu. Sie reichte bis ins Wasser.
Er schob den Coater vor sich her. Eine Welle der Erleichterung überflutete ihn. Land! Sicherheit ...
Der Stein knallte gegen seinen Rücken. Roby Dumont bäumte sich auf. Er schnappte nach Luft. Ein scharfer Schmerz zuckte bis in die Zehen hinunter.
Krampfhaft versuchte er, sich am Körper des Coaters festzuhalten. Seine Finger glitten ab. Verkrümmt drehte er sich zur Seite. Er konnte kaum atmen vor Schmerzen.
Mit flachen, unkonzentrierten Bewegungen schwamm er auf die Lava zu. Jetzt platschten überall links und rechts neben ihm Steine ins Wasser.
Er versuchte zu tauchen, gab es aber sofort wieder auf. Seine Lungen konnten die Luft nicht mehr halten. Er starrte verzweifelt auf die schwarze Lava.
Noch dreißig Meter!
Er spürte, daß seine Bewegungen schwächer wurden. Der Stein hatte seine Rückennerven gelähmt. Mit einer ungeheuren Willensanstrengung keuchte er weiter. Rote Schleier tanzten vor seinen Augen. Er schluckte das salzige Meerwasser.
Noch zwanzig Meter!
Wieder streifte ihn etwas. Dieser Angriff hätte tödlich ausgehen können. Er spürte, wie das Blut an seiner Schläfe entlanglief.
Mit dem Mut der Verzweiflung arbeitete er sich weiter vor. Brandungswellen überspülten ihn. Dann spürte er festen Boden unter sich. Auf dem Bauch glitt er über die Ausläufer der Lavamasse. Wie ein verwundetes Tier schleppte er sich ein paar Meter höher. Seine Arme knickten ein. Trotzdem gelang es ihm, den
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