Befehl von oben
inne. »Wird der Iran etwas unternehmen?«
10
Politik
Prinz Ali bin Sheik war im Begriff, mit seiner persönlichen Maschine, einer betagten, doch hübsch ausgestatteten Lockheed L 1011, den Heimflug anzutreten, als der Anruf vom White House einging. Die Saudi-Botschaft lag dicht beim Kennedy Center, und entsprechend kurz war die Fahrt in seiner offiziellen Limousine, begleitet von einem Sicherheitsaufgebot aus Mitarbeitern des amerikanischen Diplomatenschutzdienstes und des Prinzen eigener Leibwache, alles ehemalige Mitglieder des britischen Special Air Service. Wie immer gaben die Saudis viel Geld aus und kauften sich Qualität. Ali war kein Fremder im White House, auch nicht für Scott Adler, der ihn an der Tür empfing, dann nach oben und Richtung Osten zum Oval Office begleitete.
»Mr. President«, sagte die Königliche Hoheit, als er vom Vorzimmer her eintrat.
»Danke, daß Sie so kurzfristig gekommen sind.« Jack schüttelte ihm die Hand und winkte ihn zu einem der beiden Sofas im Raum. Ein aufmerksamer Mensch hatte im Kamin Feuer gemacht. Der Fotograf des White House machte ein paar Aufnahmen und wurde dann entlassen.
»Ich vermute, Sie haben heute morgen die Nachrichten gesehen.«
Ali rang sich ein besorgtes Lächeln ab. »Was soll man sagen? Wir werden nicht um ihn trauern, aber das Königreich macht sich ernsthafte Sorgen.«
»Wissen Sie etwas, das wir nicht wissen?« fragte Ryan.
Der Prinz schüttelte den Kopf. »Ich war ebenso überrascht wie jeder andere.«
Der Präsident verzog das Gesicht. »Wissen Sie, mit dem vielen Geld, das wir ausgeben für …« Sein Besucher hob eine müde Hand.
»Ja, ich weiß. Sobald mein Flugzeug zu Hause gelandet ist, werde ich mit meinen Ministern genau dasselbe Gespräch führen.«
»Iran.«
»Zweifellos.«
»Werden die etwas unternehmen?«
Im Oval Office wurde es still, nur vom Knacken der gut gelagerten Eichenholzscheite im Kamin untermalt, als die drei Männer, Ryan, Ali und Adler, auf den Couchtisch starrten, das Tablett und die Tassen darauf unberührt. Es ging natürlich um Öl. Der Persische – auch der Arabische genannte – Golf ist ein Finger des Meeres, umgeben von einem Meer aus Öl und dies mancherorts auch überdeckend. Die größten weltweit bekannten Vorkommen liegen dort, verteilt vor allem auf Saudi-Arabien, Kuwait, Irak und Iran sowie die kleineren Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Katar. Von diesen Ländern ist der Iran nach der Einwohnerzahl das größte. Danach kommt der Irak. Die Länder auf der Arabischen Halbinsel sind zwar reicher, aber das Land über ihrem flüssigen Reichtum hat nie eine große Bevölkerungszahl getragen, und das war der Haken, wie sich 1991 erstmalig zeigte, als der Irak in Kuwait einmarschierte. Ryan hatte schon mehrfach gesagt, daß ein Angriffskrieg nicht anderes sei als bewaffneter Raubüberfall, nur in Großbuchstaben, und genau das war im Golfkrieg der Fall gewesen. Unter dem Vorwand territorialer Streitigkeiten und ebenso trivialer ökonomischer Erwägungen hatte Saddam Hussein versucht, mit einem Schlag den Wohlstand seines Landes zu verbessern, und gedroht, den Einsatz durch einen Angriff gegen Saudi-Arabien noch zu verdoppeln – warum er dann an der kuwaitisch-saudischen Grenze haltgemacht hatte, würde wohl für immer unerklärt bleiben. Am leichtesten zu verstehen war, daß der Grund für das Ganze das Öl war und der aus Öl resultierende Reichtum.
Aber da ging es um noch mehr. Hussein war es, wie einem Mafiachef, kaum um mehr als Geld gegangen und um die politische Macht, die Geld erzeugt. Der Iran war da etwas weitsichtiger.
Alle Völker um den Golf herum sind islamisch, die meisten von ihnen sehr strenggläubig. Ausnahmen bilden Bahrain und Irak. In ersterem sind die Ölvorkommen zur Neige gegangen, und das Land – im Grunde ein Stadtstaat auf einer Insel, durch einen Straßendamm mit Saudi-Arabien verbunden – hat sich der Aufgabe gewidmet, wie sie Nevada in den westlichen USA erfüllt, ein Ort also, wo ansonsten gültige Regeln außer Kraft sind, wo in günstiger Entfernung vom restriktiveren Zuhause getrunken, gespielt und sonstigen Vergnügungen gefrönt werden kann.
Was die zweite Ausnahme betrifft: Der Irak war ein säkularer Staat mit magerem Lippenbekenntnis zu seiner Staatsreligion, und das erklärte größtenteils das Ableben seines Präsidenten nach langer, bewegter Karriere.
Doch der Schlüssel zu dieser Region ist, war und wird immer sein: die Religion. Das
Weitere Kostenlose Bücher