Befehl von oben
ein langer Schlaf wird folgen«, erwiderte der Ingenieur – er war Hauptziel der Wutanfälle des Kapitäns gewesen – und nahm damit die Entschuldigung an. Sie waren alle zu abgespannt, um noch weiter zu streiten.
Sie nahmen die Sauerstoffmasken ab und wurden von dem üblen Gestank ihrer Ladung begrüßt und kämpften gegen das Erbrechen, als die Laderaumtür hinten geöffnet wurde. Hinaus konnten sie noch nicht.
Die Maschine war vollgepfropft mit Käfigen, und wenn sie nicht aus den Fenstern – das hätte zu unwürdig ausgesehen – klettern wollten, mußten sie auf ihre Freiheit warten, fast wie die Passagiere auf jedem internationalen Flugplatz.
Das Ausladen wurde von Soldaten besorgt. Der Prozeß war erschwert, weil niemand den Kommandeur gewarnt hatte, Handschuhe auszugeben, wie die Afrikaner getragen hatten. An jedem Käfig gab es oben ein Drahtgriff, aber die Affen waren mindestens so gereizt wie die Männer vor ihnen und krallten und kratzten nach den Händen, die sie hochheben wollten. Die Soldaten reagierten darauf verschieden. Manche schlugen gegen die Käfige und hofften, die Affen einzuschüchtern.
Die Klügeren zogen ihre Feldjacken aus und faßten die Käfige damit an.
Bald bildete sich eine Kette, und so wanderten die Käfige einer nach dem andern auf die Lastwagen.
Die Prozedur war sehr lautstark. Diese Nacht in Teheran hatte kaum zehn Grad, weit unter dem, was die Affen gewohnt waren, was ihre kollektive Stimmung nicht besserte. Auf das neue Trauma reagierten sie mit Kreischen und mit Heulen, das über die Rampe hallte. Selbst Leute, die Affen noch nie zuvor gehört hatten, würden es für nichts anderes halten, aber dagegen ließ sich nichts tun. Schließlich war es geschafft.
Die Kabinentür konnte geöffnet werden, und die Crew konnte ansehen, was aus ihrem einst makellosen Flugzeug geworden war. Es würde sicher Wochen dauern, bis sie den Gestank wieder hinausbrächten; schon das auszuschrubben war eine gewaltige Aufgabe, an die sie jetzt lieber nicht dachten. Zusammen gingen sie nach achtern, dann die Treppe nach unten und schließlich dahin, wo ihre Autos geparkt waren.
Die Affen wurden nach Norden gebracht, in ihrer dritten oder vierten – und letzten – Fahrt per Lkw. Die war kurz, führte eine Schnellstraße hinauf, über ein unterm Schah gebautes Kleeblattkreuz, dann Richtung Westen nach Hasanabad. Hier war eine Farm. Sie gehörte dem Staat und wurde als Experimentierstation genutzt, um neue Sorten und neue Düngemittel zu testen, und man hatte gehofft, daß man mit hiesiger Frucht die Neuankömmlinge würde füttern können, aber es war Winter, und somit wuchs nichts. Statt dessen waren aus der südöstlichen Region des Landes gerade einige Wagenladungen Datteln eingetroffen. Die Affen rochen sie, als ihr Transport sich dem neuen dreistöckigen Gebäude näherte, das ihre letzte Unterkunft werden sollte. Das wühlte sie noch mehr auf, denn sie hatten weder etwas zu fressen noch Wasser bekommen, seit sie den Kontinent ihrer Geburt verlassen hatten, aber wenigstens konnten sie jetzt auf ein Mahl hoffen und auf ein schmackhaftes noch dazu, wie ein letztes Mahl ja auch sein sollte.
*
Die Gulfstream G-IV landete genau nach Flugplan in Bengasi. Es war eigentlich eine so angenehme Reise gewesen, wie man unter den Umständen erwarten könnte. Selbst über der Sahara, wo es normalerweise heftige Turbulenzen gab, war die Luft ruhig gewesen, so daß der Flug sanft verlaufen war. Schwester Jean Baptiste war die meiste Zeit bewußtlos gewesen und nur ein paarmal in einen Dämmerzustand gedriftet, aber sofort wieder zurückgesunken, und damit war es für sie im Grunde unbeschwerlicher gewesen als für die vier anderen an Bord, deren Schutzanzug ihnen nicht einen Schluck Wasser gestattet hatte.
Die Türen des Flugzeugs gingen nicht auf. Statt dessen kamen Ihre Fahrer stiegen aus und brachten an den langen, weißen Tragflächen Schläuche an. Dr. Moudi war noch völlig wach. Schwester Maria Magdalena war eingenickt. Sie war so alt wie die Patientin und hatte in den letzten Tagen kaum geschlafen, so ergeben, wie sie sich um ihre Kollegin kümmerte. Es war zu schade, dachte Moudi und runzelte die Stirn, während er aus dem Fenster schaute. Es war ungerecht. Er brachte es nicht mehr übers Herz, diese Leute zu hassen. Das hatte er früher getan. Er hatte geglaubt, alle Menschen im Westen wären Feinde seines Landes, doch diese beiden waren es nicht. Ihr Heimatland blieb im Grunde
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