Befehl von oben
Regierungspendlern. Der Verkehr war heute günstig, und kurz vor der vollen Stunde fuhr er auf den Parkplatz von Giant Steps.
Diesmal sah er sich nach offiziellen Autos um. Dabei war der Secret Service ziemlich clever. Seine Autos hatten, genau wie die vom Bureau, ganz normale Nummernschilder, und sie hatten sogar gelernt, sie nicht so offensichtlich billig und neutral zu spritzen, daß sie dann doch wieder als Cop-Autos erkannt wurden. Dennoch bemerkte er zwei, parkte genau neben einem und schaute sich dessen Radio an. Danach machte er sich Gedanken über seine eigene Tarnung und beschloß, herauszufinden, wie gut sie waren. Doch wenn sie auch nur halbwegs kompetent wären, hätten sie seine Identität längst herausgefunden durch die Unterlagen, die er am Morgen Mrs. Daggett gegeben hatte, oder schon vorher. Zwischen FBI und USSS bestand kräftige berufliche Rivalität.
Im Grunde genommen hatte das FBI mit einer Handvoll Secret-Service-Agenten begonnen, war aber mittlerweile viel größer geworden und hatte auch sehr viel Erfahrung in der Ermittlung bei Verbrechen gesammelt. Was nicht heißen sollte, daß der Secret Service nicht verdammt gut war, aber, wie Tony Caruso richtig bemerkt hatte, sehr pingelig. Na ja, sie waren vermutlich die bedeutendsten Babysitter der Welt.
Er zog den Reißverschluß seiner Jacke hoch, ging über den Parkplatz und erblickte einen ziemlich großen Burschen direkt in der Tür. Würde er unerkannt bleiben? Schnurstracks ging O'Day an ihm vorbei, einfach bloß ein Vater, der seinen Matz abholte. Drinnen brauchte er nur die Kleidung genauer in Augenschein zu nehmen und auf Ohrhörer zu achten. Jo, zwei Agentinnen, die lange Hänger trugen und darunter sicher ihre 9-mm-SigSauer-Automatik hatten.
»Daddy!« rief Megan und sprang auf die Füße. Neben ihr war ein anderes Kind von etwa gleichem Alter und Aussehen. Der Inspektor ging zu seiner Tochter hin, um sich anzusehen, was sie den Tag über gemalt hatte.
»Entschuldigen Sie!« Und durch seine Jacke spürte er den leichten Druck einer Hand auf seiner Service-Automatik.
»Sie wissen, wer ich bin«, sagte er, ohne sich umzudrehen.
»Ach! Jetzt ja.« Und dann erkannte O'Day ihre Stimme. Er drehte sich um und erblickte Andrea Price.
»Degradiert?« Er stand unmittelbar vor ihr und sah ihr ins Gesicht.
Die zwei Agentinnen bei den Kindern behielten ihn ebenfalls genauestens im Auge, alarmiert durch die Wölbung in der Lederjacke. Nicht schlecht, dachte O'Day. Sie hatten schon genau hinschauen müssen; daß das Leder so auftrug, war gut für ein Versteck. Beide hatten ihre Arbeitshände frei, und der Ausdruck ihrer Augen konnte nur einem Ungeübten als gleichgültig oder beiläufig erscheinen.
»Ich mach' die Runde. Überprüfe die Maßnahmen für alle Kinder«, erklärte Andrea Price.
»Das ist Katie«, sagte Megan, womit sie ihre neue Freundin vorstellte.
»Und das ist mein Daddy.«
»Hallo, Katie!« Und zu Andrea gewandt: »Ist sie …?«
»SANDBOX, First Toddler der Vereinigten Staaten«, bestätigte Price.
»Und einer über der Straße?« Dienst ging vor.
»Zwei, lösen sich ab.«
»Sie sieht aus wie ihre Mutter«, sagte Pat über Katie Ryan. Und um höflich zu sein, zückte er den Dienstausweis und zeigte ihn der näheren Agentin, Marcella Hilton.
»Sie sollten umsichtig vorgehen, wenn Sie uns überprüfen wollen, okay?« fragte Price.
»Ihr Mann an der Tür wußte, wer ich bin, als ich reinkam. Der sieht aus, als käme er zurecht.«
»Don Russel, tut er, aber …«
»Aber so etwas wie ›zu umsichtig‹ gibt es nicht«, stimmte Inspektor O'Day zu. »Jawohl, okay, ich gebe zu, ich wollte sehen, ob alles auf Zack ist. He, meine kleine Tochter ist auch hier. Ich nehme an, dieser Ort ist jetzt ein Zielobjekt.« Verdammt, sagte er nicht laut.
»Haben wir also bestanden?«
»Einer über der Straße, hier kann ich drei sehen. Ich wette, Sie haben noch drei weitere draußen, so im Umkreis von hundert Yards. Wollen Sie, daß ich mich nach dem Suburban und den langen Waffen umsehe?«
»Schauen Sie nur genau hin. Wir haben sie gut versteckt.« Den einen im Gebäude, den er noch nicht gesehen hatte, erwähnte sie auch nicht.
»Ich wette, das haben Sie, Agent Price«, stimmte O'Day ihr zu und sah sich noch einmal um. Da waren zwei versteckte Kameras, die unlängst angebracht worden sein mußten. Das erklärte auch den feinen Geruch nach Farbe, was wiederum erklärte, wieso keine kleinen Handabdrücke an den Wänden waren.
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